Thesen - Deutscher Juristentag
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69. <strong>Deutscher</strong> <strong>Juristentag</strong> München 2012<br />
F. Persönlichkeitsschutz<br />
18. Die Möglichkeit zur anonymen Meinungsäußerung ist eine berechtigte Form der Kommunikations-<br />
und Meinungsfreiheit im Internet und von unverzichtbarer Bedeutung speziell,<br />
aber nicht nur in nicht vollständig freien Gesellschaften. Allerdings verdienen anonyme Äußerungen<br />
einen geringeren Schutz als solche unter (auflösbarem) Pseudonym oder dem tatsächlichen<br />
Namen.<br />
19. Das etablierte Verantwortlichkeitsregime für Intermediäre in E-Commerce-Richtlinie<br />
und TMG hat sich bewährt und sollte aufrecht erhalten bleiben; dies schließt ausdrücklich<br />
Plattformen zur Kommunikation und Meinungsäußerung ein.<br />
20. Notice-and-Takedown-Verfahren, die eine wichtige Rolle im Bereich der Verletzung geistigen<br />
und gewerblichen Eigentums spielen können, eignen sich wegen drohender Missbräuche<br />
zur Unterdrückung von Meinungs- und Informationsfreiheit nur eingeschränkt im Bereich<br />
der Meinungsäußerung. Ihr Einsatz ist allerdings dort denkbar, wo Äußerungen im Schutze<br />
der Anonymität getätigt werden und der Äußernde damit selbst nicht zur Rechenschaft<br />
gezogen werden kann.<br />
<strong>Thesen</strong> zum Referat von Prof. Paul M. Schwartz, J.D., Berkeley<br />
1. Das „Privacy White Paper“ (Weißbuch zum Datenschutz) der Obama-Administration<br />
setzt auf „Anschlussfähigkeit“ (Interoperabilität) als maßgebliche Zielsetzung für den internationalen<br />
Datenschutz. Dieses Ziel ist nicht neu: Die Europäische Union und die USA<br />
engagieren sich seit mehreren Jahrzehnten dafür, ihre jeweiligen Datenschutzregimes funktionsfähig<br />
aufeinander abzustimmen. Daraus folgt, dass Reformvorschläge auf nationaler<br />
Ebene danach zu beurteilen sind, inwieweit sie Konflikte zwischen den nationalen Regelungen<br />
vergrößern oder vermindern.<br />
2. Das derzeitige Datenschutzrecht in Deutschland fußt auf starken verfassungsrechtlichen<br />
Standards sowie umfassenden und sektorspezifischen Einzelgesetzen. Die Rechtsdurchsetzung<br />
erfolgt über unabhängige Datenschutzbeauftragte des Bundes und der Länder, behördliche<br />
Datenschutzbeauftragte sowie individuelle Verletzungsklagen. Im Gegensatz hierzu<br />
ordnet das Recht der Vereinigten Staaten von Amerika den Datenschutz über ein Flickwerk<br />
von Regeln, die große Bereiche frei von jeder formellen Regulierung lassen.<br />
3. Die US-amerikanische Regulierung ist allerdings auch gekennzeichnet durch das Risiko<br />
millionenschwerer Bußgelder der Federal Trade Commission (FTC) und Sammelklagen, die<br />
den Unternehmen starke Anreize vermitteln, in Compliance-Mechanismen zu investieren.<br />
4. Vorschläge zur Einführung einer starken Einwilligungs- und Widerspruchslösung sind<br />
vereinbar mit dem US-Recht. Die FTC versucht nämlich, sowohl die Transparenz der Datenverarbeitung<br />
zu erhöhen als auch einen Schutz gegen „gebrochene Versprechen“ der Unternehmen<br />
zu gewähren.<br />
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