Dr. Robert Geiger - Lehrstuhl für Pädagogik - TU München
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3 Theoretische Grundlagen 29<br />
sen und Kenntnissen über die Objekte und Ideen der Welt und deren Beziehungen untereinander<br />
auf interne Repräsentationen. In der Lehre wird dabei auf dieser objektivistischen Grundlage<br />
aus traditioneller Sicht versucht, durch eine von außen gesteuerte Wissensvermittlung<br />
kognitive Strukturen bei den Lernenden zu verändern.<br />
Normatives Paradigma Interpretatives Paradigma<br />
Technologischer<br />
Machbarkeitsoptimismus<br />
Informationsgesellschaft<br />
(Sender-Empfänger-Modell)<br />
Wissensvermittlung,<br />
Steuerung<br />
Verbindliche<br />
Wahrheiten<br />
Unterstützung von<br />
Selbstlernorganisation<br />
Lern- und Kommunikationsgesellschaft<br />
Selbstgesteuertes Lernen<br />
Pluralität der<br />
Wirklichkeitskonstruktionen<br />
Reduktionistisches Weltbild Holistisches Weltbild<br />
Vermittlung von Antworten Anregungen von Fragen<br />
Konsens / Einheit Differenz / Vielfalt<br />
Perfekte Lösungen Irrtumswahrscheinlichkeiten<br />
Erkenntnis als Abbildung Erkenntnis als Konstruktion<br />
Übersicht 3-2: Normatives versus interpretatives Paradigma (Siebert 1999, S. 15)<br />
Der „Konstruktivismus“ als Erkenntnistheorie „ist ein Beitrag zu einem Paradigmenwechsel,<br />
zu einer Wende von einer normativen zu einer interpretativen Weltanschauung“ (Siebert<br />
1999, S. 15, Hervorhebungen im Original). Häufig führt die unreflektierte Gleichsetzung des<br />
Konstruktivismus als Erkenntnistheorie mit einer konstruktivistischen Lerntheorie zu Fehlbeurteilungen<br />
konstruktivistischer <strong>Pädagogik</strong> (vgl. Meixner & Müller 2001, S. 4). Die einzige<br />
Überschneidung besteht hierbei, dass eine konstruktivistische Lerntheorie wie auch radikale<br />
Konstruktivisten davon ausgehen, dass Wissen abhängig vom Subjekt individuell „erzeugt“<br />
wird. In didaktischen Kontexten wurde der Konstruktivismus jedoch „nie in seiner radikalen<br />
Form, sondern immer schon als ein gemäßigter, moderater vertreten“ (Terhart 2000, S. 191).<br />
Dies erklärt auch die oftmals synonyme Verwendung der Begriffe „gemäßigt konstruktivistisch“<br />
und „konstruktivistisch“ <strong>für</strong> die Beschreibungen eines Unterrichts. Aus schulischer<br />
Sicht spricht schon allein die zeitliche Begrenztheit von Unterricht gegen die Umsetzung radikal<br />
konstruktivistischer Ansätze. Unter einer gemäßigt-konstruktivistischen Perspektive<br />
wird versucht, „die Prinzipien von Instruktion und Konstruktion miteinander zu verbinden.<br />
Aus pragmatischer Sicht erscheint es zum einen weder möglich noch sinnvoll, im Unterricht<br />
ständig fertige Wissenssysteme nach feststehenden Regeln vermitteln zu wollen; auf der anderen<br />
Seite hätte es wenig Sinn, allein auf die Konstruktionsleistungen der Lernenden zu vertrauen“<br />
(Reinmann-Rothmeier, Mandl 2001, S. 627f.). Im Sinne einer pragmatischen Perspektive<br />
lässt sich als Ziel eine Balance zwischen expliziter Instruktion durch Lehrende und konstruktiver<br />
Aktivität der Lernenden“ formulieren (vgl. ebd.).