Norbert Bachleitner "Übersetzungsfabriken". Das deutsche ... - OPUS
Norbert Bachleitner "Übersetzungsfabriken". Das deutsche ... - OPUS
Norbert Bachleitner "Übersetzungsfabriken". Das deutsche ... - OPUS
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
14<br />
Neuausgabe von 1839/40 wieder rückgängig gemacht wurden. Auch bei der<br />
Shakespeare-Ausgabe war die Übersetzungs- bzw. Korrigierlust Tiecks eher gering;<br />
Baudissin mußte die Hauptarbeit leisten und auf eine zügige Durchführung der<br />
Revisionsarbeiten drängen. 62 Tieck sah Übersetzen nicht als "sein Fach" 63 an und<br />
delegierte die ungeliebte Übersetzungsarbeit. In den wenigsten Fällen aber wird die Wahl<br />
der Mitarbeiter eine ähnlich glückliche und der Zeitdruck so gering wie bei Tiecks<br />
Shakespeare-Ausgabe gewesen sein; in der Regel suchten die Herausgeber nach<br />
möglichst schnellen und billigen Übersetzern.<br />
5. Die Übersetzer<br />
Ein großer Teil der Übersetzungen erschien anonym. Der Versuch, einen Überblick über<br />
die meistbeschäftigten Übersetzer zu erhalten, muß sich daher auf jene Übersetzungen<br />
stützen, die auf dem Titelblatt Angaben über den Übersetzer liefern; die anonym<br />
gebliebenen Übersetzer, mit deren Namen kein Staat zu machen bzw. Werbeeffekt zu<br />
erzielen war, werden dabei ebensowenig erfaßt wie die Hilfsübersetzer, die im Solde der<br />
Herausgeber standen. 64 Auch ist die Suche nach biographischen Daten zu den ermittelten<br />
Namen nicht immer erfolgreich, da einige lexikographisch (Pseudonyme?) nicht zu<br />
verifizieren sind. 65<br />
Auf den Titelblättern der Übersetzungen aus dem behandelten Zeitraum tauchen zwei<br />
Namen mit Abstand am häufigsten auf: 66 Ludwig von Alvensleben und Georg Nikolaus<br />
Bärmann. Beide übersetzten von 1826 bzw. 1819 an - kleinere Journalbeiträge und<br />
Gedichte nicht eingerechnet - mindestens je 140 Romane und Theaterstücke. Allein im<br />
Jahre 1836 erschienen unter Bärmanns Namen neun mehrbändige Romane und fünfzehn<br />
Theaterstücke, zwölf davon von Shakespeare, mit zusammen ungefähr 400 Bogen<br />
Umfang. 67 Die Übersetzungsproduktion der beiden lief überdies neben einer nicht minder<br />
umfangreichen eigenen schriftstellerischen Tätigkeit her. 68<br />
Bis 1837 war der 1785 in Hamburg geborene Bärmann als Lehrer in einer von ihm selbst<br />
gegründeten Erziehungsanstalt tätig, ehe er sich ausschließlich auf die Schriftstellerei<br />
verlegte. Im Hamburger Adreßbuch scheint er 1807 als Lehrer des Deutschen,<br />
Holländischen, Französischen, Englischen, der doppelten Buchhaltung und der<br />
kaufmännischen Wissenschaften auf; in seinem Handbuch Hamburg und Hamburgs<br />
Umgegend (1822) bezeichnet er sich als "Lehrer und Translator in der <strong>deutsche</strong>n,<br />
englischen, französischen, italienischen, spanischen und portugiesischen Sprache". 69<br />
1810 hatte er ein französisch-<strong>deutsche</strong>s Wörterbuch und eine italienische Sprachlehre<br />
herausgegeben, 1837 folgte eine spanische Grammatik. Seine Sprachkenntnisse muß er<br />
autodidaktisch erworben haben, denn Doktor- und Magistertitel wurden ihm 1820 von<br />
der Universität Halle ehrenhalber verliehen. Erwähnenswert ist noch, daß ihn seine<br />
unermüdliche schriftstellerische Arbeit nicht reich machte, was mehrere<br />
Benefizvorstellungen bezeugen, die letzte zugunsten seiner Witwe kurz nach seinem Tod<br />
im Jahre 1850.