LEO Juli/August 2019
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14 SZENE<br />
INTERVIEW<br />
20 Jahre TransMann e. V.<br />
Mit Kaffee, Humor und Gelassenheit<br />
FOTOS: TRANSMANN E. V.<br />
Der TransMann e. V. ist 20,<br />
dessen Münchner Sektion<br />
schon 19 Jahre alt. Darum hat der<br />
Verein „<strong>2019</strong>“ zu seinem Jahr erklärt.<br />
Zu diesem Jubiläum sprachen wir mit<br />
den Vorständen Christian Schabel-<br />
Blessing und Jonas Fischer, dem wohl<br />
entspanntesten Paar der queeren<br />
Szene Münchens.<br />
Ihr beide seid seit 2006 beziehungsweise<br />
2008 Vorstände. Wie hält man<br />
so lange an der Spitze eines Vereins<br />
durch?<br />
Jonas: Mit viel Kaffee, Humor und Gelassenheit!<br />
Christian: Das Familiäre in der Münchner<br />
LGBT-Community ist toll und erleichtert<br />
auch das Arbeiten als Vereinsvorstand.<br />
Natürlich gibt es zuweilen Anfeindungen,<br />
meist aber aufgrund von Unwissenheit. Ich<br />
finde es verständlich, dass Leute erst einmal<br />
in Fettnäpfchen treten. Das darf man eben<br />
nicht persönlich nehmen oder aggressiv<br />
darauf reagieren. Natürlich stellen wir uns<br />
Konflikten, aber eher durch Gespräche, auf<br />
eine menschliche und kommunikative Art.<br />
Denn jedes Aufbegehren kostet Kraft, die wir<br />
lieber einsetzen, um Menschen zu helfen.<br />
Ist es denn heute noch immer ein Problem,<br />
als Trans*Mann aufzutreten?<br />
Jonas: Natürlich ist es leichter geworden,<br />
weil unter anderem<br />
wir in den letzten zwanzig<br />
Jahren für Sichtbarkeit,<br />
Information und<br />
Verständnis gesorgt<br />
haben. Aber momentan<br />
erleben wir<br />
einen Zulauf von Leuten, die Existenzängste<br />
oder Schwierigkeiten im Job haben, weil<br />
sich ihre Firmen zwar Diversity-Programme<br />
auf die Fahnen schreiben, diese aber nicht<br />
konsequent umsetzen. Und es gibt zurzeit<br />
mehr Menschen mit psychischen Vorbelastungen,<br />
wie sie überall in der Gesellschaft<br />
anzutreffen sind.<br />
Christian: Das Internet bietet zwar viel, verursacht<br />
aber auch massive Verunsicherung<br />
– da ist es umso wichtiger, als persönlicher<br />
Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen.<br />
Wie haben sich die Themen von<br />
Trans*Männern in den letzten<br />
zwanzig Jahren entwickelt?<br />
Christian: Klassische Themen wie Operationen,<br />
Medikamente oder Hormonbehandlungen<br />
waren anfangs stärker, heute stehen<br />
soziale Themen wie Jobsuche, Mobbing,<br />
Freunde und Familie im Vordergrund.<br />
Jonas: Gerade junge Trans*-Männer haben<br />
es schwer: Sie fangen früher mit der Transition<br />
an und setzen sich enorm unter Druck:<br />
Schule, Studium, Outing, Angleichung – das<br />
muss heute alles schnell gehen und natürlich<br />
perfekt aussehen. Dazu kommt ein<br />
Overflow an Infos aus dem Netz. Trotzdem<br />
gehen viele uninformiert in die Angleichung<br />
hinein und ignorieren die Risiken einer OP.<br />
Innerhalb der Community fühlt ihr<br />
euch gut aufgehoben, was macht die<br />
Zusammenarbeit der Trans*-Gruppen<br />
untereinander?<br />
Christian: Ein ganz wunder Punkt,<br />
leider! In diesem Kosmos gibt<br />
es mittlerweile sehr viele Eigenbezeichnungen<br />
und das<br />
Personal tritt manchmal<br />
ziemlich unentspannt auf.<br />
So scheitert die Kommunikation<br />
auch nach innen oft an reinen<br />
Begrifflichkeiten. Das berühmte Haifischbecken<br />
kennt ja auch die schwul-lesbische<br />
Szene, aber: Das Trans*-Becken ist größer<br />
und die Haie haben schärfere Zähne! Bei<br />
allem Verständnis für Unterschiede: Gerade<br />
in den eigenen Reihen wünschen wir uns<br />
mehr Toleranz und Miteinander!<br />
Warum ist der Verein euch immer<br />
noch wichtig?<br />
Christian: Momentan tut sich politisch viel:<br />
Es gibt neue Leitlinien, die von den Krankenkassen<br />
noch nicht umgesetzt werden,<br />
einen (wenig zufriedenstellenden) Entwurf<br />
zum sogenannten „Transsexuellengesetz“<br />
oder Lücken im Personenstandsgesetz. Da<br />
brauchen die Leute Ansprechpartner mit<br />
Expertise. Dennoch steht bei uns nicht die<br />
politische Arbeit im Vordergrund, sondern<br />
konkrete Hilfe für die Menschen.<br />
Jonas: Auch fünfzig Jahre nach Stonewall<br />
ist es nicht selbstverständlich, seine Identität<br />
leben zu können. Das gilt ja immer noch<br />
für Schwule und Lesben, aber noch mehr für<br />
trans* und inter Menschen.<br />
www.transmann.de<br />
Interview: Bernd Müller<br />
TRANS* & FRIENDS<br />
Zum Jubiläum gründet TransMann einen<br />
Chor für Menschen, die einfach Spaß<br />
am Singen haben! Alle, unabhängig von<br />
Geschlecht, sexueller Orientierung oder<br />
Alter, sind dazu herzlich willkommen.<br />
Wer mitsingen möchte, wendet sich an<br />
muenchen@transmann.de.