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Jahrbuch Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin ...

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10 Christa-Maria Jeitner<br />

Wandbespannungsstoff zurückgehen; es nimmt bereits exotische Pflanzenmotive auf, die<br />

mit vielschichtiger Symbolik kombiniert werden. 24<br />

Wenn 1777 im Visitationsbericht der Cruciskirche vier<strong>und</strong>zwanzig Festtagsgewänder<br />

genannt sind, so zählte dazu der Ornat bestehend aus der Kasel mit dem Stifterinnenmonogramm<br />

der Priorin Anna Rosalia Osburg <strong>und</strong> den Dalmatiken mit dem Monogramm »M<br />

F D P« »1745« (Nr. 13). Nochmals nahm man die großen Blüten von 1729 sowie inzwischen<br />

nicht mehr angewandte Techniken auf, sogar ein ähnlicher Goldstoff wurde beschafft. Die<br />

stiftende Maria Felicitas Draeger, auf dem Inschriftblatt von 1729 eine der stickenden<br />

Schwestern, ist nun Priorin. Die 1687 Geborene kam mit 13 Jahren in dieses Kloster, so steht<br />

es unter ihrem etwas grauen, sehr strengen, lebensgroßen Bildnis in der Crucis-Kirche<br />

geschrieben. 25 Mit 21 Jahren legte sie ihre Profeß ab <strong>und</strong> 1730 wurde sie Nachfolgerin der<br />

Priorin Osburg. Von 1731 bis 1735 erbaute sie die neue Crucis-Kirche. Bei deren Restaurierung<br />

von 1978 bis 1986 wurden viele manieristisch verspielte »M F D P«-Initialen freigelegt.<br />

Mit ihnen hat ein skurriler Stuckateur 26 , der auch andere Vexierbilder in die Marmorierung<br />

einließ, versteckte Huldigungen an den Kunstverstand der Erbauerin angebracht.<br />

Als sie 1747 starb, waren die bedeutenden figürlichen Stickereien geschaffen. Deren Stickerin<br />

war seit Mitte der vierziger Jahre des 18. Jh. nicht mehr tätig. Dalmatiken, Segensvelum,<br />

die Kasel mit großen Blumen <strong>und</strong> das Velum blieben ohne figürliche Darstellungen. War<br />

Maria Felicitas Draeger die Stickerin der hl. Magdalena (Nr. 4), der Pietà <strong>und</strong> des Antlitzes<br />

Jesu (Nr. 16), der Marienkrönung (Nr. 7, Farbabb. 6), der Kasel mit Dreifaltigkeit (Nr. 10,<br />

Abb. 5) <strong>und</strong> schließlich des Jesusknaben (Nr. 9, Farbabb. 7), vielleicht auch der Engel von<br />

1714 (Nr. 2, Farbabb. 1)? Schuf sie die Entwürfe für Stickereien? War ihre Hand die letzte,<br />

die barocke Goldstickereien auszuführen verstand?<br />

Auf den Behängen des Dombaldachins von 1688 repräsentieren die vorgegebenen Wappen<br />

der Suffraganbistümer den Bereich der Regentschaft des Mainzer Erzbischofs. Das Wappen<br />

des Franz von Ingelheim inmitten des vorderen <strong>und</strong> hinteren Behanges weist diesen<br />

als Stifter des Baldachins aus. Er war es, der den Klosterfrauen den Auftrag erteilte, was die<br />

Hochschätzung für die Goldstickerei der Augustinerinnen belegt.<br />

Die Kasel mit dem Monogramm »G.A.S.P.« – Gunter Abbas Sancti Petri 27 – lässt sich<br />

durch die typischen Initialen, nahezu wie ein Werkstattzeichen zu werten, wiederum als<br />

Arbeit des Neuwerk-Klosters erkennen. Der Wahlspruch Abt Günthers IN DEO SPES MEA<br />

sowie sein Wappen, das geflügelte Herz mit Anker 28 , Schlüssel <strong>und</strong> Schwert als Insignien<br />

Petri <strong>und</strong> Pauli, denen das Benediktinerkloster geweiht war, weisen die Kasel als seine <strong>Stiftung</strong><br />

aus. Also wurde sie im Auftrag gestickt, wie gewiss auch das Segensvelum (Nr. 14) 29 ,<br />

beide sind in der Lorenzkirche als Erbe aus dem Peterskloster erhalten. Nach Aufhebung<br />

des Klosters bei der Säkularisierung 1819 pastorierten dessen Mönche in der Lorenzkirche.<br />

Sie brachten bewegliche Schätze wie Holzskulpturen, Schriften, das Messgewand Abt Günthers<br />

<strong>und</strong> weitere Stickereien mit 30, vermutlich auch die Gewänder aus kostbaren französischen<br />

Seidenstoffen, die heute noch dort zu finden sind.<br />

Wie ein Auftrag zwischen den Klöstern abgewickelt wurde, ist für Erfurt bisher nicht<br />

bekannt. In Böhmen arbeiteten die Prämonstratenserinnen von Chotěˇsov für den Abt des

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