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Dr. Robert Geiger - Lehrstuhl für Pädagogik - TU München

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2 Aktueller Forschungsstand und Forschungsfragen<br />

Das nachfolgende Kapitel gibt einen Überblick über die aktuelle empirische Forschungslage<br />

zu handlungsorientiertem Lernen in der beruflichen Bildung. Nach einer Darstellung des Bezugsfeldes<br />

der vorliegenden Forschungsarbeit und einer allgemeinen Betrachtung werden<br />

relevante empirische Forschungsarbeiten aus dem gewerblich-technischen Bereich sowie aus<br />

dem Berufsfeld „Wirtschaft und Verwaltung“ vorgestellt. Dieser Bestandsaufnahme folgt eine<br />

Darstellung des Forschungsinteresses und der Forschungsfragen.<br />

2.1 Bezugsfeld<br />

Die von der Kultusministerkonferenz in den Handreichungen zur Erarbeitung von Rahmenlehrplänen<br />

geforderte Handlungsorientierung des Unterrichts (KMK 2000, S. 10) ist eine Umsetzungsform<br />

der moderaten konstruktivistischen Auffassung über die Gestaltung von Lehr-<br />

Lern-Arrangements. Diese Auffassung kann zurzeit als leitende Idee <strong>für</strong> modernen beruflichen<br />

Unterricht bezeichnet werden. Der Begriff „konstruktivistisch“ ist hierbei im Sinne eines<br />

Unterrichtsgestaltungskonzeptes und nicht paradigmatisch zu interpretieren (vgl. Kapitel 3.1).<br />

„Wissenserwerb wird hier vor allem im Zusammenhang mit dem situierten Lernen und den<br />

mit diesem verbundenen instruktionalen Ansätzen diskutiert“ (Gerstenmaier, Mandl 2000, S.<br />

5). Aus gemäßigter konstruktivistischer Sicht ist es „weder möglich noch sinnvoll, allein auf<br />

aktive Konstruktionsleistungen der Lernenden zu vertrauen; man kann Lernenden aber auch<br />

nicht ständig fertige Wissenssysteme nach feststehenden Regeln vermitteln. [...] Im Sinne<br />

einer pragmatischen Perspektive lässt sich als Ziel eine Balance zwischen expliziter Instruktion<br />

durch Lehrende und konstruktiver Aktivität der Lernenden“ formulieren (Reinmann-<br />

Rothmeier, Mandl 1997, S. 376f.).<br />

Die Suche nach der richtigen Balance zwischen Instruktion und Konstruktion beschreibt<br />

prägnant eines der aktuellen Probleme der Berufspädagogik sowie der vorliegenden Arbeit.<br />

Entsprechend findet sich in Kapitel 3.1 eine ausführlichere Erörterung der relevanten Hintergründe<br />

und Zusammenhänge. Weitere Bezüge zur vorliegenden Arbeit ergeben sich aus der<br />

gegenwärtigen Diskussion der Fragen nach dem Verwendungsbezug schulischen Wissens, der<br />

Gefahren einer Vernachlässigung von inhaltlichem Wissen und der Aufgaben der Berufsschule<br />

gegenüber betrieblichen Lernorten. Diese Bezüge werden im Folgenden näher erläutert.<br />

Handlungssicheres Definieren und Lösen von komplexen beruflichen Problemen erfordert ein<br />

Professionswissen (siehe Pätzold 2000, S. 80). Dieses setzt sich als Strukturwissen aus deklarativen,<br />

prozeduralen und konditionalen Wissensbestandteilen zusammen. „Professionswissen<br />

wird einerseits erworben durch eine wissenstheoretische Ausbildung und andererseits durch<br />

das Erlernen der berufsüblichen Routinen, Deutungsmuster, Handlungsschemata durch die<br />

Arbeit im Beruf“ (ebd.). Aktuell wird von der beruflichen Bildung vermehrt gefordert, Kompetenzentwicklung<br />

solle sich inhaltlich stärker an einem bestimmten Verwendungsbedarf orientieren.<br />

Beurteilungskriterium <strong>für</strong> die Wissens- oder Kompetenzqualität ist hierbei, inwieweit<br />

ein konkreter Verwendungsbedarf tatsächlich gedeckt wird (siehe Heid 2000, S. 33).<br />

Eine Überbetonung dieser Verwendungsorientierung birgt jedoch die Gefahr, „dass die wohl<br />

nur in der fachlichen Systematik begründete Diskursivität des Wissens von einer rezeptnahen<br />

Kasuistik verdrängt [...] und damit zugleich die Transferqualität generierten Wissens [...] sowie<br />

die ‚Marktposition’ bzw. die Autonomie, Flexibilität und Mobilität des (Un-)Wissenden<br />

bzw. des (In-)Kompetenten beeinträchtigt wird“ (ebd. S. 35, Hervorhebungen im Original).<br />

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