28.04.2013 Aufrufe

Acta Laurentiana - von Jörg Dittmer

Acta Laurentiana - von Jörg Dittmer

Acta Laurentiana - von Jörg Dittmer

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

38<br />

III. Geschichten und Legenden um Heinrich, Laurentius und einen Kelch<br />

1. Kaiser Heinrich der Heilige und der Kelch<br />

Der vorher erwähnte und noch oft zu erwähnende Diener Gottes hatte einen<br />

goldenen Kelch zur Ehre Gottes und zum Gedächtnis des heiligen Märtyrers<br />

Laurentius der Kirche in Merseburg gestiftet. Daher wurde ihm, wie man glaubt,<br />

durch dessen besonderen Beistand vor Gott geholfen, und er wurde noch in der<br />

Stunde seines Todes befreit. Alle Verehrung und Bewunderung aber verdient die<br />

Tatsache, daß zu eben dieser Stunde der Kelch in sicherem Gewahrsam unter<br />

Verschluß gehalten wurde und doch nichtsdestoweniger das äußerlich sichtbare<br />

Zeichen der vorher genannten Beschädigung erhalten hat.<br />

Was wir nun <strong>von</strong> eben diesem Kelch durch den Bericht frommer Männer<br />

wahrheitsgemäß gehört haben, das haben wir der Mühe für wert befunden, es<br />

dem Gedenken künftiger Zeiten anzuvertrauen. Als nämlich der vorher erwähnte<br />

Bekenner Christi Heinrich zur Ordnung seiner Regierungsgeschäfte nach<br />

Merseburg kam, geschah es, daß er eines Tages am Altar des heiligen Laurentius<br />

sehr aufmerksam die Messe hörte. Als sie beendet war, wollte er, wie er es<br />

immer zu tun pflegte, die Vergebung der Sünden durch den Kelch zu sich<br />

nehmen; aber weil ein wichtiges Regierungsgeschäft, das der heilige Mann sich<br />

vorgenommen hatte, dazwischenkam, konnte es zu dieser Zeit nicht geschehen.<br />

Und so bat er den herbeigerufenen Kirchendiener, den Kelch mit dem<br />

Abendmahlswein an einen reinen Ort zurückzustellen und ihn mit aller Sorgfalt<br />

zu verwahren, bis er selbst wieder frei sei <strong>von</strong> Amtsgeschäften und eine<br />

passende Zeit und einen passenden Ort gefunden habe, um ihn zu sich zu<br />

nehmen.<br />

Da jedoch die Zahl der Streitsachen und seiner Entscheide immer mehr zunahm,<br />

kam er damals den ganzen Tag über nicht zur Ruhe und konnte sich nicht<br />

freimachen. Am folgenden Tag aber betrat er nach der Matutin mit einigen<br />

seiner Sekretäre heimlich den Dom und flehte längere Zeit mit gebeugten Knien<br />

und überströmenden Tränen zu Gott, und dann ließ er den Kirchendiener<br />

herbeirufen und gab ihm den Auftrag, den Kelch mit dem Abendmahlswein<br />

herbeizubringen. Und als dieser herbeigebracht und enthüllt worden war, fanden<br />

sie, daß jener erlösende Abendmahlswein in die Gestalt echten Blutes<br />

verwandelt war. Dieses wundersame Ereignis wurde bald allen bekannt, die

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!