Thesen - Deutscher Juristentag
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<strong>Thesen</strong> zum Öffentlichen Recht<br />
16. Soweit bestehende Beteiligungsregelungen Einschränkungen der Beteiligungsbefugnis<br />
insgesamt oder in einzelnen Beteiligungsphasen auf die in ihren Belangen oder Rechten<br />
berührten Personen enthalten oder die Fakultativstellung eines Erörterungstermins vorsehen,<br />
sind sie durch die Einführung einer allgemeinen Öffentlichkeitsbeteiligung mit obligatorischer<br />
mündlicher Erörterung zu ändern.<br />
17. Für die Bekanntmachung von Beteiligungsschritten in projektbezogenen Verfahren<br />
sollten Mindestbekanntmachungsfristen von zwei Wochen, für die Auslegung von Unterlagen<br />
incl. Stellungnahme eine Frist von sechs bis acht Wochen statuiert werden.<br />
18. Während die Einführung von projektbezogenen Instrumenten direktdemokratischer Entscheidung<br />
auf Bundesebene nicht sinnvoll ist, sollte auf landesrechtlicher Ebene die Eröffnung<br />
von Volksbegehren und -entscheid über die vollständige oder teilweise Finanzierung von raumbedeutsamen<br />
Vorhaben, die sich auf eine größere Zahl von Betroffenen auswirken können, aus<br />
staatlichen Mitteln erwogen werden. Das Zustimmungsquorum sollte ein Minimum von 20 %<br />
nicht unterschreiten. Eine entsprechende Regelung wird für Bürgerbegehren und -entscheid<br />
auf kommunaler Ebene hinsichtlich zumindest teilweise kommunal finanzierter Vorhaben<br />
empfohlen.<br />
19. Darüber hinaus wird die Streichung der Bauleitplanung aus dem Katalog der einem<br />
Bürger entscheid entzogenen Gegenstände der Gemeindeordnungen vorgeschlagen, wobei<br />
klargestellt werden sollte, dass weder ein bereits beschlossener Bauleitplan durch Bürgerentscheid<br />
aufgehoben noch ein Bauleitplan durch Bürgerentscheid beschlossen werden kann.<br />
20. Die notwendigen Änderungen des Verwaltungskostenrechts sollten hinsichtlich der dem<br />
Projektträger zu Last fallenden Gebühren sowohl das Verhältnis zwischen dem politischen<br />
Interesse an einer Intensivierung der Bürgerbeteiligung und dem projektbezogenen Interesse<br />
des Projektträgers angemessen gewichten als auch zwischen unterschiedlichen Projektträgern<br />
und Projekten, auch mit Blick auf das Gesamtinvestitionsvolumen, differenzieren.<br />
<strong>Thesen</strong> zum Referat von Rechtsanwalt Prof. Dr. Klaus-Peter Dolde, Stuttgart<br />
I. Aufgabe von Planungs- und Zulassungsverfahren<br />
1. Staatliche und kommunale Planung ist hoheitlich verantwortete originäre Raumnutzungsentscheidung,<br />
die ausschließlich dem öffentlichen Planungsträger obliegt. Demgegenüber<br />
hat das Zulassungsverfahren (Planfeststellung als „nachvollziehende Abwägung“,<br />
Genehmigung) primär die Aufgabe, eine sachgerechte und rechtmäßige Entscheidung über<br />
das vom Antragsteller geplante Vorhaben herbeizuführen, und zwar in überschaubarer Zeit<br />
unter Berücksichtigung aller relevanten Gesichtspunkte.<br />
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