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Heft 3/2010 - Pro Tier

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Zürcher <strong>Tier</strong>anwalt<br />

Das Ende eines<br />

einzigartigen Amtes<br />

Mehr als 2000 Fälle hat der Zürcher <strong>Tier</strong>anwalt in den letzten<br />

15 Jahren behandelt. Viel mehr werden es nicht mehr :<br />

Anfang 2011 wird das weltweit einzigartige Amt abgeschafft.<br />

<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> stellte nach dem wuchtigen<br />

Volks-Nein zur <strong>Tier</strong>anwalt-<br />

Initiative im Frühling schon in<br />

der letzten Ausgabe die Frage : « Ist<br />

nun auch der Zürcher <strong>Tier</strong>anwalt gefährdet<br />

? » Denn SVP und EDU hatten<br />

in Zürich kurz nach der Abstimmung<br />

Vorstösse zur Aufhebung des kantonalen<br />

<strong>Tier</strong>anwalts eingereicht. Zunächst<br />

sah es dennoch nicht danach<br />

aus, dass das weltweit einzigartige<br />

Amt gefährdet wäre. Man wolle die<br />

Funktion des <strong>Tier</strong>anwaltes in jedem<br />

Fall erhalten, hatte etwa Urs Rüegg,<br />

Sprecher der Zürcher Gesundheitsdirektion,<br />

gesagt. Auch FDP-Fraktionschef<br />

Thomas Vogel persönlich<br />

sah « keinen Grund, etwas zu versenken<br />

», das sich bewährt habe.<br />

« Zumal sich mit einer Abschaffung<br />

kaum Kosten sparen lassen. »<br />

Schlank, effizient,<br />

erfolgreich<br />

Tatsache ist, dass sich der <strong>Tier</strong>schutzanwalt<br />

im Kanton Zürich<br />

seit seiner Einführung 1992 als<br />

schlank, effizient und erfolgreich<br />

erwiesen hat. 190 Mal hat sich der<br />

Zürcher <strong>Tier</strong>anwalt im Jahr 2008 für<br />

die Rechte von misshandelten und<br />

vernachlässigten <strong>Tier</strong>en eingesetzt.<br />

In den anderen Kantonen, welche<br />

diese Institution nicht kennen, werden<br />

nicht annähernd so viele Fälle<br />

strafrechtlich verfolgt. Dass im<br />

Kanton Zürich vergleichsweise viele<br />

Urteile gegen <strong>Tier</strong>quäler gefällt<br />

werden, liegt also ganz klar an der<br />

Institution des <strong>Tier</strong>anwaltes.<br />

20<br />

Trotzdem ist es anders gekommen.<br />

Ab 2011 wird auch der Zürcher<br />

<strong>Tier</strong>anwalt Geschichte sein. Das hat<br />

das kantonale Parlament beschlossen<br />

– ohne es selber zu merken. Am<br />

10. Mai <strong>2010</strong> hatte der Kantonsrat<br />

ein Gesamtpaket kantonaler Gesetzesänderungen<br />

im Rahmen der<br />

Anpassung an die eigenössische<br />

Zivil- und Strafprozessordnung<br />

verabschiedet, die unter anderem<br />

das Amt des <strong>Tier</strong>schutzanwaltes<br />

per Ende Jahr abschafft.<br />

Durch die Hintertür<br />

Ende Juni nun hat das Kantonsparlament<br />

die Änderungen im<br />

<strong>Tier</strong>schutzgesetz im Rahmen des<br />

Gesetzesänderungs-Pakets diskussionslos<br />

durchgewinkt. Demzufolge<br />

soll zukünftig das – ohnehin schon<br />

überlastete – Zürcher Veterinäramt<br />

die Parteirechte der <strong>Tier</strong>e wahrnehmen.<br />

Gieri Bolliger von der Stiftung<br />

<strong>Tier</strong> im Recht reagierte schockiert :<br />

« Das ist ein herber Rückschlag für<br />

den <strong>Tier</strong>schutz. » Für völlig unverständlich<br />

hält er die Art und Weise,<br />

wie der Entscheid zustande kam :<br />

« Dass der <strong>Tier</strong>anwalt vom Kantonsrat<br />

quasi durch die Hintertüre abgeschafft<br />

wurde, ist ein Skandal. »<br />

Offenbar hat die grosse Mehrheit<br />

der Parlamentarier gar nicht<br />

gemerkt, dass der <strong>Tier</strong>anwalt abgeschafft<br />

wurde. Esther Guyer (Grüne)<br />

übt deshalb Selbstkritik : « Es war ein<br />

Fehler, dass wir das übersehen und<br />

nicht einmal darüber diskutiert haben.<br />

» Claudio Zanetti (SVP) fordert<br />

nun eine Erklärung, weshalb der<br />

Kantonsrat nicht besser informiert<br />

worden sei : « Das ist peinlich für das<br />

ganze Parlament. So etwas darf nie<br />

mehr passieren. » Den <strong>Tier</strong>en nützt<br />

die nachträgliche Erkenntnis wenig.<br />

Einige Kantonspolitiker aber<br />

dürften sich heimlich ins Fäustchen<br />

lachen.<br />

Drohender<br />

Rückschritt<br />

Auch Noch-<strong>Tier</strong>anwalt Antoine F.<br />

Goetschel, der nun auf Ende Jahr<br />

sein Büro räumen muss, zeigte<br />

sich vom Parlamentsentscheid<br />

überrascht : « Ich kann nur hoffen,<br />

dass die <strong>Tier</strong>e darunter nicht leiden<br />

werden. » Er fordert, dass die<br />

Verwaltung ebenso strenge Massstäbe<br />

anwendet und gleich konsequent<br />

Fälle zur Anzeige bringt, wie<br />

er dies tat.<br />

Derweil hat die neu gegründete<br />

<strong>Tier</strong>partei Schweiz Ende Juli gemeinsam<br />

mit dem <strong>Tier</strong>portal Petfinder<br />

eine Petition lanciert, die sich<br />

gegen die Absetzung des Zürcher<br />

<strong>Tier</strong>anwalts richtet und sich gegen<br />

den drohenden Rückschritt im <strong>Tier</strong>schutzvollzug<br />

wehrt. Die Petition<br />

wird auch von der Stiftung <strong>Tier</strong> im<br />

Recht unterstützt. Die Chancen, dass<br />

die Petition Antoine F. Goetschel im<br />

Amt hält, sind wohl äusserst gering.<br />

Denn eine Petition ist unverbindlich,<br />

die Absetzung des Zürcher <strong>Tier</strong>anwalts<br />

auf Ende Jahr aber eine vom<br />

Parlament beschlossene Sache.<br />

(hpr/mgt) <br />

<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 3/10

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