ETF-Magazin: "Routenplaner" (Q2-2009) - Börse Frankfurt
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<strong>ETF</strong>-Technik<br />
vermiedenen Lasten einer direkten Indexnachbildung<br />
auf den Swap-Kontrahenten verlagert werden. Dieser<br />
kontrahiert den Swap als Dienstleistung und wird bestrebt<br />
sein, sich seinerseits der Risiken aus dem Swap<br />
mittels Hedgings zu entledigen. Häufi g investiert der<br />
Swap-Kontrahent in die Indexpapiere und verkauft die<br />
Portfolio-Papiere leer. Dafür fordert der Kontrahent regelmäßig<br />
eine Gebühr, die neben seiner Gewinnmarge<br />
die Kosten der Absicherung abdecken soll.<br />
Ob dem <strong>ETF</strong> aus einer solchen „Arbeitsteilung“ per<br />
Saldo, also nach Berücksichtigung der Swap-Gebühren,<br />
ein Effi zienzgewinn verbleibt, ist eine vorab offene Frage.<br />
Zumindest ist es denkbar, etwa weil der SwapKontrahent<br />
auf Grund von Spezialisierung und größeren<br />
Volumina sowie interner Positionskompensationen ein<br />
Hedging betreiben kann, das kostengünstiger ist als<br />
der direkte Aufbau und die Bewirtschaftung eines Portfolios<br />
von Indexaktien innerhalb des <strong>ETF</strong>. Eine zwangsläufi<br />
ge Folge ist ein solcher Kostenvorteil für den <strong>ETF</strong><br />
aber keineswegs. Im Einzelfall sind die Höhe der Swap-<br />
Gebühr sowie die Struktur des per <strong>ETF</strong> erschlossenen<br />
Marktsegments ausschlaggebend.<br />
Implizite Verlustrisiken. Der Swap kann seine Funktion<br />
der künstlichen Performance-Nachbildung nicht erfüllen,<br />
falls der Swap-Kontrahent einer Verpfl ichtung<br />
aus dem Swap-Vertrag nicht nachkommt. Es besteht<br />
also ein Kontrahentenrisiko. Als Swap-Kontrahenten<br />
fungieren in der Regel Banken. Deren Bonität wird aktuell<br />
skeptisch beurteilt; am Markt für Bankanleihen<br />
werden Risikoprämien in der Größenordnung von 200<br />
Basispunkten p. a. registriert. Eine vergleichbare Risikoprämie<br />
wird innerhalb eines Total-Return-Swap aber<br />
kaum gewährt, obgleich das involvierte Gläubigerrisiko<br />
dieselbe Natur aufweist: die Gefahr, dass ein Zahlungsanspruch<br />
nicht (vollständig) erfüllt wird.<br />
Allerdings betrifft dieses Risiko nur einen Bruchteil<br />
des Fondsvermögens. Zum einen wird es auch im Fall<br />
einer Kontrahenteninsolvenz nur mit etwa 50 Prozent<br />
Wahrscheinlichkeit schlagend werden, weil der Swap<br />
dem natürlichen Lauf der Dinge nach mit derselben<br />
Wahrscheinlichkeit eine Zahlungsverpfl ichtung wie<br />
eine Forderung gegenüber dem Swap-Kontrahenten<br />
34<br />
MARTIN WAMBACH,<br />
Geschäftsführer,<br />
Rödl & Partner<br />
aufweisen wird. Zum anderen wird praktisch nie der<br />
investmentrechtliche Maximalsatz von zehn Prozent<br />
des Fondsvermögens erreicht werden. Somit ist von<br />
einem Kontrahentenrisiko auszugehen, das im Durchschnitt<br />
drei bis vier Prozent des Fondsvermögens ausmacht.<br />
Denken wir gleichwohl einmal den rechtlich<br />
schlechtestmöglichen Fall zu Ende: Der Swap-Wert beträgt<br />
zehn Prozent zu Gunsten des <strong>ETF</strong>, und der Kontrahent<br />
fällt vollständig aus. Dann verliert der <strong>ETF</strong><br />
zehn Prozent seines Fondsvermögens unwiederbringlich<br />
und wird mit einem anderen Kontrahenten einen<br />
neuen Swap-Vertrag abschließen müssen – mit neuerlichem<br />
Kontrahentenrisiko.<br />
Kritische Wertpapierleihe. Eine weitere Risikoerhöhung<br />
könnte die Swap-Basierung indirekt auslösen, wenn das<br />
frei zu bildende Wertpapierportfolio nach Gesichtspunkten<br />
der Maximierung des potenziellen Wertpapierleihe-<br />
Ertrags ausgerichtet würde. Es sind Marktsituationen<br />
vorstellbar, in denen sehr volatile Aktien die höchsten<br />
Leiherträge versprechen. Das könnte insbesondere<br />
dem erfolgsabhängig entlohnten Management eines<br />
kleinen <strong>ETF</strong> den Anreiz geben, eine entsprechende<br />
Portfolio-Konstruktion vorzunehmen. Die Gefahr liegt<br />
darin, dass der Entleiher, der die entliehenen Papiere<br />
ja regelmäßig veräußert beziehungsweise leer verkauft,<br />
bei einem starken Kursanstieg womöglich erhebliche<br />
Verluste erleidet und deshalb nicht mehr in der Lage<br />
ist, die entliehenen Wertpapiere zu beschaffen.<br />
In diesem Extremszenario käme der <strong>ETF</strong> in eine unangenehme<br />
Position: Seine Forderung aus der Wertpapierleihe<br />
fällt aus, und zugleich sind aus dem Swap<br />
womöglich sehr hohe Beträge an den Kontrahenten<br />
zu zahlen, weil wegen des starken Kursanstiegs die<br />
Wertentwicklung der entliehenen Papiere diejenige<br />
des Index beträchtlich übersteigen könnte. Um Missverständnissen<br />
vorzubeugen: Dies ist eine Darstellung<br />
möglicher Gefahren und kein Bericht der tatsächlichen<br />
Praktiken bestimmter <strong>ETF</strong>-Akteure. Jedoch<br />
sehen sich schon heute Kapitalanlagegesellschaften zu<br />
dem Hinweis veranlasst, dass sie von ihren Entleihern<br />
die Stellung von Sicherheiten verlangen. Das ist in der<br />
Tat kein nebensächlicher Aspekt, zumal für das Kont-<br />
DR. GUNNAR STARK,<br />
Finanzwirtschaftler,<br />
Rödl & Partner