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Thesen - Deutscher Juristentag

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<strong>Thesen</strong> zum Wirtschaftsrecht<br />

fünf Jahre auf zehn Jahre ein Schritt in die falsche Richtung. Notwendig erscheint vielmehr<br />

ein Korrektiv in Hinblick auf die besondere Schadensgeneigtheit der Organtätigkeit, d. h. der<br />

Wahrscheinlichkeit eines hohen Schadenseintritts auch bei leichten Fehlern. Zugleich sollte<br />

nach einer auch verfassungsrechtlich wünschenswerten klareren Abgrenzung der zivilrechtlichen<br />

Verantwortung von der deliktischen Untreue gesucht werden.<br />

Für Verbesserungen bei der Prüfung und Durchsetzung von Ersatzansprüchen bieten die vom<br />

BGH in der ARAG/Garmenbeck-Entscheidung aufgestellten Grundsätze eine gute Grundlage.<br />

Mit einer Inkorporation in das Aktiengesetz nach dem erfolgreichen Beispiel der Business<br />

Judgement Rule könnte diesen Grundsätzen stärkere Geltung verschafft werden. Dabei sollte<br />

jedoch – abgestimmt auf den Haftungsrahmen für leichte oder grobe Fahrlässigkeit – ein<br />

Ermessensspielraum des Aufsichtsrats bei der Geltendmachung von Ersatzansprüchen klarer<br />

definiert werden, als dies der BGH getan hat.<br />

Eine Abschaffung des Minderheitsquorums für das Klagezulassungsverfahren nach § 148<br />

AktG sollte mit Rücksicht auf das Missbrauchspotential nicht erfolgen. In Hinblick auf die<br />

Kontrolle der Vorstandstätigkeit besteht für Erleichterungen der Aktionärsklage auch kein<br />

Anlass, sofern die entsprechende Verantwortung des Aufsichtsrats im Sinne des Vorstehenden<br />

zufriedenstellend geregelt ist. Ein Prüfungsbedarf könnte nach der Arithmetik des Zuständigkeitsgefüges<br />

eher in Hinblick auf die Kontrolle der Aufsichtsratstätigkeit gesehen werden.<br />

Wird eine Anpassung des § 148 AktG für notwendig erachtet, könnte mit großer Vorsicht die<br />

Begrenzung der Klagezulassung auf Fälle der „Unerträglichkeit einer Nichtverfolgung“ überdacht<br />

werden.<br />

II. Einfluss des Aufsichtsrechts auf die aktienrechtlichen Regeln zur Unternehmensführung<br />

1. Bei der viel diskutierten Ausstrahlungswirkung des Aufsichtsrechts auf die Corporate<br />

Governance des Aktienrechts muss unterschieden werden, ob es eine Grundlage für eine rechtliche<br />

Bindungswirkung dieser Ausstrahlung gibt oder ob das Aufsichtsrecht lediglich eine<br />

Erkenntnisquelle für die Weiterentwicklung eines Best Practise Standards sein kann. Hierzu<br />

ist auf den jeweiligen Schutzzweck der Regelwerke abzustellen. Die deutlich konkreteren<br />

Verhaltensanforderungen des Wirtschaftsaufsichtsrechts an die Unternehmensführung haben<br />

einen gewerbepolizeilichen Ursprung und dienen der speziellen Zielsetzung des Funktionsschutzes<br />

der Märkte sowie des Kundenschutzes. In Ermangelung der Vergleichbarkeit scheidet<br />

eine Ableitung mit rechtlicher Bindungswirkung daher aus.<br />

2. Ungeachtet der Unterschiede im Hinblick auf den Schutzzweck und die Regelungstiefe<br />

kann das Aufsichtsrecht mit Rücksicht auf den Gleichlauf bestandssichernder Grundsätze als<br />

Erkenntnisquelle für bestimmte Fragestellungen der Unternehmensführung dienen.<br />

a) Dies gilt insbesondere für die Fragen der Geschäftsorganisation, die im Aktiengesetz<br />

nur rudimentär angesprochen sind. So wächst aufgrund der steigenden Unsicherheit<br />

über das Bestehen von Organisationspflichten im Bereich des Risikomanagements<br />

und der Compliance und aufgrund der diesbezüglichen Inkonsistenzen in den Regelwerken<br />

(z. B. zwischen § 91 Abs. 2 AktG und § 107 Abs. 3 S. 2 AktG) der Bedarf einer<br />

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