Thesen - Deutscher Juristentag
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69. <strong>Deutscher</strong> <strong>Juristentag</strong> München 2012<br />
Gesetzesänderungen geben, sind besser in der Gesetzesbegründung – dort aber ausführlich –<br />
darzustellen.<br />
14. Insgesamt ist die (in der Rechtsprechung herausgebildete) Gleichbehandlung des unternehmerischen<br />
und privaten Geschäftsverkehrs zukünftig zu vermeiden.<br />
<strong>Thesen</strong> zum Referat von Prof. Dr. Eva-Maria Kieninger, Würzburg<br />
A. Die Omnipräsenz der Informationspflichten<br />
1. Die Pflichten zur Weitergabe standardisierter Informationen über Produktmerkmale und<br />
Vertragsinhalte sind eine tragende Säule der gegenwärtigen Architektur des Verbrauchervertragsrechts.<br />
2. Die grenzüberschreitende Marktöffnung innerhalb der EU, die daraus folgende partielle<br />
Zurück drängung aufsichtsbehördlicher Maßnahmen und zwingenden Rechts sowie die<br />
Orien tierung am Leitbild des mündigen Verbrauchers haben der flächendeckenden Statu ie -<br />
rung von Informationspflichten Vorschub geleistet.<br />
3. Fast ebenso omnipräsent wie die Pflicht zur Konsumenteninformation ist die wissenschaftliche<br />
Kritik hieran. Sie entzündet sich am offensichtlichen Versagen der Informationspflichten<br />
und stützt sich hierbei auf gesicherte Erkenntnisse der kognitiven Psychologie und<br />
der Verhaltensökonomie.<br />
B. Ursachen für das Versagen des Informationsparadigmas<br />
I. Gesetzgeber<br />
4. Vorschriften über den Inhalt von Informationen, insbesondere Musterbelehrungen, orientieren<br />
sich am üblichen „Gesetzgebungsjargon“, sind im Hinblick auf ihre Justiziabilität und<br />
Durchsetzbarkeit gegenüber den verpflichteten Unternehmen formuliert und nehmen keine<br />
Rücksicht auf den Verständnishorizont der Adressaten.<br />
5. Nach der derzeitigen Rechtslage gibt es keine Anreize, Verbraucher so zu informieren, dass<br />
der Inhalt sie tatsächlich erreicht. Der Gesetzgeber verhindert Abweichungen von unverständlichen<br />
Musterbelehrungen, indem er allein an die Verwendung des gesetzlich vorgeschriebenen<br />
Musters die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit knüpft.<br />
6. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass Informationspflichten keine oder nur geringe<br />
Kosten verursachen. Weiterhin wird jeder Vertragstyp im Gesetzgebungsprozess für sich<br />
betrachtet. Eine Gesamtschau aller von den Konsumenten zu verarbeitenden Informationen<br />
vom Arzneimittelbeipackzettel bis zum Zahlungsdiensterahmenvertrag findet daher im<br />
Gesetzgebungsprozess nicht statt.<br />
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