2006 Rem Koolhaas Ein aufblasbarer Heißluftballon aus lichtdurchlässigem Nylon, mit Wind und Sonne auf Tuchfühlung. FOTO: 2007 JOHN OFFENBACH, REM KOOLHAAS AND CECIL BALMOND WITH ARUP, PAVILION SERPENTINE GALLERY 2006. VG BILD-KUNST, BONN 2011.
„Morgens kommen die Jogger und lesen ihre Zeitung. Andere bringen ihre Laptops mit und arbeiten. Abends sind wir ein Forum für künstlerischen und intellektuellen Austausch.“ leichtem Aluminium, das wie eine silberne Wolke über dem Hyde Park schwebte, während Jean Nouvels scharlachrote Konstruktion aus Stahl, Plastik und Stoff 2010 in einem 45-Grad-Winkel dynamisch aus dem Boden wuchs. Der Schweizer Kunsthistoriker und Kurator Hans Ulrich Obrist, seit 2006 Kodirektor der Galerie, entwickelte für die Abendveranstaltungen „intellektuelle Experimente“ wie einen Interview-Marathon: eine öff entliche Gesprächsreihe, die eine Verknüpfung von Vortrag, Diskussion und Performance erlaubt. Und den nicht minder populären „Sleep Over“: Besucher können im Pavillon gemeinsam mit Künstlern und Musikern die „psychedelischen Elemente der Schlafl osigkeit“ erforschen. In den Pavillons, erzählt Obrist gern, spiele sich stets ein abwechslungsreiches Schauspiel ab. „Morgens kommen die Jogger und lesen ihre Zeitung. Später treff en Besucher zum Lunch ein. Andere bringen ihre Laptops mit und arbeiten still vor sich hin. Abends sind wir ein Forum für künstlerischen und intellektuellen Austausch. Unsere Pavillons gehören im Sommer zu den am meisten genutzten Orten in London.“ Im Herbst werden die Pavillons verkauft. „Vierzig Prozent unserer Kosten werden durch den Verkauf der Pavillons beglichen“, bestätigt die Galerie. Zaha Hadids Beitrag aus dem Jahr 2000 wurde von der Royal Shakespeare Company erworben und stand – bis er 2004 an einen Freizeitpark überging – als Sommerhaus für Lesungen und Workshops vor ihrem Theater in Stratford-upon-Avon. Spätere Konstruktionen schmücken die Gärten von Privatsammlern, deren Identität die Galerie nicht bekannt gibt. Man weiß nur, dass sich gleich drei Pavillons im Besitz eines einzigen Sammlers befi nden. Architektur wird so zum Sammelobjekt. Peter Zumthor ist das eher suspekt: „Gebauter Raum ist ein Gebrauchsgegenstand“, sagt er nüchtern. „Ein Dach über dem Kopf, damit es nicht reinregnet.“ Solch konsequente Bodenständigkeit hat den 1943 in Basel geborenen Schweizer, der seine berufliche Karriere als Möbelschreiner begann, zur Kultfi gur gemacht. Jedes seiner Projekte basiert auf Präzision der Details, handwerklicher Gründlichkeit, dem schlüssigen Zusammenwirken von Topografi e, Material, Form und Licht. „Es ist immer der Ort, der mich inspiriert“, sagt der vielfach ausgezeichnete Purist. „Wenn man einen guten Auftraggeber hat, dem wirklich daran gelegen ist, etwas Besonderes zu schaff en“, so Zumthor, „dann entsteht Architektur, die in einer sinnlichen Verbindung zum Leben steht und über Form und Konstruktion weit hinausgeht.“ Über sein eigenes Design, das ab Juli im Hyde Park stehen wird, gibt er nur dies preis: „Stellen Sie sich einen Buben vor, der sich seine Träume verwirklicht. Er schaut sich den Ort an, überlegt, was er braucht, und macht seine Sache so harmonisch wie möglich.“ ¤ Weitere Informationen www.serpentinegallery.org Hans Ulrich Obrist Thinking the Future IV 57