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34 PHILOSOPHIE<br />
20:<br />
DIE WELT PUNKT ACHT<br />
Nach ihr kann man die Uhr stellen und die Politik ausrichten.<br />
Oder das Abendessen: Seit über 50 Jahren ist die „Tagesschau“<br />
die beliebteste Informationsschnittstelle der Deutschen.<br />
Und so etwas wie ein Vorbild in Sachen „Zuverlässigkeit“.<br />
„Hier ist das Deutsche Fernsehen mit der Tagesschau.“<br />
Als diese Worte am 26. Dezember<br />
1952 erstmals über den Äther gingen, war<br />
das Nachrichtenprogramm des just einen Tag<br />
vorher gegründeten Nord-West-Deutschen-<br />
Rundfunks noch ein sehr exklusives Angebot:<br />
Nur etwa 1.000 Menschen konnten das<br />
Programm damals empfangen. Das Zweite<br />
Deutsche Fernsehen – und damit die Notwendigkeit<br />
einer Unterscheidung zum „Ersten“<br />
– war noch mehr als zehn Jahre entfernt.<br />
Heute wird die Tagesschau vom NDR in<br />
Hamburg produziert, sendet bis zu 23 Ausgaben<br />
am Tag und hat in seiner Hauptausgabe<br />
um 20 Uhr bis zu zehn Millionen Zuschauer.<br />
Nachrichten aus dem Keller<br />
Im Herbst 1951 schloss der NWDR mit der<br />
Neuen Deutschen Wochenschau einen Vertrag:<br />
Aus dem Filmmaterial der Wochenschau<br />
sollte ein Redakteur mit zwei Cutterinnen<br />
eine „Aktualitätenschau“ für das<br />
neue und erste bundesdeutsche Fernsehprogramm<br />
zusammenstellen. Zunächst arbeitete<br />
das kleine Team in einem Kellergebäude in<br />
der Hamburger Heilwigstraße; die Filmrolle<br />
brachte der Redakteur dann mit der U-Bahn<br />
zum Heiligengeistfeld, denn vom dortigen<br />
Weltkriegsbunker wurde damals gesendet.<br />
Ab 1955 lieferten Agenturen die Filmbilder<br />
und im Oktober 1958 begann der Nachrichtenaustausch<br />
der Eurovision. Erst ab März<br />
1959 fügte der NDR-Hörfunk einen fünfminütigen<br />
Wortblock dazu; Karl-Heinz Köpcke<br />
war der erste Nachrichtensprecher. 1960<br />
wurden Wort- und Filmnachrichten gemischt,<br />
womit die noch heute gültige Form gefunden<br />
war.<br />
Zuverlässigkeit in Form und Inhalt<br />
„Für Millionen deutscher Staatsbürger ist die<br />
Tagesschau des Deutschen Fernsehens zu einer<br />
selbstverständlichen Gewohnheit geworden“,<br />
schrieb schon 1962 der damalige<br />
ARD-Vorsitzende Hans Bausch zum zehnjährigen<br />
Jubiläum der Sendung. Daran hat sich<br />
bis heute und trotz steigender Konkurrenz<br />
nichts geändert: Weder das ZDF, das 1963<br />
mit seinen „heute“-Nachrichten auf Sendung<br />
ging, noch die in den 80er-Jahren entstandenen<br />
Privatsender konnten an der Position<br />
der „Tagesschau“ als angesehendste Nachrichtensendung<br />
der Deutschen rütteln.<br />
Aber woran liegt das? In Zeiten neuer elektronischer<br />
Präsentationformen wie Split-<br />
Screens, digitalen Studios mit Blue-Box und<br />
sogenanntem Infotainment – also einer Mischung<br />
aus Information und Unterhaltung<br />
– wirkt das Konzept der Tagesschau mit einem<br />
ablesenden Nachrichtensprecher eigentlich<br />
etwas überholt. Aber genau das war und<br />
ist das Erfolgsrezept: Der hohe Grad an empfundener<br />
Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit<br />
liegt in dieser klaren Form ohne zusätzliche<br />
Schnörkel.<br />
Frauen und Weltpolitik?<br />
Die Bundesbürger haben dabei immer sehr<br />
sensibel auf jede noch so kleine Änderung<br />
des Formates reagiert. So mancher mag sich<br />
noch an die Schreie der Entrüstung erinnern,<br />
als 1976 mit Dagmar Berghoff die erste weibliche<br />
Nachrichtensprecherin auf Sendung<br />
ging. Aber auch plötzlich gewachsene Bärte,<br />
zu extravagante Kleidung oder allzu gut gelaunte<br />
Sprecher stießen bei den Zuschauern<br />
auf Kritik – und Pannen beim medialen Inbe-<br />
tagesschau