St.il Steiermarkillustrierte
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KULTUR<br />
Anhand eines ausgedruckten Prototyps werden<br />
die farblichen Abstimmungen der digitalisierten<br />
Daten korrigiert und verfeinert. Immer Immer wieder. wieder.<br />
Aus Sperrholzplatten werden von jedem jedem einzeleinzelnen Blatt die Umrisse gesägt, um auch die Ränder<br />
– egal ob eingerissen, schief gebunden oder<br />
ungleichmäßig beschnitten – originalgetreu Blatt<br />
für Blatt nachstanzen zu können. Parallel wird<br />
nach einer der historischen Vorlage entsprechenden<br />
Papierqualität gesucht. „Nicht nur Druck,<br />
auch Haptik und Akustik des Papiers sollen möglichst<br />
nahe am Original sein“, setzt Schaffer bei<br />
ADEVA hohe Ansprüche an die eigene Expertise.<br />
So entstehen zum Beispiel Faksim<strong>il</strong>es, die sich<br />
angreifen, als bestünden sie aus altem, unregelmäßig<br />
dickem, zerdrücktem bis gewelltem<br />
Papier, dem die Feuchtigkeit der Jahrhunderte<br />
schon zugesetzt hat. Auch im Druckb<strong>il</strong>d glaubt<br />
man te<strong>il</strong>weise, Buchstaben und Noten der Rückseite<br />
durchschimmern zu sehen. – Alles nur Trug.<br />
Das Papier ist Ergebnis von verspielten, aber<br />
hochkomplexen Experimenten und das „Durchschimmern“<br />
ist ein in zartesten Nuancen auf der<br />
Vorderseite bewusst mitgedruckter „Fehler“.<br />
Auch nachträglich eingefügte handschriftliche<br />
Notizen, Anmerkungen, Auslassungen oder Ausbesserungen<br />
werden gnadenlos ins Faksim<strong>il</strong>e<br />
„kopiert“. Nichts wird geschönt, geliftet oder<br />
weggelassen. „Es geht darum, eine Momentaufnahme<br />
des Originals zu schaffen“, lautet das<br />
Unternehmenscredo. „Den Betrachter sollen erst<br />
beim dritten oder vierten Blick Zweifel beschleichen:<br />
Ist es das Original oder nicht?“<br />
Auch Bindetechnik, Umschlaggestaltung und et-<br />
Der Papyrus Ani (London, British Museum, Nr. 10.470, gegen 1300 v. Chr.,<br />
frühe 19. Dynastie) ist eine der ältesten Handschrift en, die je faksim<strong>il</strong>iert wurden.<br />
30 ST.IL STEIERMARK.ILLUSTRIERTE<br />
waige Schutzhüllen werden in Handarbeit deta<strong>il</strong>getreu<br />
imitiert. So bekommen verwendete Goldfolien<br />
für Einbandbeschriftungen te<strong>il</strong>weise eine<br />
künstliche Patina, um entsprechend antiquiert<br />
auszusehen. Die ADEVA-Werkstätten sind so ein<br />
Treffpunkt von altem Buchbinder-Handwerk und<br />
modernster Computertechnologie.<br />
Das war schon immer so. Der Grundstein für<br />
den heute größten Faksim<strong>il</strong>e-Verlag der Welt<br />
wird vor 60 Jahren in einem Grazer <strong>St</strong>adtpalais<br />
mit einer kleinen Druckmaschine gelegt. Der<br />
gelernte Schriftsetzer Paul <strong>St</strong>ruzl nutzt damals<br />
ein durch den Zweiten Weltkrieg entstandenes<br />
Vakuum: Viele Bibliotheksbestände waren im<br />
Krieg zerstört worden. An den mittellosen Universitäten<br />
steigt so zu Beginn der 1950er Jahre<br />
die Nachfrage nach Nachdrucken. Mit einer in<br />
Amerika entwickelten Offset-Drucktechnik setzt<br />
<strong>St</strong>ruzl auf eine relativ kostengünstige Methode,<br />
die er in Kombination mit einem von Anfang an<br />
hohen Qualitätsanspruch zur international anerkannten<br />
Perfektion veredelt.<br />
Die Kundenliste wächst schnell und um prominente<br />
Namen. Bereits 1950 überreicht <strong>St</strong>ruzl<br />
dem damaligen Papst Pius XII. die ersten ADE-<br />
VA-Werke. Es sollte nicht der einzige direkte<br />
Kontakt zum He<strong>il</strong>igen <strong>St</strong>uhl sein. Zwölf Jahre<br />
später bekommt Papst Johannes XXIII. bei einer<br />
Privataudienz eine 59-bändige Reprints-Sammlung,<br />
<strong>St</strong>ruzl dafür 1969 von Papst Paul VI. den<br />
angesehenen S<strong>il</strong>vesterorden. Im selben Jahr erhält<br />
Queen Elizabeth II. von England anlässlich<br />
ihres <strong>St</strong>aatsbesuchs in Österreich ebenfalls ein<br />
ADEVA-Faksim<strong>il</strong>e (das <strong>St</strong>undenbuch der Maria<br />
von Burgund) überreicht. Auch andere Königshäuser<br />
sind neben Privatsammlern Exklusivkunden<br />
der Grazer Spezialisten.<br />
© ADEVA