Thesen - Deutscher Juristentag
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<strong>Thesen</strong> zum Zivilrecht<br />
des unternehmerischen Rechtsverkehrs, als dies nach der derzeitigen deutschen Rechtsprechung<br />
möglich ist. Dieses strenge deutsche AGB-Recht für B2B-Geschäfte ist ein Standort-<br />
Nachteil für Deutschland und für die Wahl deutschen Rechts.<br />
4. Insbesondere die Anforderungen der Rechtsprechung an die wirksame Begrenzung wie<br />
auch den wirksamen Ausschluss der Haftung für – leichte und grobe – Fahrlässigkeit in dem<br />
deutschen Recht unterliegenden AGB ist Kaufleuten im In- und Ausland kaum vermittelbar<br />
und erfordert auch unter deutschen Juristen Spezialkenntnisse.<br />
5. AGB sind im B2B-Bereich sinnvoll und unverzichtbar; Individualverträge sind keine<br />
realistische Alternative. Wohl aber kommt Individualabreden bezüglich einzelner Teile von<br />
Vertragswerken eine wichtige Bedeutung zu.<br />
6. Sprachlich und technisch ist es kaum möglich, Klauseln so auszugestalten, dass sie nicht<br />
Gefahr laufen, als AGB angesehen zu werden.<br />
II. Zur Kritik des geltenden AGB-Rechts<br />
7. Der Anwendungsbereich des AGB-Rechts ist zu weit:<br />
7.1 Jeder Unternehmer, der – selbst zur Vorbereitung von Vertragsverhandlungen – Klauselvorschläge<br />
unterbreitet, befindet sich im Regelfall automatisch im Anwendungsbereich des<br />
AGB-Rechts, da die Rechtsprechung sehr niedrige Anforderungen an die Merkmale „vorformuliert“<br />
und „für eine Vielzahl von Verträgen“ stellt.<br />
7.2 Die Rechtsprechung stellt sehr hohe Anforderungen an das Merkmal des „Aushandelns“,<br />
die jedenfalls über das im kaufmännischen Bereich übliche Verständnis des Verhandelns von<br />
Verträgen oder Konditionen weit hinausgehen, sodass das Vorliegen einer Individualabrede<br />
entweder nicht vorliegt oder sich jedenfalls nicht sicher annehmen lässt.<br />
7.3 Insbesondere die Erfordernisse der Rechsprechung, dass<br />
(i) der Verwender den gesetzfremden Kerngehalt seiner AGB, die er ganz oder teilweise<br />
„verhandeln“ möchte, dem Vertragspartner „inhaltlich zur Disposition stellen“ muss,<br />
(ii) im Regelfall ein Aushandeln nur bei einer Textänderung angenommen werden kann,<br />
(iii) bei Fehlen von Textänderungen nur unter besonderen Umständen bzw. ausnahmsweise<br />
eine Klausel bzw. ein Vertrag als Ergebnis eines Aushandelns gewertet werden<br />
kann und<br />
(iv) die in Verhandlungen völlig üblichen „Paketlösungen“ – Zugeständnis bei einer<br />
kritischen Klausel gegen Entgegenkommen im Preis oder bei einer anderen für den<br />
Vertragspartner wichtigeren Klausel – ignoriert werden (und deshalb rechtlich hoch<br />
riskant sind),<br />
führen dazu, dass Rechtsprechungsanspruch und Verhandlungsrealität zu häufig zu weit auseinander<br />
fallen.<br />
7.4 Die „back to back“-Klauselweitergabe in Kettenverträgen ist rechtlich nach diesen Anforderungen<br />
der Rechtsprechung an AGB kaum möglich.<br />
7.5 Die umfassende Inhaltskontrolle, wie sie von der Rechtsprechung im B2B-Bereich entwickelt<br />
wurde, begünstigt den Vertragspartner, der sich nicht oder nur (sehr) eingeschränkt<br />
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