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Dokument 1.pdf - OPUS - Universität Würzburg

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II (Verhaltensphysiologie und Soziobiologie).<br />

Durch das enge Zusammenleben und die Koope­<br />

ration zweier Organismen, die unterschiedlichen<br />

Arten oder gar gänzlich unterschiedlichen Lebens­<br />

formen angehören, wie etwa Bakterien und Algen,<br />

die gemeinsam Flechten bilden, können die an<br />

einer Symbiose beteiligten Organismen oft neue<br />

Lebensräume oder Nischen erschließen . Häufig<br />

kann zudem zumindest einer der beiden Partner<br />

neue Stoffwechselleistungen erlangen. Letzteres<br />

gelingt vor allem höheren Organismen, wenn sie<br />

sich mit Bakterien zusammentun, die beim Stoff­<br />

wechsel oftmals höhere Fähigkeiten haben.<br />

Schätzungsweise 20 Prozent aller Insektenarten<br />

leben in einer engen Symbiose mit intrazellulären<br />

Bakterien. Das sind vor allem solche Insekten,<br />

denen es im Laufe der Evolution gelungen ist,<br />

sich an besondere, oftmals sehr einseitige Nähr­<br />

stoffquellen anzupassen. Die Bakterien versorgen<br />

ihre Wirte meist mit Nährstoffen, die in der auf­<br />

genommenen Nahrung fehlen oder in zu geringer<br />

Menge enthalten sind und die der Wirt nicht selbst<br />

herstellen kann. So gleichen Bakterien im Darm­<br />

gewebe von Blattläusen, die sich ausschließlich<br />

von aminosäurearmem Pflanzensaft ernähren, das<br />

Fehlen der essentiellen Aminosäuren aus, indem<br />

sie diese für den Wirt bereitstellen. Die Bakterien<br />

ihrerseits werden vom Wirt versorgt und haben<br />

dadurch den Vorteil einer sehr stabilen und si­<br />

cheren Umgebung.<br />

Lange Zeit wurde die Analyse solcher Symbiosen<br />

durch die Tatsache erschwert, dass sich die bak­<br />

teriellen Partner nicht in einer Laborkultur halten<br />

lassen. Erst in den vergangenen Jahren hat die<br />

moderne Genomforschung ganz neue Wege der<br />

Analyse solcher Bakterien ermöglicht. So haben<br />

wir kürzlich die Genomsequenz des Bakteriums<br />

Blochmannia ermittelt, das im Darm von Rossa­<br />

meisen lebt.<br />

Nur noch ein Sechstel der Gene<br />

Die Erbsubstanz von Bakterien, die mit verschie­<br />

denen Insekten eine Symbiose eingegangen sind,<br />

zeigt einige erstaunliche Gemeinsamkeiten. So ist<br />

das Genom dieser Bakterien wesentlich kleiner als<br />

das ihrer freilebenden Verwandten. Blochmannia<br />

enthält nur noch circa ein sechstel der Gene von<br />

Escherichia coli. Diese genetische Vereinfachung<br />

erweist sich als äußerst informativ bezüglich des<br />

Verständnisses der biologischen Funktion der<br />

Symbiose, da gerade für<br />

die Symbiose bedeut­<br />

same Gene noch vorhan­<br />

den sein müssen. Hierbei<br />

zeigt sich eine weitgehen­<br />

de Übereinstimmung des<br />

Nährstoffhaushalts der<br />

Wirtstiere mit den Stoff­<br />

wechse I· Eigenschaften<br />

der Bakterien.<br />

Die Bestimmung der<br />

Genomsequenz solcher<br />

Bakterien ist aber nur der<br />

erste Schritt im Verständ­<br />

nis derartiger Symbiosen.<br />

Die Genomanalyse gibt<br />

Forschungsschwerpunkt<br />

Anhaltspunkte, welchen Nutzen das Bakterium Rossameisen und eng<br />

35 BLICK<br />

für den Wirt haben könnte. Daraus gewonnene verwandte Gattungen wie<br />

Vermutungen müssen danach an lebenden Wir- Polyrhachis (Bild) leben in<br />

ten überprüft werden. Dabei sind Fragen der Symbiose mit Bakterien, die<br />

gegenseitigen Anpassungen des Stoffwechsels der sich im Darm der Tiere ange-<br />

Symbiosepartner genauso von Bedeutung wie die siedelt haben.<br />

Identifizierung von Faktoren, die der spezifischen Foto: Heike Feldhaar<br />

Wechselwirkung der Bakterien und ihrer Wirte zu<br />

Grunde liegen. Von besonderem Interesse sind<br />

auch Fragen nach der Immunreaktion der Wirte<br />

und der Anpassung des Wirtsimmunsystems an<br />

die Bakterien. Um derartig komplexe Wechsel-<br />

wirkungen untersuchen zu können, ist ein breiter<br />

interdisziplinärer Ansatz erforderlich, wie er im<br />

Biozentrum in idealer Weise durch die Zusammen-<br />

arbeit von Mikrobiologen, Molekularbiologen und<br />

Ökologen möglich wird.<br />

In den vergangenen Jahren sind Lebensgemein­<br />

schaften zwischen Insekten und Bakterien nicht<br />

nur wegen ihrer Bedeutsamkeit für die Grundlagen·<br />

forschung ins Rampenlicht gerückt. Der Vergleich<br />

von "gutartigen" symbiotischen mit parasitären<br />

Wechselbeziehungen, etwa der von krankheitser­<br />

regenden Bakterien mit Menschen, erlaubt inter­<br />

essante Einblicke in allgemeine mechanistische<br />

Prinzipien der Evolution der Wechselwirkung<br />

zwischen Bakterien und höheren Wirtsorganis­<br />

men. Weiterhin besteht die Hoffnung, durch ein<br />

vermehrtes Wissen über die "Mikro-Biologie" von<br />

krankheitsübertragenden Gliedertieren wie der<br />

Tsetse-Fliege, der Überträgerin der Schlafkrankheit,<br />

neue biologische Ansätze zur Kontrolle dieser TIere<br />

und damit zur Verminderung der Last durch die<br />

entsprechenden Krankheiten zu finden.

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