Gemeinsame Sorge – geteilte Verantwortung - Vamv
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Weiterentwicklung des <strong>Sorge</strong>rechts zur <strong>Sorge</strong>verantwortung.<br />
Rechte und Pflichten bei gemeinsamer <strong>Sorge</strong> in der Alltagspraxis<br />
Hier könnte man darüber nachdenken, dem<br />
handelnden Elternteil eine Art Anscheins-<br />
oder Duldungsvollmacht zuzugestehen.<br />
Wir kennen dieses Phänomen aus dem<br />
Zugewinnrecht und vor allem aus dem<br />
Recht der elterlichen <strong>Sorge</strong> bei zusammenlebenden<br />
Eltern. Der Rechtsverkehr pflegt<br />
sich damit zufrieden zu geben, wenn ein<br />
Elternteil für ein Kind handelt und zugleich<br />
erklärt, er handele in Vollmacht für den<br />
anderen Elternteil. So wird das bei zusammenlebenden<br />
Eltern auch der Regelfall<br />
sein. Bei getrennten Eltern liegt der Fall<br />
schwieriger, dennoch könnte man darüber<br />
nachdenken, ob man für Angelegenheiten,<br />
die nicht alltäglich sind, die also erhebliche<br />
Auswirkungen auf die Entwicklung des<br />
Kindes haben, zur Vermeidung von Gerichtsverfahren<br />
zunächst mit einer solchen<br />
Anscheinsvollmacht arbeiten könnte. Das<br />
hätte selbstverständlich zur Folge, dass der<br />
andere übergangene Elternteil die Möglichkeit<br />
haben müsste, notfalls im Gerichtswege<br />
diese Entscheidung rückgängig zu machen.<br />
Auch der Deutsche Anwaltverein schlägt<br />
eine ähnliche Regelung <strong>–</strong> er nennt sie Gutglaubensschutz<br />
des Rechtsverkehrs <strong>–</strong> vor.<br />
Eine andere Möglichkeit könnte darin bestehen,<br />
die Alltagsvollmacht, die § 1687 BGB<br />
enthält und die sich dort auf Angelegenheiten<br />
des täglichen Lebens beschränkt, zu<br />
erweitern. So könnte man sich in den von<br />
mir eben genannten Beispielen vorstellen,<br />
dass eine Mutter ein Kind ohne Weiteres in<br />
den früheren Kindergarten zurückmelden<br />
kann mit der Folge, dass die Kindergärten<br />
diese mütterliche Unterschrift auch anerkennen,<br />
wenn die Mutter versichert, dass<br />
der Vater nicht mehr zusammen mit Mutter<br />
und Kindern lebt, dass er ohne Grund seine<br />
Zu stimmung zur Zurückmeldung des<br />
Kindes verweigert, oder ähnliches. Das könnte<br />
auch bei den Geschwistern der Fall sein,<br />
von denen ein Bruder auf die neue Schule<br />
wechseln durfte und der zweite nicht.<br />
Schwieriger wird es schon in dem Internatsfall,<br />
weil beide Eltern ja gute Argumente<br />
für ihre Auffassung hatten. Da der betroffene<br />
Junge schon im Alter fortgeschritten<br />
war, könnte man sich vorstellen, dass in<br />
solchen Fällen die Auffassung des Kindes<br />
entscheidend ist. In dem Internatsfall war<br />
es so, dass der Junge schließlich erklärte, er<br />
wolle unbedingt auf ein englisches Internat<br />
und dem hat der deutsche Vater schließlich<br />
zugestimmt. Man könnte also in die Vor-<br />
schrift des § 1687 BGB eine Altersgrenze<br />
auf nehmen, von der ab die betroffenen<br />
Kinder selbst zu hören sind und möglicherweise<br />
sogar selbst die Entscheidung treffen<br />
können.<br />
Diese Überlegungen gewinnen an Bedeutung<br />
und Gewicht, wenn man davon ausgeht,<br />
dass künftig gemeinsame elterliche<br />
<strong>Sorge</strong> bei getrennt lebenden Eltern viel<br />
häufiger sein wird als heute noch. Zurzeit<br />
bleiben verheiratete Eltern, die sich trennen,<br />
in fast allen Fällen gemeinsam sorgeberechtigt.<br />
Das hat sich durchgesetzt. Dagegen ist<br />
es bei Eltern, die nie miteinander verheiratet<br />
waren, keineswegs üblich, dass sie gemeinsam<br />
sorgeberechtigt sind oder werden.<br />
Ändert sich dies nun in Zukunft, wird die<br />
Scharniervorschrift des § 1687 BGB, die das<br />
tägliche Leben ermöglichen soll, nach hiesiger<br />
Auffassung dringend reformiert und<br />
erweitert werden müssen.<br />
Soweit die Fraktion Bündnis 90 / DIE<br />
GRÜNEN ein eigenes Recht des Kindes auf<br />
Übernahme und Ausübung der elterlichen<br />
<strong>Sorge</strong> fordern, ist das aus hiesiger Sicht ein<br />
sehr ernst zu nehmender Vorschlag. Denn<br />
Kinder, gerade wenn sie dem Kleinkindalter<br />
entwachsen sind, wissen im Allgemeinen