Gemeinsame Sorge – geteilte Verantwortung - Vamv
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Das <strong>Sorge</strong>recht als Motor der Gleichstellungspolitik? Alltagspraxis als Maßstab des Kindeswohls!<br />
Sonja Steffen:<br />
Bei uns in der SPD-Fraktion war die Diskussion<br />
auch sehr kontrovers. Auf der einen<br />
Seite haben unsere Familienleute eine sehr<br />
weitgehende Lösung angestrebt. Das hat<br />
den Hintergrund <strong>–</strong> Sie haben gerade das<br />
Wort Leitbild angesprochen <strong>–</strong> in der Familie<br />
selbst Möglichkeiten zu fördern, dass alle<br />
gleichberechtigt ein gesundes Gleichgewicht<br />
zwischen Arbeit und Familie finden<br />
und dazu gehört unter anderem auch, dass<br />
möglichst beide Elternteile an der Erziehung<br />
des Kindes teilhaben. Es trieb unsere Familienleute<br />
sehr, diesen Aspekt nach vorne zu<br />
bringen. Der beinhaltet auch, dass man die<br />
Väter in eine größere <strong>Verantwortung</strong> bringt<br />
und ihnen auf der anderen Seite auch die<br />
Möglichkeit gibt, diese <strong>Verantwortung</strong> auszuüben.<br />
Ein sehr weitgehender Ansatz, der<br />
im Grunde genommen dem Ansatz der FDP<br />
gar nicht so unähnlich war: Man hat darüber<br />
nachgedacht, ob man gleich von Anfang<br />
an auch nichtehelichen Vätern das gemeinsame<br />
<strong>Sorge</strong>recht ermöglichen sollte. Ein<br />
weiterer Aspekt war, die Frage ehelich oder<br />
nichtehelich gewissermaßen zu egalisieren,<br />
schließlich ist die Zahl der Ehen rückläufig.<br />
Auf der anderen Seite war in der AG Recht<br />
<strong>–</strong> also bei den SPD-Mitgliedern des Rechtsausschusses<br />
<strong>–</strong> die überwiegende Meinung zu<br />
finden, dass der jetzige Zustand, wie er auch<br />
von den Familiengerichten praktiziert wird,<br />
gar nicht so schlecht ist: Wenn der Vater das<br />
<strong>Sorge</strong>recht will, dann muss er einen entsprechenden<br />
Antrag stellen. Und dann prüft<br />
das Familiengericht, ob die gemeinsame<br />
<strong>Sorge</strong> Kindeswohl förderlich ist. Wohlgemerkt<br />
keine negative Prüfung, sondern die<br />
positive Prüfung: Nutzt es dem Kindeswohl,<br />
wenn die gemeinsame <strong>Sorge</strong> hergestellt<br />
wird? Wenn das der Fall ist, entscheidet das<br />
Gericht für die gemeinsame <strong>Sorge</strong>. Wenn<br />
aber das Familiengericht mit Hilfe des<br />
Jugendamtes und des Verfahrensbeistands<br />
zum Ergebnis kommt, die gemeinsame<br />
<strong>Sorge</strong> fördert das Kindeswohl nicht, dann<br />
soll es bei der Alleinsorge der Mutter bleiben.<br />
Das waren bei uns in der Fraktion die<br />
beiden unterschiedlichen Auffassungen. Im<br />
Grundsatz ähnlich wie in der Regierungskoalition.<br />
Wir haben dann eine andere Kompromisslösung<br />
gefunden, die auf Beratung<br />
durch Standesamt und Jugendamt setzt.<br />
Inge Michels:<br />
Die hat Frau Peschel-Gutzeit heute Morgen<br />
schon vorgestellt. Aber ich habe noch eine<br />
Nachfrage zur internen Diskussion: Wie<br />
sind Sie eigentlich auf die Idee mit dem<br />
Standesamt gekommen?<br />
Sonja Steffen:<br />
Es gab viele Diskussionen und Ideen innerhalb<br />
der Fraktion. Letztendlich geht es um<br />
die Frage, wo sich auch ganz zerstrittene<br />
Eltern treffen. Und das ist der Moment, in<br />
dem das Kind angemeldet werden muss. Das<br />
ist ja der erste Anlaufpunkt, an dem man<br />
eine öffentliche Stelle betritt. Wir denken,<br />
es gibt es eine gewisse Beratungspflicht<br />
der Standesämter über die Möglichkeiten zu<br />
informieren, das <strong>Sorge</strong>recht zu regeln.<br />
Inge Michels:<br />
Vielen Dank! Sie haben bestimmt gemerkt,<br />
wir haben hier Kompromiss gehört und wir<br />
haben dort Kompromiss gehört, das lässt<br />
doch die Hoffnung offen, dass an dem Referentenentwurf<br />
vielleicht noch zu arbeiten<br />
ist. Ich würde auch gern Herrn Professor<br />
Salgo eine Frage stellen: Wem wollte man<br />
eigentlich mit dem beschleunigten Verfahren<br />
entgegenkommen?<br />
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