Was geschieht seitdem? - GdF Gewerkschaft der Flugsicherung eV
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<strong>der</strong> fl ugleiter 2010/04<br />
Incidents<br />
62<br />
✈ Die „Runway-in-Use“ passte nicht zur „required<br />
landing distance“ eines A340-600. Hier die erste<br />
Maschine dieses Typs in Toulouse.<br />
Photo: Airbus Industrie<br />
✈ Nach Erklärung <strong>der</strong> Luftnotlage gelandet –<br />
American Airlines B767<br />
Photo: H. M. Helbig<br />
Frage, weshalb sie sich nicht rechtzeitig nach einem<br />
„passenden“ Ausweichfl ughafen umgesehen hatte.<br />
Allerdings wissen auch die Controller, dass Piloten<br />
natürlich zu jener Destination fl iegen wollen, für<br />
welche <strong>der</strong> Flugplan aufgegeben wurde. „Diverting“<br />
kostet nur Zeit und Geld und das ist zu Zeiten eines<br />
harten Konkurrenzkampfes nicht unbedingt das, was<br />
die Airlines und ihre Passagiere wollen.<br />
Bei <strong>der</strong> B767-Besatzung liegt die Sache wohl etwas<br />
an<strong>der</strong>s. Denn die Tatsache, dass sie den Controllern<br />
so gut wie keine Gelegenheit geboten hat, sie für<br />
einen Anfl ug auf die 31R einzuplanen, ist einigermaßen<br />
erstaunlich. Zumal die Piloten sicher wissen mussten,<br />
dass das Verkehrsaufkommen in New York nicht<br />
gerade als gering einzustufen und es für die Controller<br />
nicht ganz einfach ist, eine optimale Anfl ugfolge<br />
aufzustellen. Dazu kommt, dass Boeing die maximale<br />
Seitenwindkomponente für eine B767 mit 40 Knoten<br />
angibt. Vorausgesetzt die Landung erfolgt auf einer<br />
trockenen Piste. Allerdings ist nicht bekannt, welche<br />
Werte American Airlines ihren Piloten vorgegeben hat.<br />
Doch die Tatsache, dass <strong>der</strong> Kapitän mit <strong>der</strong> abrupten<br />
Erklärung <strong>der</strong> Luftnotlage die Controller unter<br />
Druck gesetzt und eine sofortige Landung auf <strong>der</strong> 31R<br />
gewissermaßen erzwungen hatte, führte in den USA<br />
zu einigen Diskussionen. So fragten diverse Beobachter,<br />
ob sich vielleicht <strong>der</strong> Kapitän zu dieser Maßnahme<br />
gezwungen sah. Weil er aufgrund <strong>der</strong> verbleibenden<br />
Treibstoffmenge den Controllern nicht ausreichend<br />
Zeit, eine Landung auf <strong>der</strong> 31R zu koordinieren, einräumen<br />
konnte und des weiteren nicht das Wagnis eines<br />
„Overshoots“ auf <strong>der</strong> 22L mit dem anschließenden<br />
Fehlanfl ugverfahren eingehen wollte? Um nicht missverstanden<br />
zu werden: dies soll kein Vorwurf gegenüber<br />
<strong>der</strong> American-Besatzung sein. Sie wird für ihr<br />
Handeln durchaus nachvollziehbare Gründe gehabt<br />
haben. Aber es stellt sich die Frage, ob sie an diesem<br />
Tag den Spagat zwischen <strong>der</strong> Wirtschaftlichkeit und<br />
einer sicheren Flugdurchführung, in diesem Fall die<br />
Notwendigkeit, sich rechtzeitig für ein „Alternate“ zu<br />
entscheiden, nicht geschafft hat?<br />
Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite muss natürlich auch das Verhalten<br />
<strong>der</strong> Controller kritisch betrachtet werden.<br />
Denn ein wichtiges Kriterium bei <strong>der</strong> Festlegung <strong>der</strong><br />
„Runway-in-Use“ sind Windrichtung und Windstärke.<br />
Sowohl in Houston als auch in New York wäre es sinnvoller<br />
gewesen, eine an<strong>der</strong>e Betriebsrichtung festzulegen.<br />
Allerdings gibt es für die Controller noch an<strong>der</strong>e<br />
Gründe, sich für die „Runway(s)-in-Use“ zu entscheiden.<br />
Einer davon ist eine optimale Betriebsabwicklung.<br />
Deshalb ist aus diesem Grund sowohl die Entscheidung<br />
<strong>der</strong> Controller in Houston als auch die ihrer<br />
Kollegen in New York durchaus nachzuvollziehen. In<br />
Houston wären die beiden Parallelpisten 15L/33R<br />
bzw. 15R/33L unter Berücksichtigung <strong>der</strong> Windrichtung<br />
wohl die bessere Lösung gewesen. Allerdings ist<br />
<strong>der</strong> Abstand zwischen den beiden Pisten so gering,<br />
dass sie für einen gleichzeitigen Parallelbetrieb nicht<br />
geeignet sind. Ganz an<strong>der</strong>s sieht es für die an<strong>der</strong>en<br />
Pisten aus. Sie liegen weit genug auseinan<strong>der</strong> und<br />
stehen für eine optimale Verkehrsabwicklung. So ist<br />
es nicht weiter verwun<strong>der</strong>lich, dass sich die Controller<br />
für diese Konstellation entschieden haben. Zumal <strong>der</strong><br />
Nordostwind nur mit zehn Knoten als nicht beson<strong>der</strong>s<br />
stark angesehen wurde.<br />
Dass sich die New Yorker Controller trotz des starken<br />
Nordwestwindes nicht für die 31R, son<strong>der</strong>n für den<br />
Betrieb auf den Pisten 22L und 22R entschieden<br />
haben, ist irgendwie zu verstehen. Bekanntlich stand<br />
die Hauptpiste 31L nicht zu Verfügung, so dass die<br />
Abwicklung des nicht gerade geringen Verkehrsaufkommens<br />
auf nur einer Piste zu großen Verzögerungen<br />
geführt hätte.<br />
Dass die Controller in beiden Fällen einer effi zienten<br />
Verkehrsabwicklung den Vorrang gegeben haben, ist<br />
aus wirtschaftlichen Gründen durchaus zu verstehen.<br />
Denn nicht nur die Controller in den USA sehen sich<br />
gezwungen, den Spagat zwischen <strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>lichen<br />
Sicherheit und einer effektiven Verkehrsabwicklung<br />
zu meistern. Dass die Sicherheit dabei immer im Vor<strong>der</strong>grund<br />
stehen muss, versteht sich von selbst. Bei<br />
<strong>der</strong> Diskussion, wie man die Kapazität <strong>der</strong> <strong>Flugsicherung</strong><br />
und <strong>der</strong> Flughäfen noch steigern kann, darf dies<br />
nicht in den Hintergrund treten.