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Heft 3/2010 - Pro Tier

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Katalonien<br />

verbietet den<br />

Stierkampf<br />

Schluss mit der Quälerei, das forderten <strong>Tier</strong>schützer<br />

in Katalonien seit langem. Nun hat das Regionalparlament<br />

in Barcelona den Stierkampf verboten. Intellektuelle beklagen<br />

den Niedergang eines Kulturguts.<br />

Die « Fiesta », das grausame<br />

und sadistische Publikumsvergnügen<br />

am (S)<strong>Tier</strong>leid in<br />

Kataloniens Arenen, ist vorbei. Ab<br />

2012 wird es keinen Stierkampf mehr<br />

geben in der autonomen Region<br />

im Nordosten Spaniens. Die Stiere<br />

bleiben am Leben. Schluss mit dem<br />

blutigen Spektakel. Das beschloss<br />

das katalanische Parlament Ende<br />

Juli. Damit haben die <strong>Tier</strong>schützer<br />

einen historischen Sieg errungen.<br />

« Jahrhunderte der Grausamkeit<br />

sind beendet », sagte Anna Mulà. Sie<br />

ist Sprecherin der Bürgerinitiative<br />

« <strong>Pro</strong>u ! » (Katalanisch « es reicht ! »),<br />

die 180 000 Unterschriften für ein<br />

Volksbegehren zur Abschaffung des<br />

Stierkampfs gesammelt hatte.<br />

Für die einen ein grosser Sieg,<br />

für die anderen ein grosser Verlust.<br />

Gegner und Befürworter hatten vor<br />

dem Parlamentsgebäude in Barcelona<br />

ihre Meinung herausgeschrien,<br />

bevor die Abgeordneten mit klarer<br />

Mehrheit für das Verbot votierten.<br />

Bislang hatten lediglich die kanarischen<br />

Inseln Stierkämpfe für illegal<br />

erklärt, 1991.<br />

18<br />

Fotos : zvg. Bildarchiv Hans Peter Roth<br />

Streben nach Autonomie ?<br />

Vom restlichen Spanien war der<br />

Ausgang des Votums mit Spannung<br />

erwartet worden. Viele Analysten<br />

sehen darin auch einen demonstrativen<br />

Schritt der Region, ihre eigene<br />

Identität zu betonen. Die konservative<br />

Zeitung « El Mundo » hatte die Debatte<br />

am Dienstag als « Politikum »<br />

bezeichnet und Katalonien vorgeworfen,<br />

« alles verbieten zu wollen,<br />

was spanisch ist ». Andere konservative<br />

Medien mutmassten, die Region<br />

wolle sich mit dem Verbot für die<br />

Entscheidung des spanischen Verfassungsgerichts<br />

von Ende Juni<br />

rächen, das Autonomiestatut Kataloniens<br />

einzuschränken.<br />

Daraufhin hatten mehr als eine<br />

Million Menschen in Barcelona für<br />

das Autonomiestatut der wohlhabenden<br />

Region demonstriert. Sie<br />

pochen auf ihre eigene Sprache<br />

und Kultur, die unter der Franco-<br />

Diktator brutal unterdrückt wurden.<br />

Heute hat die Region eine eigene Regierung,<br />

ein Parlament und eigene<br />

Polizeikräfte, Amts- und Unterrichtssprache<br />

ist Katalanisch.<br />

Hatz bleibt legal<br />

Dass das Stierkampfverbot etwas<br />

mit dem Streben nach Unabhängigkeit<br />

zu tun haben soll, wiesen<br />

die Gegner der « Corrida » aber von<br />

sich : So sagte Josep Rull, Sprecher<br />

der gemässigten Partei Konvergenz<br />

und Union CiU, ein Nein zum Stierkampf<br />

zeuge nicht von einer antispanischen<br />

Gesinnung. Leugnen<br />

« Fliegender Torrero » : Der bekannte<br />

spanische Stierkämpfer Jose Tomas,<br />

wird von einem Stier durch die Luft<br />

gewirbelt (Barcelona, Juli 2009).<br />

konnte aber auch er nicht, dass vor<br />

allem jene Parteien für das Verbot<br />

stimmten, die auch für eine Unabhängigkeit<br />

Kataloniens plädieren.<br />

Eine andere Variante der Stierquälerei<br />

ist hingegen sehr populär in<br />

Katalonien und weiterhin legal : die<br />

Stierhatz namens « Correbous », bei<br />

der Kampfbullen als Höhepunkt der<br />

Dorffeste durch die Gassen gejagt<br />

werden. Zum Teil mit brennenden<br />

Hörnern. Oder malträtiert mit Knüppeln.<br />

In vielen Küstenorten endet<br />

das Treiben an der Hafenmole, wo<br />

die Stiere zum Sprung ins Wasser<br />

gezwungen werden. Beim « Correbous<br />

» werden die Stiere zwar nicht<br />

getötet, doch nicht wenige <strong>Tier</strong>e brechen<br />

nach dieser unbarmherzigen<br />

Treibjagd erschöpft zusammen, ertrinken<br />

im Wasser oder erhalten den<br />

« Gnadenschuss ».<br />

Viel Symbolkraft<br />

Der Gesetzesbeschluss, dass auf<br />

katalanischem Gebiet keine Stiere<br />

mehr in der Arena getötet werden,<br />

rettet nur wenigen Kampfbullen das<br />

Leben. Zuletzt wurden in der Region<br />

gerade noch in Barcelona selber<br />

Stierkämpfe veranstaltet. Im vergangenen<br />

Jahr genau 18, bis Ende <strong>2010</strong><br />

dürften es noch weniger sein. Dem<br />

Verbot der Stierkämpfe in Katalonien<br />

kommt aber eine symbolische<br />

Kraft zu. « Eine neue Epoche beginnt<br />

», erklärt die Bürgerinitiative<br />

<strong>Pro</strong>u. Die <strong>Tier</strong>schützer hoffen, dass<br />

ihr Erfolg den « Kreuzzug gegen die<br />

Stierkämpfe vorantreiben » werde.<br />

(hpr/mgt) <br />

<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 3/10

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