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Sommer - Rudolf Steiner Schule Zürcher Oberland

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dert werden: Im persönlichen Bereich Kreativität, Innovation, Selbständigkeit,<br />

Selbsterkenntnis, Verantwortung, Flexibilität, Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit,<br />

Beharrlichkeit, Urteilsfähigkeit; im sozialen Bereich Wahrnehmung, Sensibilität,<br />

Teamfähigkeit, Konfliktfähigkeit, Kritikbereitschaft usw. Kurz: es ist echte Lebensschulung.<br />

Vergleicht man die Arbeit mit einer 8. Klasse und einer 12. Klasse, so ist man als Regisseur<br />

auf ganz andere Art gefordert. In der Pubertätszeit kann man von den Jugendlichen<br />

noch sehr wenig erwarten, was Interpretationsfähigkeit betrifft. Man muss<br />

noch alles vormachen können. Machen die Kinder der Kindheitsmitte die Gestaltungen<br />

weitgehend mehr oder wenig geschickt äusserlich nach, so wirkt es leer und<br />

linkisch oder sogar peinlich, wenn es bei den Pubertierenden äusserlich bleibt. Man<br />

hat die Aufgabe, durch das Beispiel die Jugendlichen innerlich zu treffen, ihre Seele<br />

in Bewegung zu bringen, so dass sie schliesslich von innen heraus gestalten. Hat<br />

man lange genug Zeit, an einer Rolle zu feilen, so können talentiertere Schüler schon<br />

in der Fortsetzung zu eigenen Interpretationen kommen, womit sie bereits eine gewisse<br />

innere Freiheit erlangen, Freiheit von ihrer eigenen Subjektivität. – 12.-Klässler<br />

stehen natürlich entwicklungsmässig an einem ganz anderen Punkt. Es ist das Alter<br />

der Individualisierung des Denkens, des Suchens der eigenen Persönlichkeit, so<br />

auch des eigenen Stils.<br />

Lassen sich Pubertierende noch sehr gut führen und in das Gesamtwerk stellen, ist<br />

es mit 12.-Klässlern wesentlich schwieriger. Man muss zwar immer noch viel vormachen,<br />

aber man muss sie auch vermehrt selber probieren lassen, was viele auch<br />

fordern. Die Persönlichkeitsfindung hat unter vielem anderen die Begleiterscheinung,<br />

dass die jungen Menschen oft wieder die Objektivität verlieren und sich in<br />

Lieblingsideen verrennen, so dass die Dinge nicht mehr zusammen passen (Erwachsene<br />

lassen sich wesentlich williger anleiten). Gerade während der Zeit der Individualisierung<br />

ist es von grossem Wert, sich auf neuem Niveau mit der Frage der Objektivität<br />

und Subjektivität auseinanderzusetzen, um die Individualisierung so zu begleiten,<br />

dass die jungen Menschen gleichzeitig suchen, wie und wo ihr Platz in der<br />

Gesellschaft ist, wie sie ihren Teil zur Allgemeinheit beitragen können.<br />

Noch ein paar Gedanken zur Arbeit mit der Sprache und dem Sprechen. Verschiedene<br />

Sprachstile, oft im Zusammenhang mit der Zeit, in welchen das Spiel geschrieben<br />

wurde, haben einen Zusammenhang mit Entwicklungsstufen der Heranwachsenden.<br />

So wie man mit den Fremdsprachen die Begegnung mit anderen Kulturen fördern<br />

kann, kann man dies auch mit Sprachstilen tun, welche durch ihre Verschiedenartigkeit<br />

in die Welt der Sprachkultur einführen. Wesentlich grössere Wirkung aber geht<br />

von der Tätigkeit des künstlerischen Sprechens aus. Mit dem Sprechen kann man die<br />

Schüler seelisch durchkneten, denn beim seelenerfüllten Sprechen findet die stärkste<br />

Offenbarung statt; man muss sich existentiell hineinbegeben. Gerade mit Puber-<br />

tierenden ist es aus besagten Gründen des Sich-Verschliessen-Wollens anfänglich<br />

teilweise sehr anstrengend, sie in Bewegung und zur Öffnung zu bringen. Man<br />

braucht so viel Geduld, bis das artikulierte, saubere Sprechen zur Selbstverständlichkeit,<br />

ja Gewohnheit wird, bis das Handhaben des Sprechwerkzeuges beherrscht<br />

wird. Aber erst wenn in das Sprechen Empfindung hineingelegt wird, wird es eine<br />

künstlerische Tätigkeit und nicht nur eine Technik. Dringen die Schüler zur Stufe des<br />

seelischen Sprechens vor, entwickeln sie grosse Freude daran; es macht ihnen sichtlich<br />

Spass. Man entdeckt die Kraft, die man mit dem Sprechen ausüben kann, sowie<br />

die Gestaltungsmöglichkeit, welche man unmittelbar zur Verfügung hat. Schon<br />

13-Jährige können zu dieser Fähigkeit vordringen und darin etwas wie kreative Freiheit<br />

erleben.<br />

Das Theaterspielen beinhaltet eine sehr grosse Vielzahl von pädagogischen Mitteln,<br />

um Kinder und Jugendliche auf das Leben vorzubereiten.<br />

Felix Zimmermann<br />

<strong>Sommer</strong>spiel 2006 von Marguerite Lobeck<br />

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