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Gemeinsame Sorge – geteilte Verantwortung - Vamv

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42 <strong>Sorge</strong> von Eltern ohne Lebensgemeinschaft: Kriterien für eine Prognose aus Kindeswohlsicht<br />

keinen Zweifel daran gibt, dass die im tragfähigen<br />

Konsens ausgeübte elterliche <strong>Sorge</strong><br />

dem Kindeswohl am besten entspricht,<br />

wäre es also zunächst geboten zu prüfen,<br />

ob bzw. wie die autonome Entscheidung<br />

über die gemeinsame <strong>Sorge</strong> besser bekannt<br />

gemacht und durch qualifizierte Beratung<br />

gefördert werden könnte. 50 bis 60 Prozent<br />

der nicht miteinander verheirateten Eltern<br />

nutzen bereits diesen unkomplizierten und<br />

unbürokratischen Weg zur gemeinsamen<br />

elterlichen <strong>Sorge</strong>; diese Anzahl könnte noch<br />

durch eine bessere Information von Müttern<br />

und Vätern beträchtlich erhöht werden.<br />

Dass der Regierungsentwurf diesen inzwischen<br />

bewährten Weg beibehält, ist vorbehaltlos<br />

zu begrüßen; er lässt aber die Chance<br />

ungenutzt verstreichen, die gesellschaftliche<br />

Verankerung dieser Lösung durch eine bessere<br />

Bekanntmachung zu erhöhen.<br />

2. Gemeinsam muss man/frau wollen <strong>–</strong><br />

it takes two to tango<br />

Dass von gemeinsam gewollter und wahrgenommener<br />

elterlicher <strong>Sorge</strong> überwiegend<br />

positive Wirkungen ausgehen, sollte nicht<br />

zur Annahme verleiten, dass dies bei Eltern,<br />

die unter erheblichen Konflikten stehen<br />

und die erst durch die Autorität des<br />

Staates in diese formale Rechtsposition der<br />

„Gemeinsamkeit“ gezwungen wurden,<br />

gleichermaßen der Fall sein wird. Bedarf<br />

es des Staates zur Erlangung der gemeinsamen<br />

elterlichen <strong>Sorge</strong>, so können die für<br />

den Regelfall angenommenen positiven<br />

Wirkungen nicht unterstellt werden, eher<br />

das Gegenteil.<br />

3. Kein Verzicht auf bewährte Mittel<br />

und Wege zur Konfliktlösung <strong>–</strong> der Staat<br />

kann sich bei erkennbarer Konfliktspannung<br />

nicht aus seiner <strong>Verantwortung</strong><br />

davonstehlen<br />

Sofern solche erheblichen Konflikte unter<br />

Eltern oder andere das Kindeswohl<br />

wesentlich beeinträchtigende Umstände<br />

bestehen, ist die Rechtsordnung bemüht,<br />

mit sozial- und/oder verfahrensrechtlichen<br />

Instrumenten die Eltern darin zu unterstützen<br />

oder diese gar mit verpflichtenden<br />

Auflagen dazu anzuhalten, ihren Konflikt<br />

zu lösen, um zu autonomen Entscheidungen<br />

zu gelangen. Scheitern solche Bemühungen,<br />

so verpflichten Familien- und Familienverfahrensrecht<br />

das Familiengericht nach<br />

Ausschöpfung einer Reihe von Erkenntnisquellen<br />

wie persönlicher Eltern- und<br />

Kindesanhörung, Jugendamts- und Verfahrensbeistandbeteiligung<br />

und gegebenenfalls<br />

Sachverständigenbegutachtung zu einer<br />

gerichtlichen Entscheidung zu gelangen, die<br />

dem Wohl des Kindes am besten entspricht.<br />

Ein Elternkonflikt um das Kind oder andere<br />

das Kindeswohl wesentlich beeinträchtigende<br />

Umstände verpflichten die staatliche<br />

Gemeinschaft zum Tätigwerden, was im<br />

Familienverfahrensrecht z.B. dadurch<br />

sichergestellt wird, dass in diesem Bereich<br />

das Familiengericht in der Pflicht steht,<br />

„von Amts wegen die zur Feststellung der<br />

entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen<br />

Ermittlungen durchzuführen“<br />

(§ 26 FamFG) und die zuständige Fachbehörde<br />

zum besseren Verständnis des Konflikts,<br />

aber auch zum Aufzeigen möglicher Wege<br />

und Hilfen zur Konfliktlösung zu beteiligen<br />

(§ 162 FamFG, § 50 SGB VIII). Empirische<br />

Belege dafür, dass Mütter in großer Zahl<br />

völlig grundlos nicht zur gemeinsamen <strong>Sorge</strong><br />

bereit wären, liegen nicht vor, weshalb der<br />

Staat von Amts wegen aufgrund von Art.<br />

6 Abs. 2 S. 2 GG verpflichtet ist, Verweigerungshaltung<br />

vollumfänglich von Amts<br />

wegen zu überprüfen. Dieser Weg ist zwar<br />

aufwändiger als die konstruierte Vermutungsregelung.<br />

Diese Art von Ressourcenschonung<br />

kann aber gesellschaftlich und<br />

individuell einen sehr hohen Preis haben.<br />

Sich bei einer sehr hohen und nicht abbaubaren<br />

Konfliktspannung aus dem Wege<br />

gehen zu dürfen und sich nicht immer wieder<br />

über Jahre hinweg begegnen und über<br />

„Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung“<br />

(§ 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB) verständigen<br />

zu müssen, scheint in solchen Fallkonstellationen<br />

der einzige vernünftige Weg zu sein.

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