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MAGAZIN - Astra Tech

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DREI FRAGEN +1 AN …<br />

Herr Zipprich, welche Rolle spielen Verbindungen<br />

in Ihrem Fachgebiet, der zahnärztlichen<br />

Werkstoffkunde?<br />

Eine sehr große Rolle! In der mechanischen<br />

Verbindungstechnik allgemein, aber auch in<br />

der zahnärztlichen Werkstoffkunde unterscheiden<br />

wir zunächst zwischen unlösbaren<br />

und lösbaren Verbindungen. Unlösbare Verbindungen<br />

sind das Kleben, Zementieren,<br />

Verblenden, Löten oder Schweissen, lösbare<br />

Verbindungen das Verschrauben oder Verklemmen.<br />

Wenn Zahnsubstanz oder ganze Zähne ersetzt<br />

werden, ist – nach der Wahl des Materials<br />

– die Entscheidung für die Verbindungstechnik<br />

die wichtigste. Dabei ist es<br />

egal, ob es sich um unlösbare oder lösbare<br />

Verbindungen handelt: Die Eigenschaften<br />

der gesamten prothetischen Versorgung,<br />

also Festigkeit, Komfort oder Ästhetik, werden<br />

stark von der Ausführung an den Verbindungsstellen<br />

beeinflusst.<br />

Gibt es – in der Welt der Ingenieure, aber<br />

auch im Alltag – Verbindungen, die für eine<br />

bestimmte Aufgabe perfekt geeignet sind<br />

und damit alle anderen denkbaren Lösungen<br />

übertreffen?<br />

Selbstverständlich, und ich will Ihnen dazu<br />

einige Beispiele nennen. In der Bohr- und<br />

Frästechnik (Bilder S. 9) müssen hohe Drehmomente<br />

und hohe Axial- und Querkräfte<br />

spielfrei und selbstzentrierend übertragen<br />

werden – und das Ganze bei einfacher und<br />

Platz sparender Montage. Eine andere Lösung<br />

als eine konische Verbindung zwischen<br />

Maschine und Bohrer wäre, bei vergleichbarem<br />

Konstruktions- und Handhabungsaufwand,<br />

schwer vorstellbar.<br />

Für die Befestigungen von Flugzeugturbinen<br />

(Bild S. 8) gibt es ebenfalls nur ein wirklich<br />

brauchbares Lösungsprinzip – die konische<br />

Verbindung. Hier sind extrem hohe<br />

Dauerfestigkeiten bei häufigen Lastwechseln<br />

gefordert. Das wird oft mit nur drei<br />

konischen Verbindungen erreicht.<br />

Ein weiteres Beispiel, das jeder kennt: der<br />

Cocktail Shaker (Bild S. 9). Im Prinzip geht<br />

es hier darum, mit harten Werkstoffen eine<br />

Flüssigkeitsdichtigkeit ohne Verwendung<br />

von Dichtungen oder Dichtmaterialien zu<br />

erzeugen. Das ist technisch nicht einfacher<br />

zu gestalten, als mit einer konischen<br />

Formgebung der Einzelteile.<br />

Oder anders ausgedrückt:<br />

Es gibt für die<br />

„dichtungslose Dichtigkeit“<br />

keine bessere Lösung<br />

als die konische<br />

Verbindung. Stellen<br />

Sie sich nur einmal<br />

vor, der Barkeeper<br />

müsste vor dem<br />

Schütteln erst noch<br />

einen Dichtring zwischen<br />

die beiden Teile<br />

des Shakers einlegen!<br />

Wo sehen Sie weiteres Entwicklungspotenzial<br />

bei den implantologischen<br />

Werkstoffen? Kann<br />

die Zahnheilkunde hier von der Orthopädischen<br />

Chirurgie oder anderen operativen<br />

Fachgebieten der Medizin lernen?<br />

Würden wir bezüglich der Werkstoffe von<br />

der Orthopädie lernen beziehungsweise Parallelen<br />

ziehen, dann kämen statt Keramik-<br />

Implantaten überwiegend Implantate aus<br />

Chrom-Kobalt-Molybdän-Legierungen zum<br />

Einsatz. Der gescheiterte Einsatz von keramischen<br />

Implantaten in der orthopädischen<br />

Implantologie basierte auf dem ungenügenden<br />

Implantat-Knochenverbund. Sobald<br />

neue <strong>Tech</strong>nologien eine verbesserte Oberflächengestaltung<br />

von Zirkonoxidimplantaten<br />

ermöglichen und für einen sichereren Implantat-Knochenverbund<br />

sorgen, werden<br />

keramische Implantate stark an Bedeutung<br />

gewinnen.<br />

Eine Verdrängung des Werkstoffs Titan aus<br />

der dentalen Implantologie ist meiner Meinung<br />

nach noch lange nicht in Sicht. Die<br />

<strong>Tech</strong>nologievielfalt bei der Gestaltung von<br />

Titanoberflächen ist auf keinem implantologischen<br />

Sektor größer als bei der dentalen<br />

Implantologie.<br />

Ihr aktueller Zahnstatus?<br />

Nun, ich müsste die Lücke 36 mit einem Implantat<br />

versorgen lassen. Glücklicherweise<br />

fällt mir die Entscheidung für das geeignete<br />

Implantatsystem sehr viel leichter als der<br />

letzte Autokauf.<br />

INTERVIEW<br />

Dipl.-Ing. Holger Zipprich<br />

11<br />

1968 in Darmstadt geboren,<br />

machte Holger Zipprich zunächst<br />

eine Lehre als Elektrogerätemechaniker.<br />

Danach studierte er<br />

Elektrotechnik (Grundstudium)<br />

und Elektromechanische Konstruktionen<br />

(Hauptstudium) an<br />

der TU Darmstadt.<br />

Nach einer Tätigkeit als wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter bei der<br />

Materialprüfanstalt in Darmstadt<br />

arbeitet Holger Zipprich seit 2001<br />

als Leiter der Sektion Werkstoffkunde<br />

in der Poliklinik Prothetik<br />

der Johann-Wolfgang-Goethe-<br />

Universität in Frankfurt am Main.<br />

Sein wissenschaftliches Interesse<br />

gilt besonders den „Versagensmodi<br />

von Implantat-Abutment-<br />

Verbindungen“.

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