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Katalonien<br />
verbietet den<br />
Stierkampf<br />
Schluss mit der Quälerei, das forderten <strong>Tier</strong>schützer<br />
in Katalonien seit langem. Nun hat das Regionalparlament<br />
in Barcelona den Stierkampf verboten. Intellektuelle beklagen<br />
den Niedergang eines Kulturguts.<br />
Die « Fiesta », das grausame<br />
und sadistische Publikumsvergnügen<br />
am (S)<strong>Tier</strong>leid in<br />
Kataloniens Arenen, ist vorbei. Ab<br />
2012 wird es keinen Stierkampf mehr<br />
geben in der autonomen Region<br />
im Nordosten Spaniens. Die Stiere<br />
bleiben am Leben. Schluss mit dem<br />
blutigen Spektakel. Das beschloss<br />
das katalanische Parlament Ende<br />
Juli. Damit haben die <strong>Tier</strong>schützer<br />
einen historischen Sieg errungen.<br />
« Jahrhunderte der Grausamkeit<br />
sind beendet », sagte Anna Mulà. Sie<br />
ist Sprecherin der Bürgerinitiative<br />
« <strong>Pro</strong>u ! » (Katalanisch « es reicht ! »),<br />
die 180 000 Unterschriften für ein<br />
Volksbegehren zur Abschaffung des<br />
Stierkampfs gesammelt hatte.<br />
Für die einen ein grosser Sieg,<br />
für die anderen ein grosser Verlust.<br />
Gegner und Befürworter hatten vor<br />
dem Parlamentsgebäude in Barcelona<br />
ihre Meinung herausgeschrien,<br />
bevor die Abgeordneten mit klarer<br />
Mehrheit für das Verbot votierten.<br />
Bislang hatten lediglich die kanarischen<br />
Inseln Stierkämpfe für illegal<br />
erklärt, 1991.<br />
18<br />
Fotos : zvg. Bildarchiv Hans Peter Roth<br />
Streben nach Autonomie ?<br />
Vom restlichen Spanien war der<br />
Ausgang des Votums mit Spannung<br />
erwartet worden. Viele Analysten<br />
sehen darin auch einen demonstrativen<br />
Schritt der Region, ihre eigene<br />
Identität zu betonen. Die konservative<br />
Zeitung « El Mundo » hatte die Debatte<br />
am Dienstag als « Politikum »<br />
bezeichnet und Katalonien vorgeworfen,<br />
« alles verbieten zu wollen,<br />
was spanisch ist ». Andere konservative<br />
Medien mutmassten, die Region<br />
wolle sich mit dem Verbot für die<br />
Entscheidung des spanischen Verfassungsgerichts<br />
von Ende Juni<br />
rächen, das Autonomiestatut Kataloniens<br />
einzuschränken.<br />
Daraufhin hatten mehr als eine<br />
Million Menschen in Barcelona für<br />
das Autonomiestatut der wohlhabenden<br />
Region demonstriert. Sie<br />
pochen auf ihre eigene Sprache<br />
und Kultur, die unter der Franco-<br />
Diktator brutal unterdrückt wurden.<br />
Heute hat die Region eine eigene Regierung,<br />
ein Parlament und eigene<br />
Polizeikräfte, Amts- und Unterrichtssprache<br />
ist Katalanisch.<br />
Hatz bleibt legal<br />
Dass das Stierkampfverbot etwas<br />
mit dem Streben nach Unabhängigkeit<br />
zu tun haben soll, wiesen<br />
die Gegner der « Corrida » aber von<br />
sich : So sagte Josep Rull, Sprecher<br />
der gemässigten Partei Konvergenz<br />
und Union CiU, ein Nein zum Stierkampf<br />
zeuge nicht von einer antispanischen<br />
Gesinnung. Leugnen<br />
« Fliegender Torrero » : Der bekannte<br />
spanische Stierkämpfer Jose Tomas,<br />
wird von einem Stier durch die Luft<br />
gewirbelt (Barcelona, Juli 2009).<br />
konnte aber auch er nicht, dass vor<br />
allem jene Parteien für das Verbot<br />
stimmten, die auch für eine Unabhängigkeit<br />
Kataloniens plädieren.<br />
Eine andere Variante der Stierquälerei<br />
ist hingegen sehr populär in<br />
Katalonien und weiterhin legal : die<br />
Stierhatz namens « Correbous », bei<br />
der Kampfbullen als Höhepunkt der<br />
Dorffeste durch die Gassen gejagt<br />
werden. Zum Teil mit brennenden<br />
Hörnern. Oder malträtiert mit Knüppeln.<br />
In vielen Küstenorten endet<br />
das Treiben an der Hafenmole, wo<br />
die Stiere zum Sprung ins Wasser<br />
gezwungen werden. Beim « Correbous<br />
» werden die Stiere zwar nicht<br />
getötet, doch nicht wenige <strong>Tier</strong>e brechen<br />
nach dieser unbarmherzigen<br />
Treibjagd erschöpft zusammen, ertrinken<br />
im Wasser oder erhalten den<br />
« Gnadenschuss ».<br />
Viel Symbolkraft<br />
Der Gesetzesbeschluss, dass auf<br />
katalanischem Gebiet keine Stiere<br />
mehr in der Arena getötet werden,<br />
rettet nur wenigen Kampfbullen das<br />
Leben. Zuletzt wurden in der Region<br />
gerade noch in Barcelona selber<br />
Stierkämpfe veranstaltet. Im vergangenen<br />
Jahr genau 18, bis Ende <strong>2010</strong><br />
dürften es noch weniger sein. Dem<br />
Verbot der Stierkämpfe in Katalonien<br />
kommt aber eine symbolische<br />
Kraft zu. « Eine neue Epoche beginnt<br />
», erklärt die Bürgerinitiative<br />
<strong>Pro</strong>u. Die <strong>Tier</strong>schützer hoffen, dass<br />
ihr Erfolg den « Kreuzzug gegen die<br />
Stierkämpfe vorantreiben » werde.<br />
(hpr/mgt) <br />
<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 3/10