Dokument 1.pdf - OPUS - Universität Würzburg
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BLICK 70 Aus der Forschung<br />
THEOLOGIE AN ZWEI<br />
EUROPA-PROJEKTEN BETEILIGT<br />
Während sich die Politik mit dem Prozess<br />
der Europäisierung schwer tut, sind in<br />
der Wissenschaft europaweite Netzwerke<br />
auf dem Vormarsch - auch in der Theolo<br />
gie. Die Europäische Union (EU) fördert<br />
zwei neue Forschungsprojekte, an denen<br />
Professor Hans-Georg Ziebertz beteiligt<br />
ist.<br />
Zum einen unterstützt die EU das Projekt "Welfare<br />
and Values in Europe (WAVE)" mit insgesamt<br />
1,5 Millionen Euro. Beteiligt sind Wissen<br />
schaftler von zwölf <strong>Universität</strong>en in Europa.<br />
Ihr gemeinsames Ziel ist es, den Einfluss von<br />
Religion auf Wertstrukturen in den europäischen<br />
Gesellschaften zu erforschen, insbesondere auf<br />
Solidarität und sozialen Zusammenhalt.<br />
Traditionell sei die Religion ein "Brunnen für<br />
Wertorientierungen, soziale Einstellungen und<br />
Gesellschaftsordnungen" gewesen, so Ziebertz.<br />
Das Christentum habe in Europa bis zur Neuzeit<br />
das Weltbild geprägt, aber sein Einfluss sei<br />
geschwunden. Es gebe zu Recht Vorbehalte<br />
gegenüber zu viel Einfluss der Religion. "Der<br />
islamische Gottesstaat ist ein negatives Bei<br />
spiel, das nicht modernitätstauglich ist, mit der<br />
Vorstellung von einem freiheitlichen Rechtsstaat<br />
nichts gemein hat", sagt der <strong>Würzburg</strong>er Theo<br />
loge. Aber auch in Bezug auf das Christentum<br />
müsse man anerkennen, dass Religion nicht<br />
immer nur ein Segen gewesen sei.<br />
Auf der anderen Seite könne die konstruktive<br />
Rolle etwa der christlichen Religionen in Europa<br />
nicht übersehen werden. In vielen europäischen<br />
Gesellschaften tragen die Kirchen noch heute<br />
ganz wesentlich das Sozial- und Erziehungs<br />
system mit. Zugleich seien Prozesse wirksam,<br />
die in ganz Europa Religion mehr und mehr zur<br />
Privatsache machen.<br />
Ziebertz: "Daher taucht die Frage auf, in wei<br />
chem Maße Religion zur Begründung von ge<br />
sellschaftlicher Solidarität und Wertordnungen<br />
insgesamt in Anspruch genommen wird und in<br />
welchem Umfang Angehörige von Religionen<br />
ein privatisiertes oder öffentliches Verständnis<br />
von Religion haben." Wie kann eine mit der<br />
modernen Welt verträgliche Rolle der Religionen<br />
aussehen? Hierzu will das Projekt WAVE nicht<br />
nur die Großkirchen, sondern auch Minder<br />
heitsreligionen untersuchen. Die <strong>Würzburg</strong>er<br />
Theologen treffen derzeit Vorbereitungen für<br />
eine empirische Erhebung. Die Daten sollen<br />
dann europaweit zusammengetragen und ver<br />
öffentlicht werden.<br />
Impuls für die theologische Lehre<br />
Das zweite Projekt läuft im Rahmen des Sok<br />
rates/Erasmus-Programms der EU. Es soll der<br />
universitären Lehre in der Theologie und Reli<br />
gionswissenschaft im multikulturellen Europa<br />
einen Impuls geben ("Teaching Religion in a<br />
multicultural Europe").<br />
Hintergrund: Die bislang nicht verabschiedete<br />
Verfassung Europas beginnt mit dem Hinweis,<br />
dass die universalen Werte Europas wesentlich<br />
auf das kulturell-religiöse Erbe zurückgehen,<br />
welches Menschenrechte, Freiheit, Würde der<br />
Person, Demokratie und Gleichheit begründet.<br />
Laut Ziebertz versteht die Theologie diesen<br />
Hinweis als Auftrag, nach einer zeitgemäßen<br />
Fortschreibung der religiösen Grundlagen der<br />
modernen Gesellschaften zu suchen.<br />
Dazu wollen 50 Wissenschaftler aus 25 Ländern<br />
in drei Abteilungen theologische Lehrmodule<br />
entwickeln, die der multireligiösen Situation in<br />
Europa gerecht werden. Professor Ziebertz leitet<br />
die erste Abteilung, in der bildungstheoretische<br />
Grundlagen erarbeitet werden. Die zweite Ab<br />
teilung konzentriert sich auf das Thema Reli<br />
gion und Konflikt, die dritte auf Religion und<br />
soziales Leben.<br />
Während des auf drei Jahre angelegten Projekts<br />
wollen die Wissenschaftler die erarbeiteten<br />
Module auf eigenen Kongressen diskutieren.<br />
Die EU fördert das Projekt mit 750.000 Euro.<br />
Ziebertz, der dem Steuerungskomitee angehört,<br />
ist mit beiden neuen Projekten höchst zufrie<br />
den: "Unser Bestreben der Internationalisierung<br />
geht voran. Das ist gut für die Theologie in<br />
<strong>Würzburg</strong>".