Thesen - Deutscher Juristentag
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69. <strong>Deutscher</strong> <strong>Juristentag</strong> München 2012<br />
der Besitzbegriff geklärt werden. Das mit zahlreichen sich überschneidenden Tathandlungen<br />
überaus komplexe Pornografiestrafrecht bedarf einer Zusammenfassung und Konzentration.<br />
Im Jugendschutzstrafrecht darf die Beurteilung von strafbaren Inhalten nicht – wie es derzeit<br />
der Fall ist – davon abhängen, ob sie auf körperlichen Datenträgern oder im Internet verbreitet<br />
werden.<br />
3. Strafprozessrecht<br />
Das Strafprozessrecht erfordert Reformen vor allem im Bereich der Eingriffsermächtigungen,<br />
die noch in erheblichem Umfang an körperlichen Beweisgegenständen orientiert sind.<br />
Zu schaffen ist:<br />
a) eine spezielle Norm zur Quelldatenkommunikationsüberwachung, die durch technische<br />
und rechtliche Vorgaben den Zugriff auf Nicht-Telekommunikationsdaten so<br />
weit wie möglich ausschließt und die gegenwärtig in verfassungswidriger Weise auf der<br />
vermeintlichen Grundlage des § 100 a StPO praktizierte Quellen-TKÜ ermöglicht,<br />
b) eine gesetzliche Klarstellung zur Durchsuchung, die diese als offene Maßnahme definiert<br />
und damit laufende oder heimliche Überwachungen insbesondere beim E-Mail-<br />
Provider nur unter den Voraussetzungen der Telekommunikationsüberwachung<br />
erlaubt,<br />
c) eine eigenständige Regelung der Herausgabepflichten für Daten, die die Besonderheiten<br />
der Herausgabe von unkörperlichen Objekten im Vergleich zur Herausgabe<br />
von körperlichen Gegenständen berücksichtigt (z. B. mit Ausdruck-, Entschlüsselungs-<br />
und Mitwirkungspflichten),<br />
d) spezielle Herausgabepflichten für Verkehrsdaten und (erweiterte) Bestandsdaten,<br />
die auch die Identifikation der Nutzer von bestimmten IP-Nummern in einem rasch<br />
durchsetzbaren Abrufverfahren erfassen und die innerhalb der vom Bundesverfassungsgericht<br />
eingeräumten Übergangsfrist geschaffen werden müssen,<br />
e) spezielle Bestimmungen zur Entschlüsselung und Entsicherung von Computerdaten<br />
und digitalen Endgeräten (insbes. Offenbarungspflichten und decryption orders),<br />
f) ein Eilverfahren zur vorläufigen Sicherstellung von Daten (quick freezing).<br />
Darüber hinaus können für den Zugriff auf Daten und deren Beweisverwertung Empfehlungen<br />
entwickelt und in die Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren aufgenommen<br />
werden. Die allgemeine Ausbildung und die Schaffung von spezialisierten Stellen der Ermittlungsbehörden<br />
und der Justiz sowie deren Vernetzung – auch mit ausländischen Stellen –<br />
sollten weiter intensiviert werden.<br />
4. Gefahrenvorsorge und Prävention<br />
a) Eine allgemeine Empfehlung zu der aktuell umstrittenen Vorratsdatenspeicherung ist<br />
im Rahmen der Gutachtenfrage nicht möglich, da die Problematik weit über die vorliegende<br />
Themenstellung hinausgeht. Für eine entsprechende allgemeine Empfehlung fehlt derzeit auch<br />
eine ausreichende Datengrundlage.<br />
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