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Acta Laurentiana - von Jörg Dittmer

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Prüfe wenigstens, ob du einen geeigneten Diener erwählt hast! Dem Mann, dem<br />

du die Konsekration des Blutes unseres Herrn, dem du die Teilnahme am<br />

Vollzug der Sakramente anvertraut hast, dem willst du die Teilnahme an deinem<br />

Blutopfer verwehren? Gib acht, daß deine Urteilskraft nicht ins Schwanken<br />

kommt, während man deine Tugend lobt! Die Zurückweisung eines Schülers<br />

bedeutet einen Schaden für die Lehre. Warum? Weil berühmte und<br />

hervorragende Männer durch die Kämpfe ihrer Schüler ebenso wie durch die<br />

eigenen siegreich sind! Schließlich gab Abraham seinen Sohn preis, und Petrus<br />

ließ den Stephanus vorausgehen. Auch du, Vater, zeige in deinem Sohn deine<br />

Tugend! Gib den preis, den du dir herangezogen hast, damit du mit sicherem<br />

Urteil und edlem Gefolge zur Märtyrerkrone kommst!"<br />

Darauf sagte Sixtus: "Nein, mein Sohn, ich lasse dich nicht zurück und verlasse<br />

dich nicht, sondern <strong>von</strong> dir werden noch größere Kämpfe erwartet. Ich nehme<br />

als alter Mann gewissermaßen einen leichteren Waffengang auf mich - aber dich<br />

als jungen Mann erwartet ein herrlicherer Triumph über den Tyrannen. Bald<br />

wird die Reihe an dich kommen! Hör’ auf zu weinen! Nach drei Tagen wirst du<br />

mir nachfolgen! Dieser Zeitraum ist ein passender Abstand zwischen dem<br />

Priester und seinem Diakon. Deine Bestimmung war es nicht, unter deinem<br />

Lehrer den Sieg zu erringen, als würdest du nach einem Beistand verlangen.<br />

Warum willst du an meiner Passion teilnehmen? Ihr ganzes Erbe überlasse ich<br />

dir. Warum verlangst du nach meiner Gegenwart? Die schwachen Schüler<br />

mögen vor dem Lehrer hergehen, die starken mögen ihm folgen, damit<br />

diejenigen ohne den Lehrer ihren Sieg erringen können, die seine Belehrung<br />

nicht mehr brauchen. So ließ auch Elia den Elisa zurück. Und so trage ich dir<br />

auf, meine Tugend weiterzuführen!"<br />

So verlief der Streit, gewiß ein würdiger Streit, in dem der Priester und sein<br />

Diener über die Frage stritten, wer zuerst für den Namen Christi leiden dürfe.<br />

Bei den Tragödien im Theater, so erzählt man, rief es lebhaften Beifall hervor,<br />

wenn sich Pylades als Orestes bezeichnete und Orestes, wie es der Fall war,<br />

beteuerte, daß er Orestes sei: jener, damit er für Orest getötet werde, Orest, weil<br />

er nicht zulassen wollte, daß Pylades für ihn getötet werde. Aber für diese<br />

beiden war es ohnehin nicht möglich weiterzuleben, weil beide des<br />

Muttermordes angeklagt waren: der eine, weil er ihn verübt hatte, der andere,<br />

weil er ihm dabei geholfen hatte. In unserem Fall aber drängte den heiligen<br />

Laurentius nichts dazu außer seiner hingebungsvollen Liebe. Und doch spottete<br />

auch er nach drei Tagen über den Tyrannen, als er auf dem Rost liegend<br />

verbrannt wurde, und sagte: "Der Braten ist durch! Wende ihn und iß!" So hat<br />

er mit der Kraft seiner Herzens die Natur des Feuers besiegt.

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