St.il Steiermarkillustrierte
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VOLKSKULTUR<br />
Wer sagt, dass eine Flöte Grifflöcher<br />
braucht? Wer sagt, dass man eine Flöte<br />
nur mit dem Mund blasen kann?<br />
Nasenflöten (großes Foto) beweisen,<br />
dass es auch anders funktioniert.<br />
32 ST.IL STEIERMARK.ILLUSTRIERTE<br />
Ist es ein altertümliches Beatmungsgerät? Eine<br />
Art Maulkorb? Ein Inhaliergerät? Die Blicke<br />
Nichteingeweihter bleiben ungläubig, wenn aus<br />
dem wenig schmückenden Holzstück, das man<br />
sich zwischen Lippen und Nasenlöcher presst,<br />
auch noch samtige, einer Blockflöte nicht unähnliche<br />
Töne fließen. Die Antwort auf die mit individuellem<br />
Verwunderungsgrad, aber inhaltlich serienmäßig<br />
gestellte Frage („Was ist denn das?“):<br />
Eine Nasenflöte! In diesem Fall made in <strong>St</strong>yria.<br />
„Ein paar Hundert“ hat der Oststeirer Heinrich<br />
Handler eigenen Angaben zufolge schon gebaut.<br />
Als Rohstoff dienen verschiedenste Obstbaumhölzer,<br />
aber auch Ahorn oder Eiben – je nach Angebot.<br />
Zwischen zwei und drei <strong>St</strong>unden braucht<br />
Handler, um die fein verarbeiteten Instrumente<br />
spielfertig zu haben. Dann kann man sich den<br />
Holzte<strong>il</strong> unter die Nasenlöcher drücken. Durch<br />
den oberseitigen Schlitz wird die Luft aus der<br />
Nase in das Instrument geblasen – oder besser:<br />
intensiver ausgeatmet; die Mundhöhle dient als<br />
Resonanzkörper: Je weiter man Lippen und Wangen<br />
aufspannt, desto tiefer klingt der Ton, spitzt<br />
man die Lippen, wird er höher. Mit der Zunge<br />
kann man die Klangfarbe zusätzlich verändern.<br />
Das klingt alles komplexer, als es ist. Tatsächlich<br />
handelt es sich um ein binnen Minuten erlernbares<br />
Instrument, dem Könner ein Klangspektrum<br />
von zwei bis drei Oktaven entlocken können. „Es<br />
ist in X-Dur gestimmt“, fügt Handler augenzwinkernd<br />
hinzu.<br />
Kennengelernt hat es der heute 80-Jährige<br />
schon in seiner Jugend. Auf den Jahrmärkten<br />
der 1930er Jahre waren damals Nasenflöten aus<br />
Blech im Umlauf. Über seine Tochter und einen<br />
bayrischen Harfenbauer ist Handler ein halbes<br />
Jahrhundert später wieder auf die außergewöhnlichen<br />
Instrumente gestoßen. Anhand von<br />
Fotos, Tipps und alten Vorlagen reanimierte der<br />
Oststeirer dann die Handwerkskunst und perfektionierte<br />
sie bis zur Eigenkreation „Weizer<br />
Nasenflöte“. Deren „Vorfahren“ stammen aus<br />
Südamerika und Südostasien. Dort wurden die<br />
Nasenpfeifen unter anderem zur Vogeljagd verwendet,<br />
we<strong>il</strong> sich Vogelstimmen mit dem Instrument<br />
sehr gut imitieren lassen.<br />
Mit eher nichts zu vergleichen ist dagegen die<br />
Klangfarbe der Maultrommel. In einer sehr eindimensionalen<br />
Interpretation könnte man sie als<br />
idealen Soundtrack-Geber für das Gehüpfe des<br />
Heuschrecks bei Biene Maja beschreiben, wahre<br />
Akrobaten schaffen aber auch an Synthesizer<br />
und E-Gitarren erinnernde Beats. Dazwischen<br />
bleibt viel Raum für andersartige Spielst<strong>il</strong>e. Und<br />
das alles nur mit einem geschmiedeten kleinen<br />
Eisenbogen, der in seiner Form an den Umriss<br />
eines P<strong>il</strong>zes erinnert, und einer zwischen die Au-<br />
© <strong>St</strong>eirisches Volksliedwerk, Kurt Prein