Dr. Robert Geiger - Lehrstuhl für Pädagogik - TU München
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2 Aktueller Forschungsstand und Forschungsfragen 19<br />
zeigen, dass der untersuchte Unterricht geeignet ist, die angestrebten Unterrichtsziele zu vermitteln.<br />
Von den befragten Schülern wird die Möglichkeit, im Team zusammen zu arbeiten<br />
und sowohl Lernweg als auch Lerntempo selbst bestimmen zu können eindeutig positiv beurteilt.<br />
Beide Aspekte wirken sich auch positiv auf die Motivation und auf den Lernerfolg aus.<br />
Die gute Zusammenarbeit der Schülerpaare kann auch auf die freiwillige Gruppenbildung<br />
zurückgeführt werden. Bei der Simulation elektronischer Schaltungen mit der Lernsoftware<br />
wird die hohe Motivation der Schüler besonders deutlich. Sie versuchen die Aufgabenstellung<br />
mit sehr viel Geduld selbstständig zu lösen. Eine anwesende Lehrkraft wird nur sehr selten<br />
befragt. Bei diesem Teil der Lernstrecke wird deutlich, welche Schülerteams systematisch<br />
vorgehen und welche ausschließlich durch Ausprobieren zu einer korrekten Lösung gelangen.<br />
Im zweiten Fall wird eine Schaltung so lange variiert, bis die Simulation eine funktionierende<br />
Schaltungsfunktion bestätigt. Anschließende Lernzielkontrollfragen zeigen, dass diese Gruppen<br />
die Schaltungsfunktion nicht vollständig verstanden haben. Der Lernerfolg insgesamt<br />
wird von den befragten Schülern kritisch eingeschätzt. Viele von ihnen messen einen Unterrichtserfolg<br />
an dem vermittelten Fachwissen. Ziele des untersuchten Unterrichts sind jedoch<br />
auch die Förderung von Methoden- und Sozialkompetenzen. Sehr häufig bemängeln sie außerdem<br />
die Form der Arbeitsaufträge, die zurückhaltende Rolle des Lehrers, die eingesetzte<br />
Unterrichtssoftware und die Stabilität der Rechnerausstattung. Die Arbeitsaufträge seien zu<br />
wenig detailliert, insgesamt zu umfangreich und teilweise mit zu geringem Bezug zu den Inhalten<br />
der beruflichen Ausbildung. Vom Lehrer erwarten die Schüler insgesamt mehr Unterstützung<br />
und ein stärkeres Durchgreifen bei Disziplinproblemen. Die Offenheit der gestellten<br />
Arbeitsaufträge führt häufig zu einer langwierigen Suche in der Software nach den entsprechenden<br />
Inhalten. Die Auswertung des Vorgehens sowie der Arbeitsergebnisse und der Lernzielkontrollfragen<br />
zeigen, dass die Schüler die Inhalte zumeist kopieren. Die Kritik der Schüler<br />
an der Software bezieht sich vor allem auf die Gliederung und die Bedienung des Programms.<br />
Die Schüler sollten sich selbstständig mit dem Programm auseinander setzen. Dabei<br />
bleiben jedoch Aufbau und Gliederung teilweise unklar und Möglichkeiten, welche die Software<br />
bietet unentdeckt. Hierbei müssten instruktionsorientierte Phasen mit konstruktionsorientierten<br />
verknüpft werden.<br />
Wülker (2003) untersucht in der Fachstufe I bei Zimmerern die Entwicklung des deklarativen<br />
und prozeduralen Wissens in Abhängigkeit von der Unterrichtsform. Beim deklarativen Wissen<br />
zeigen sich signifikante Vorteile <strong>für</strong> eher direktiv unterrichtete Klassen. Für das prozedurale<br />
Wissen ergeben sich <strong>für</strong> die eher direktiv unterrichteten Auszubildenden gegenüber den<br />
eher handlungsorientiert unterrichteten geringfügig schlechtere Werte, wenngleich der Unterschied<br />
zwischen den Unterrichtsformen nicht signifikant ist. Die schwächeren Schüler der<br />
handlungsorientiert unterrichteten Klassen erreichen jedoch deutlich schlechtere Ergebnisse<br />
als die schwachen eher direktiv unterrichteten Schüler. Die starken Schüler der eher handlungsorientierten<br />
Varianten erreichen die mit Abstand besten, die schwachen Schüler jedoch<br />
auch die mit Abstand schlechtesten Ergebnisse (ebd. S. 124). Auf der Grundlage dieser Ergebnisse<br />
schlägt der Forscher vor, das derzeitige Präferieren handlungsorientierter Unterrichtskonzeptionen<br />
im berufschulischen Unterricht der gewerblich-technischen Erstausbildung<br />
zu überdenken. Seiner Meinung nach erfüllten sich die hohen Erwartungen an die methodische<br />
Ausgestaltung des Unterrichts nicht. Sie weisen abschließend darauf hin, dass die<br />
zugeschriebene Relevanz des Einflusses unterrichtsmethodischer Arrangements relativiert<br />
werden müsse. Andere Faktoren wie das Vorwissen der Schüler, die wahrgenommene Überforderung<br />
der Schüler sowie die Klassenstärke seien stärker mit einzubeziehen.