Gemeinsame Sorge – geteilte Verantwortung - Vamv
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Was braucht das Kind? Anforderungen an das <strong>Sorge</strong>recht aus interdisziplinärer Sicht<br />
6. Fazit<br />
Als Fazit lässt sich festhalten, dass intensive<br />
und unversöhnliche Konflikte zwischen<br />
den Eltern eine wirkliche Belastung für<br />
Kinder und zwar sowohl in Trennungsfamilien<br />
als auch in Nichttrennungsfamilien<br />
darstellen. Diese wichtige Erkenntnis aus<br />
der Forschung muss dringend in der Praxis<br />
berücksichtigt werden. Hierbei muss<br />
einerseits aufgeklärt werden, wie solche<br />
konflikthaften Beziehungen „auf andere<br />
Füße gestellt werden können“, auch um<br />
vielleicht das <strong>Sorge</strong>recht dann noch einmal<br />
mit anderem Leben zu füllen und anderseits<br />
inwieweit Konflikte durch das gemeinsame<br />
<strong>Sorge</strong>recht vermieden werden können. Ob<br />
dieses, wie ursprünglich erhofft, gelingt,<br />
bleibt bei derzeitiger Forschungslage mehr<br />
als fraglich. Es besteht dort immer noch<br />
eine gewisse Forschungslücke. Unsere<br />
Befunde sprechen eher dafür, dass die Tragfähigkeit<br />
der Partnerschaft eine entscheidende<br />
Rolle bei der Entscheidung spielt, ob<br />
man eine gemeinsame <strong>Sorge</strong> anstrebt oder<br />
nicht. Nicht miteinander verheiratete<br />
Eltern entscheiden sich vor allem in stabilen<br />
Paarbeziehungen mit einer Haushaltsgemeinschaft<br />
für das gemeinsame <strong>Sorge</strong>recht,<br />
sonst eher nicht. In solchen Partnerschaften<br />
werden auch tatsächlich seltener potenziell<br />
kindeswohlrelevante Gründe gegen die<br />
gemeinsame <strong>Sorge</strong> genannt: Wenn sich<br />
diese Gruppe der Eltern nicht für die<br />
gemeinsame <strong>Sorge</strong> entscheidet, dann ist<br />
dies oftmals auf ein Informationsdefizit<br />
zurückzuführen. Hingegen finden sich bei<br />
Living-Apart-Together-Arrangements und<br />
bei Elternschaften, bei welchen eine Partnerschaft<br />
der Eltern nicht mehr besteht,<br />
durchaus begründete Vorbehalte gegen die<br />
gemeinsame <strong>Sorge</strong>.<br />
Unseren Befunden zufolge unterscheiden<br />
sich nichteheliche Lebensgemeinschaften<br />
mit gemeinsamem Haushalt nicht in<br />
Partnerschaftsqualität, <strong>Sorge</strong>(recht)verhalten<br />
und anderem nicht von späteren Ehen.<br />
Sie unterscheiden sich aber sehr wohl von<br />
den Living-Apart-Together-Arrangements.<br />
Falls die Gesetzgebung einen Automatismus<br />
bei der Vergabe der gemeinsamen <strong>Sorge</strong><br />
beschließen möchte, würden wir dies demnach<br />
höchstens für die nichtehelichen<br />
Lebensgemeinschaften mit Haushaltsgemeinschaften<br />
empfehlen, jedoch nicht<br />
für alle Eltern mit nichtehelich geborenen<br />
Kindern.<br />
Elterliches Coparenting gelingt am<br />
besten, wenn das gemeinsame <strong>Sorge</strong>recht<br />
besteht, aber auch in Partnerschaften ohne<br />
gemeinsame <strong>Sorge</strong>, die jedoch nicht kindeswohlrelevante<br />
Gründe gegen die gemeinsame<br />
<strong>Sorge</strong> nennen. Insofern spiegelt die<br />
Entscheidung der Eltern hinsichtlich der ge -<br />
meinsamen <strong>Sorge</strong> auch eine entsprechende<br />
Alltagsrealität wider. Dies spricht dafür,<br />
dass der Partnerschaftskontext bei der<br />
Geburt durchaus auch einen Einfluss darauf<br />
hat, wie gemeinschaftliche Elternschaft<br />
gelingen kann.<br />
Für die Entwicklung der Kinder <strong>–</strong> laut<br />
den Daten, die ebenfalls im Rahmen dieses<br />
Projekts erhoben worden sind, die ich aber<br />
jetzt im Einzelnen nicht dargestellt habe <strong>–</strong><br />
ist das <strong>Sorge</strong>recht der Eltern nicht erheblich.<br />
Für die sozialen Kompetenzen, Aggressivität,<br />
emotionalen Probleme und anderen<br />
Aspekten der kindlichen Entwicklung<br />
macht es keinen Unterschied, wie das <strong>Sorge</strong>recht<br />
geregelt ist. Vielmehr macht es einen<br />
Unterschied, wie das elterliche Coparenting<br />
gelingt und wie insgesamt das Erziehungsverhalten<br />
der Eltern aussieht. Fließt<br />
viel Negatives in die Erziehung ein, z.B. sehr<br />
strikte, rigide Kontrolle oder negative Kommunikation,<br />
also kritisch abwertendes Verhalten<br />
gegenüber dem Kind, sind die Kinder<br />
deutlich belastet. Wie bereits erwähnt, tritt<br />
dieses negative Erziehungsverhalten häufig<br />
im Kontext einer konflikthaften Beziehung<br />
zwischen den Eltern auf. Insofern muss<br />
dringend an diesen Punkten angesetzt und<br />
Abhilfe geschaffen werden.