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Sommer - Rudolf Steiner Schule Zürcher Oberland

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sagt? Was tut sie? Was denkt sie? Was fühlt sie? Wie äussert sich das alles? Subtile<br />

Fragen, die nicht intellektuell oder psychologisch diskutiert werden müssen, die Antworten<br />

werden gegeben durch das Spielen der Figur.<br />

Prozess und Produkt<br />

Die Arbeit im Probeprozess ist für mich jedesmal wieder von neuem faszinierend.<br />

Wege finden, um zusammen mit den Spielenden ein Stück Leben auf die Bühne zu<br />

kriegen, ist für alle Beteiligten eine hohe Herausforderung und befriedigend zugleich.<br />

Die Arbeit ist so spannend, dass man denken könnte, es brauche am Ende<br />

gar keine Aufführung. Ist der Prozess nicht wesentlicher als das Produkt? Ich kenne<br />

Leute, die sagen, was soll‘s, wenn die jungen Menschen da oben auf der Bühne sich<br />

zieren und womöglich noch ihren Narzissmus schüren, der Weg ist das Ziel! – Learning<br />

by doing!... Nein, ich verzichte keinesfalls auf die Aufführungen. Die Aufführung<br />

als Ziel, als Premierendatum, als Stichtag, als Orientierung, als innere Einstellung ist<br />

so wichtig wie der Weg dazu. Der Prozess wäre niemals so intensiv, so herausfordernd,<br />

so existentiell, wenn die Arbeit nicht vor Publikum gezeigt werden könnte. Der<br />

Prozess und das Produkt bedingen sich gegenseitig. Ich könnte nicht nach einer Ge-<br />

12. Klass-Spiel 1990 Die Spielverderber von Michael Ende, Regie: Jeannot Hunziker<br />

neralprobe zum Ensemble sagen: «Das war’s, jetzt abschminken, umziehen, die Kostüme<br />

bitte in die chemische Reinigung, das Bühnenbild abbauen, wir räumen auf,<br />

danke für die Zusammenarbeit, tschüss!» Ich frage mich, ist eine Aufführung überhaupt<br />

ein Produkt? Ist eine Vorstellung bloss das Ergebnis intensiver Vorbereitung?<br />

Nein – Theaterspielen vor Publikum muss mehr sein als das Ergebnis langer Zusammenarbeit.<br />

Eine gute Aufführung ist immer noch Prozess, sie ist die konzentrierte<br />

Fortsetzung der Zusammenarbeit in gesteigerter Form. Jede Vorstellung muss einmalig<br />

sein, volles Leben im Moment. Jede Aufführung ist die einzige Gelegenheit, sich<br />

ganz hineinzugeben in den Prozess des Spielens. Nur so ist die Möglichkeit gegeben<br />

für den «Einschuss von Kunst». Kunst kann man nicht machen, von Kunst muss man<br />

überrascht werden können. Die französische Regisseurin Arianne Mnouchkine hat in<br />

einer Probe einmal zu ihren Schauspielern gesagt: «Il ne faut pas inventer, il faut<br />

découvrir!» Kunst muss man entdecken, wie eben auch das richtige Theaterstück,<br />

welches nach langer Suche ganz unverhofft aus einer geheimnisvollen Ecke auftaucht<br />

– entdecken, wie die Figur die wenige Tage vor der Premiere aufknackt – wie<br />

eine Mohnblüte.<br />

Jeannot Hunziker<br />

Jeannot Hunziker besuchte die <strong>Rudolf</strong>-<strong>Steiner</strong>-<strong>Schule</strong>, dann das Lehrerseminar<br />

Unterstrass in Zürich. 1969 bis 1971 machte er eine Theaterausbildung an der Ecole<br />

Jacques Lecoq in Paris.<br />

Seither ist er tätig als freischaffender Theaterregisseur, Schauspieler, und Pädagoge.<br />

Er unterrichtete an der Schauspiel-Akademie, der Piccola Commedia dell‘Arte, der<br />

comart und bei Till-Theaterpädagogik in Zürich.<br />

Jeannot Hunziker führte zwischen 1989 und 2005 bei acht 12. Klass-Theaterproduktionen<br />

an der <strong>Rudolf</strong> <strong>Steiner</strong> <strong>Schule</strong> Wetzikon Regie.<br />

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