Jahresbericht 2009 - Elisabeth-Krankenhaus Essen

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Angiologie 12/13 Das improvisierte Spiel ist in der Musik die Königsdisziplin, sie unterscheidet den Profi vom Amateur. Denn neben einem geschulten Gehör ist es die brillante Technik vereint mit langjähriger Erfahrung, die dem eigenen Instrument meisterhaft neue Töne entlockt. Als leitender Arzt der Abteilung Angiologie der Klinik für Kardiologie und Angiologie beherrscht Dr. Volkmar Bongers nicht nur die gesamte Klaviatur der Gefäßmedizin, sondern sieht sich auch mit Erkrankungen konfrontiert, bei denen es gilt, aus dem Stegreif die richtige Therapieentscheidung zu treffen.
Die hohe Kunst der Improvisation Es ist ein vielfältiges Spektrum, das Volkmar Bongers und sein Team bei der täglichen Behandlung von Arterien, Venen und Lymphgefäßen abdecken: Von relativ leicht zu therapierenden Durchblutungsstörungen in den Händen bis hin zu komplexen Fällen, bei denen Patienten durch angiologische Improvisation zu einem fast normalen Leben verholfen wird. Zur ersten Kategorie gehören beispielsweise funktionelle Durchblutungsstörungen, von denen etwa zehn Prozent der Frauen in Deutschland betroffen sind. „Die Erkrankung ist zwar schmerzhaft, aber gut in den Griff zu bekommen. Die Krux hierbei liegt in der geringen Beachtung der medizinischen Fachwelt für die Erkrankung“, so Dr. Bongers. Er bietet als einer der wenigen Fachärzte in Deutschland eine Sprechstunde an, die sich speziell an diese Patientengruppe wendet. Am anderen Ende der Skala liegt der Fall einer 39-Jährigen, die vor drei Jahren aufgrund eines inoperablen Gebärmutterhalskrebses intensiv am Becken bestrahlt wurde. Die Arterien nahmen durch die Röntgenstrahlen und die Chemotherapie massiven Schaden, das rechte Bein wurde kaum noch durchblutet, die Patientin war auf den Rollstuhl angewiesen. Um das Bein zu erhalten, mussten Dr. Bongers und Prof. Kniemeyer, Leiter der Klinik für Gefäßchirurgie und Phlebologie, tief in die Trickkiste greifen. „Das Gewebe im Unterleib war so verwachsen, dass wir zunächst weder kathetertechnisch noch operativ therapieren konnten. Wir standen vor der Entscheidung operativ einen langen Bypass über die Achselschlagader (Arteria axillaris) zu legen – eine Maßnahme, die der Patientin nur begrenzt geholfen hätte – oder doch noch einen Zugang für eine Katheterintervention zu finden, um der Patientin dauerhaft zu helfen. Unsere Lösung bestand darin, die Leiste chirurgisch zu öffnen, einen Einführungskatheter über eine verschlossene Beckenader von unten bis zur Aorta zu führen und die Arterie mit Stents zu versorgen. Nach zwei Tagen konnte die Patientin beschwerdefrei das Krankenhaus verlassen.“ Solche gemeinsamen Eingriffe der Angiologie und Gefäßchirurgie verdeutlichen den Wert vernetzter Arbeit im Elisabeth-Krankenhaus. Dieser ungewöhnliche Einsatz war einer von rund 350 Gefäßinterven- tionen, die jährlich in der Abteilung für Angiologie durchgeführt werden. Bei 300 davon legt Dr. Bongers – seines Zeichens nicht nur Angiologe, sondern auch Internist, Kardiologe, Intensivmediziner und Hämostaseo- loge – selbst Hand an. „Die invasive Angiologie greift immer mehr auf moderne Techniken zurück, weil wir heute in der Lage sind, viele Eingriffe, die früher nur operativ möglich waren, über kleinste Zugänge durch die Haut vorzunehmen. Dafür ist es jedoch notwendig, ein umfassenderes Verständnis der Möglichkeiten über den eigenen Fachbereich hinaus zu erlangen.“ Ebenfalls auf umfassende Kenntnisse greift Dr. Roland Heesen zurück, der für den Bereich vaskulärer Ultraschall von der DEGUM speziell zertifiziert ist. „Die meisten Fragestellungen Dr. Volkmar Bongers lassen sich heute mit patientenschonendem Ultraschall abklären“, erklärt Dr. Bongers. „Dafür bedarf es aber einer entsprechenden Qualifikation. Nur die Kombination aus Technik und Know-how erlaubt es dem Untersucher, die Befunde richtig zu deuten.“ Die Patienten von Dr. Bongers und seinem Team brauchen sich daher keine Sorgen zu machen – in der Abteilung der Angiologie stimmt beides. Morbus Raynaud Im Jahr 1874 beschrieb der französische Arzt Maurice Raynaud ein bis dahin unbekanntes Krankheitsbild: Seine Patienten litten bei Kälte oder psychischem Stress an weiß werdenden Fingern oder Zehen begleitet von Taubheitsgefühlen und Kribbeln. Raynaud diagnostizierte daraufhin eine funktionelle Durchblutungsstörung, bei der sich die kleinen Arterien in den Extremitäten anfallartig verengen (Vasospasmus). Im fortgeschrittenen Stadium kann diese Störung für die Betroffenen sehr schmerzhaft sein. Heute leiden etwa 10 Prozent der Bevölkerung an Morbus Raynaud – Frauen fünfmal häufiger als Männer. Meist lassen sich die Beschwerden durch einfache Maßnahmen wie Kälteschutz oder sofortiges Aufwärmen bei bereits eingetretenen Vasospasmen lindern. In einigen Fällen ist es jedoch nötig, die Symptome medikamentös zu behandeln.
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