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Zürcher <strong>Tier</strong>anwalt<br />
Das Ende eines<br />
einzigartigen Amtes<br />
Mehr als 2000 Fälle hat der Zürcher <strong>Tier</strong>anwalt in den letzten<br />
15 Jahren behandelt. Viel mehr werden es nicht mehr :<br />
Anfang 2011 wird das weltweit einzigartige Amt abgeschafft.<br />
<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> stellte nach dem wuchtigen<br />
Volks-Nein zur <strong>Tier</strong>anwalt-<br />
Initiative im Frühling schon in<br />
der letzten Ausgabe die Frage : « Ist<br />
nun auch der Zürcher <strong>Tier</strong>anwalt gefährdet<br />
? » Denn SVP und EDU hatten<br />
in Zürich kurz nach der Abstimmung<br />
Vorstösse zur Aufhebung des kantonalen<br />
<strong>Tier</strong>anwalts eingereicht. Zunächst<br />
sah es dennoch nicht danach<br />
aus, dass das weltweit einzigartige<br />
Amt gefährdet wäre. Man wolle die<br />
Funktion des <strong>Tier</strong>anwaltes in jedem<br />
Fall erhalten, hatte etwa Urs Rüegg,<br />
Sprecher der Zürcher Gesundheitsdirektion,<br />
gesagt. Auch FDP-Fraktionschef<br />
Thomas Vogel persönlich<br />
sah « keinen Grund, etwas zu versenken<br />
», das sich bewährt habe.<br />
« Zumal sich mit einer Abschaffung<br />
kaum Kosten sparen lassen. »<br />
Schlank, effizient,<br />
erfolgreich<br />
Tatsache ist, dass sich der <strong>Tier</strong>schutzanwalt<br />
im Kanton Zürich<br />
seit seiner Einführung 1992 als<br />
schlank, effizient und erfolgreich<br />
erwiesen hat. 190 Mal hat sich der<br />
Zürcher <strong>Tier</strong>anwalt im Jahr 2008 für<br />
die Rechte von misshandelten und<br />
vernachlässigten <strong>Tier</strong>en eingesetzt.<br />
In den anderen Kantonen, welche<br />
diese Institution nicht kennen, werden<br />
nicht annähernd so viele Fälle<br />
strafrechtlich verfolgt. Dass im<br />
Kanton Zürich vergleichsweise viele<br />
Urteile gegen <strong>Tier</strong>quäler gefällt<br />
werden, liegt also ganz klar an der<br />
Institution des <strong>Tier</strong>anwaltes.<br />
20<br />
Trotzdem ist es anders gekommen.<br />
Ab 2011 wird auch der Zürcher<br />
<strong>Tier</strong>anwalt Geschichte sein. Das hat<br />
das kantonale Parlament beschlossen<br />
– ohne es selber zu merken. Am<br />
10. Mai <strong>2010</strong> hatte der Kantonsrat<br />
ein Gesamtpaket kantonaler Gesetzesänderungen<br />
im Rahmen der<br />
Anpassung an die eigenössische<br />
Zivil- und Strafprozessordnung<br />
verabschiedet, die unter anderem<br />
das Amt des <strong>Tier</strong>schutzanwaltes<br />
per Ende Jahr abschafft.<br />
Durch die Hintertür<br />
Ende Juni nun hat das Kantonsparlament<br />
die Änderungen im<br />
<strong>Tier</strong>schutzgesetz im Rahmen des<br />
Gesetzesänderungs-Pakets diskussionslos<br />
durchgewinkt. Demzufolge<br />
soll zukünftig das – ohnehin schon<br />
überlastete – Zürcher Veterinäramt<br />
die Parteirechte der <strong>Tier</strong>e wahrnehmen.<br />
Gieri Bolliger von der Stiftung<br />
<strong>Tier</strong> im Recht reagierte schockiert :<br />
« Das ist ein herber Rückschlag für<br />
den <strong>Tier</strong>schutz. » Für völlig unverständlich<br />
hält er die Art und Weise,<br />
wie der Entscheid zustande kam :<br />
« Dass der <strong>Tier</strong>anwalt vom Kantonsrat<br />
quasi durch die Hintertüre abgeschafft<br />
wurde, ist ein Skandal. »<br />
Offenbar hat die grosse Mehrheit<br />
der Parlamentarier gar nicht<br />
gemerkt, dass der <strong>Tier</strong>anwalt abgeschafft<br />
wurde. Esther Guyer (Grüne)<br />
übt deshalb Selbstkritik : « Es war ein<br />
Fehler, dass wir das übersehen und<br />
nicht einmal darüber diskutiert haben.<br />
» Claudio Zanetti (SVP) fordert<br />
nun eine Erklärung, weshalb der<br />
Kantonsrat nicht besser informiert<br />
worden sei : « Das ist peinlich für das<br />
ganze Parlament. So etwas darf nie<br />
mehr passieren. » Den <strong>Tier</strong>en nützt<br />
die nachträgliche Erkenntnis wenig.<br />
Einige Kantonspolitiker aber<br />
dürften sich heimlich ins Fäustchen<br />
lachen.<br />
Drohender<br />
Rückschritt<br />
Auch Noch-<strong>Tier</strong>anwalt Antoine F.<br />
Goetschel, der nun auf Ende Jahr<br />
sein Büro räumen muss, zeigte<br />
sich vom Parlamentsentscheid<br />
überrascht : « Ich kann nur hoffen,<br />
dass die <strong>Tier</strong>e darunter nicht leiden<br />
werden. » Er fordert, dass die<br />
Verwaltung ebenso strenge Massstäbe<br />
anwendet und gleich konsequent<br />
Fälle zur Anzeige bringt, wie<br />
er dies tat.<br />
Derweil hat die neu gegründete<br />
<strong>Tier</strong>partei Schweiz Ende Juli gemeinsam<br />
mit dem <strong>Tier</strong>portal Petfinder<br />
eine Petition lanciert, die sich<br />
gegen die Absetzung des Zürcher<br />
<strong>Tier</strong>anwalts richtet und sich gegen<br />
den drohenden Rückschritt im <strong>Tier</strong>schutzvollzug<br />
wehrt. Die Petition<br />
wird auch von der Stiftung <strong>Tier</strong> im<br />
Recht unterstützt. Die Chancen, dass<br />
die Petition Antoine F. Goetschel im<br />
Amt hält, sind wohl äusserst gering.<br />
Denn eine Petition ist unverbindlich,<br />
die Absetzung des Zürcher <strong>Tier</strong>anwalts<br />
auf Ende Jahr aber eine vom<br />
Parlament beschlossene Sache.<br />
(hpr/mgt) <br />
<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 3/10