Thesen - Deutscher Juristentag
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69. <strong>Deutscher</strong> <strong>Juristentag</strong> München 2012<br />
37. Für automatisierte Datensammeldienste (Suchmaschinen, Cookies etc.) müssen Widerspruchsregister<br />
eingeführt werden.<br />
38. Über § 9 BDSG hinaus sind Pflichten für ein Datenschutzmanagementsystem einzuführen,<br />
die auch im Rahmen von Auditierungen geprüft und zertifiziert werden können.<br />
39. Für zivilrechtliche Ansprüche ist ein Verbandsklagerecht einzuführen, das auch Gewinnabschöpfungsansprüche<br />
durchsetzen kann.<br />
40. Eine pauschalierte Haftung für immaterielle Schäden ist abzulehnen; vielmehr sollte es<br />
der Rechtsprechung überlassen bleiben, geeignete Fallgruppen unter Einbeziehung von Präventiveffekten<br />
und Leitlinien für die Schmerzensgeldbemessung zu entwickeln.<br />
<strong>Thesen</strong> zum Referat von BlnBDI Dr. Alexander Dix, LL.M., Berlin<br />
1. Datenverarbeitung im Internet findet zwar grenzüberschreitend, aber nicht „ortlos“<br />
oder nur virtuell statt. Sie wird von Unternehmen, öffentlichen Stellen und Personen unter<br />
Nutzung von Servern in der realen Welt durchgeführt. Datenverarbeitung im Internet kann<br />
deshalb reguliert werden. Die Durchsetzung entsprechender Regeln ist grenzüberschreitend<br />
sicherzustellen.<br />
2. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Grundrecht auf Datenschutz) schützt<br />
die Handlungs-, Wahl- und Verhaltensfreiheit des Einzelnen auch im Internet. Es beschränkt<br />
sich nicht auf den Schutz der Privat- oder Intimsphäre oder auf sensitive Daten.<br />
3. Die informationelle Selbstbestimmung als wesentliche Funktionsbedingung für freiheitliche<br />
Kommunikation ist Voraussetzung für die Wahrnehmung anderer Grundrechte und<br />
deshalb selbst konstitutive Voraussetzung für eine demokratische Gesellschaft. Das gilt nicht<br />
nur im Verhältnis zu staatlicher Gewalt, sondern auch zu privater Informationsmacht, wie sie<br />
sich gerade im Internet zunehmend konzentriert.<br />
4. Die Grundrechte der Internet-Nutzer auf informationelle Selbstbestimmung und auf<br />
Integrität und Vertraulichkeit informationstechnischer Systeme sind zuvörderst durch das<br />
Datenschutzrecht zu konkretisieren. Verbraucherschutz-, AGB-, allgemeines Zivilrecht, Wettbewerbs-<br />
und Kartellrecht sollten den Schutz der Nutzer vor Beeinträchtigungen der informationellen<br />
Autonomie ergänzen. Allein durch zivilrechtliche Regelungen oder durch Rückgriff<br />
auf das AGB-Recht kann informationelle Selbstbestimmung nicht sichergestellt werden. Das<br />
Datenschutzrecht als Technikgestaltungsrecht hat eine wichtige, präventive Funktion, die<br />
über das Zivilrecht hinausgeht. Zudem wachen unabhängige Datenschutzbeauftragte über<br />
seine Einhaltung, die von Verfassungs wegen die Aufgabe des vorbeugenden Grundrechtsschutzes<br />
haben.<br />
5. Angesichts einer zunehmenden Oligopolisierung im Internet kann die Sicherung des<br />
informationellen Selbstbestimmungsrechts der Nutzer weder allein der Privatautonomie<br />
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