Studie „SCHUFA-frei“: Statt Kredit Nur Draufgezahlt
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42 Schadensvolumen<br />
3.2 Auswertung von Bundesbank- und SCHUFA-Statistiken<br />
Mit der Arbeitshypothese, dass Opfer des <strong>Kredit</strong>vermittlungsbetrugs bei der Kontaktaufnahme in<br />
einer finanziell kritischen Lage oder in einer Überschuldungssituation standen, ist der SCHUFA-Datenbestand<br />
ausgewertet worden. Im Mittelpunkt der formulierten Arbeitshypothese steht die Frage,<br />
wie viele Personen im SCHUFA-Datenbestand Indikatoren aufweisen, die auf einen kurzzeitigen,<br />
dauerhaften Liquiditätsengpass oder gar eine Überschuldungsgefahr oder Überschuldung hinweisen?<br />
Die SCHUFA-Daten bestehen aus 384 Millionen kreditrelevanten Informationen von 63 Millionen<br />
volljährigen, natürlichen Personen in Deutschland. 38 Zu über 90 % der im SCHUFA Datenbestand<br />
gespeicherten Personen liegen ausschließlich Informationen über eine positive <strong>Kredit</strong>biografie vor.<br />
Zu dem verbleibenden Anteil von 10 % liegen entweder harte oder weiche Negativmerkmale vor,<br />
wobei etwa über die Hälfte (ca. 3,1 Millionen Personen) dieser Personen harte Negativmerkmale<br />
aufweisen und sich daher im Rahmen der privaten Verschuldung in einer als besonders kritisch zu<br />
bezeichnenden finanziellen Lage befinden. 39<br />
Dieser Personenkreis mit harten Negativmerkmalen wird keine herkömmlichen Konsumentenkredite<br />
mehr in Anspruch nehmen können und dürfte daher tendenziell versucht sein, gerade in<br />
Zwangssituationen <strong>„SCHUFA</strong>-freie“ bzw. sogenannte „Strohhalmkredite“ nachzufragen. Über die<br />
Höhe dieser Quote können lediglich Annahmen getroffen werden. Zudem ist es durchaus möglich,<br />
dass auch Personen ohne negativen Eintrag einen <strong>„SCHUFA</strong>-freien“ <strong>Kredit</strong> beziehen wollen.<br />
Gleichzeitig ist aus der Statistik der Deutschen Bundesbank über die jährliche Nettoneukreditaufnahme<br />
ersichtlich, dass im vergangenen Jahr ein Volumen von 120 Mrd. Euro in Konsumentenkredite<br />
neu vergeben wurde. Bei einer durchschnittlichen Darlehenshöhe von rund 12.000 Euro<br />
ergeben sich 9,93 Millionen <strong>Kredit</strong>nehmer für diesen Zeitraum. Es ist davon auszugehen, dass<br />
diese <strong>Kredit</strong>nehmer keine harten Negativmerkmale im SCHUFA-Datenbestand ausweisen. Damit<br />
entsprechen 9,93 Millionen Personen ca. 16,9 % aller Personen ohne harte Negativmerkmale im<br />
SCHUFA-Datenbestand. Wird davon ausgegangen, dass der Anteil <strong>Kredit</strong> suchender Verbraucher<br />
in der Vergleichsgruppe der Personen mit harten Negativmerkmalen wenigstens gleich hoch ist,<br />
ergibt sich hieraus eine Anzahl potenzieller Nachfrager nach <strong>„SCHUFA</strong>-freien“ <strong>Kredit</strong>en von rund<br />
700.000 Personen.<br />
Es sei darauf hingewiesen, dass nicht jeder potenzieller Nachfrager auch tatsächlich einen<br />
<strong>„SCHUFA</strong>-freien“ <strong>Kredit</strong> anfragt und dabei mit hoher Wahrscheinlichkeit Opfer eines <strong>Kredit</strong>vermittlungsbetrugs<br />
wird. Doch lässt sich auf Basis der Primärerhebung sowie der statistischen Auswertung<br />
und unter Berücksichtigung der beobachteten Schadenshöhe im Einzelfall von 380 Euro<br />
schätzen, dass jährlich etwa 394.000 Bürger in Deutschland von den Praktiken der Anbieter<br />
<strong>„SCHUFA</strong>-freier“ <strong>Kredit</strong>e betroffen sind.<br />
38 Vgl. Jahresbericht 2005 der SCHUFA Holding AG, zum 31.12.2005, S. 7.<br />
39 Die SCHUFA definiert als harte Negativmerkmale: Eidesstattliche Versicherung (EV), Haftbefehle zur Abgabe einer EV sowie<br />
Privatinsolvenz. Von der SCHUFA gespeicherte weiche Negativmerkmale sind von den Vertragspartnern gemeldete Zahlungsstörungen<br />
als offene, ausreichend gemahnte und unbestrittene Forderungen. Bei den weichen Negativmerkmalen wird<br />
zudem zwischen Zahlungsstörungen bei Banken-<strong>Kredit</strong>en und Nicht-Banken-<strong>Kredit</strong>en unterschieden. Detaillierte Erläuterungen<br />
sowie statistische Analysen siehe Schulden-Kompass 2006, S. 18-19, S. 29-87.