20.04.2013 Aufrufe

Thesen - Deutscher Juristentag

Thesen - Deutscher Juristentag

Thesen - Deutscher Juristentag

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

69. <strong>Deutscher</strong> <strong>Juristentag</strong> München 2012<br />

2. Indienstnahme der AG für gesellschaftspolitische Anliegen – Zur Frage einer Frauenquote<br />

(3) Die Aktiengesellschaft sieht sich der Gefahr einer zunehmenden Indienstnahme für<br />

gesellschaftspolitische Anliegen ausgesetzt. Neben der – immerhin einen Corporate-Governance-Bezug<br />

aufweisenden – unternehmerischen Mitbestimmung ist vor allem die Forderung<br />

nach stärkerer Repräsentanz von Frauen in den Gesellschaftsorganen zu nennen.<br />

(4) Eine gesetzliche Frauenquote wäre, auch wenn sie auf den Aufsichtsrat beschränkt würde,<br />

ein aktienrechtlicher Fremdkörper und würde die durch die mitbestimmungsrechtlichen<br />

Gesetze und durch §§ 100 Abs. 5, 107 Abs. 4 AktG ohnehin schon erheblich eingeschränkte<br />

Wahlfreiheit der Aktionäre in bedenklicher Weise weiter einengen. Der Kreis der in eine<br />

gesetzliche Frauenquote einzube ziehenden Gesellschaften ließe sich nicht ohne Inkaufnahme<br />

von Wertungswidersprüchen begrenzen; namentlich fehlt es an einem sachlichen Zusammenhang<br />

mit der Börsennotierung und der Mitbestimmung der Gesellschaft. Wollte man mitbestimmte<br />

Gesellschaften einer gesetzlichen Frauenquote unterstellen, wäre die Quote auf den<br />

Gesamtaufsichtsrat zu beziehen.<br />

II. <strong>Deutscher</strong> Corporate Governance Kodex<br />

1. Grundlagen<br />

(5) Der Deutsche Corporate Governance Kodex und der comply or explain-Mechanismus<br />

des § 161 AktG haben sich im Grundsatz bewährt. Der Gesetzgeber sollte freilich akzeptieren,<br />

dass Kodexempfehlungen und Entsprechenserklärung Instrumente der Selbstregulierung<br />

sind, die Marktmechanismen in Gang setzen sollen und denen die Befugnis zur Nichtbefolgung<br />

immanent ist; von einem die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung auslösenden<br />

Scheitern einer Kodexempfehlung kann deshalb nicht schon dann die Rede sein, wenn sich ein<br />

nicht unerheblicher Teil der betroffenen Gesellschaften für die Nichtbefolgung der Empfehlung<br />

entscheidet. Auch sollte der Gesetzgeber – ungeachtet der Verfassungskonformität des<br />

§ 161 AktG – die Zusammensetzung, die Amtsdauer und das Verfahren bei Kodexänderungen<br />

regeln und in diesem Zusammenhang insbesondere ein obligatorisches Konsultationsverfahren<br />

vorsehen.<br />

(6) Ein europäischer Kodex ist schon in Ermangelung einer hinreichenden Harmonisierung<br />

der Vorschriften über die Corporate Governance der AG nicht zu empfehlen. Bindende<br />

oder zumindest empfehlende Regelungen auf EU-Ebene, mit denen den Mitgliedstaaten<br />

die Schaffung eines Kodex, dessen Mindestinhalt, die An forderungen an die Entsprechenserklärung<br />

und die Überwachung dieser Erklärung vorgegeben werden, sind hingegen nicht<br />

ausgeschlossen.<br />

(7) Die Entsprechenserklärung verschafft nicht nur gegenwärtigen und potentiellen Aktionären<br />

der erklärungspflichtigen Gesellschaft, sondern sämtlichen Anlegern und damit insbesondere<br />

auch Anleihegläubigern für ihre jeweilige Anlageentscheidung relevante Informationen.<br />

Es wäre deshalb konsequent, die Erklärungspflicht auf sämtliche kapitalmarktorientierte<br />

Gesellschaften im Sinne des § 264 d HGB zu erstrecken, was freilich die Notwendigkeit mit<br />

54

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!