Norbert Bachleitner "Übersetzungsfabriken". Das deutsche ... - OPUS
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Ludwig von Alvensleben wird berichtet, daß er sich gar nicht erst die Mühe machte,<br />
Manuskripte zu schreiben, sondern diktierte, und zwar so schnell, daß vier Schreiber<br />
nötig waren, um ihm zu folgen; 85 ähnlich arbeitete auch der v.a. als Dickens-Übersetzer<br />
in Erscheinung getretene Julius Seybt. 86 Wenn die "Hetzpeitschen" und "Stacheln" der<br />
Verleger auch nicht "golden" waren, so lag das durchschnittliche Honorar doch deutlich<br />
höher als in Hackländers polemischer Darstellung. Die v.a. bei dem Leipziger Verleger<br />
Kollmann vielbeschäftigte Fanny Tarnow übersetzte jeden Morgen einen Bogen und<br />
erhielt 1829 dafür 3 Taler. 87 Im Winter 1820/21 berichtet sie, daß sie von einer einzigen<br />
Bearbeitung eines zweibändigen Romans das nächste Jahr sorgenfrei werde leben<br />
können. 88 Auch in späterer Zeit waren 2 - 3 Taler pro Bogen das übliche<br />
Übersetzerhonorar, 89 in einem Dokument aus dem Archiv des Verlags Velhagen &<br />
Klasing werden Romane von Fredrika Bremer mit einem Übersetzerhonorar von 2 1/2<br />
Talern pro Bogen abgerechnet. 90<br />
Besonders renommierte Übersetzer konnten auch höhere Honorare erzielen, Tieck dürfte<br />
den Bogen mit seiner Forderung von 5 Talern für die projektierte Scott-Übersetzung<br />
allerdings überspannt haben; 91 bereits 1797 hatte er 5 Taler pro übersetztem Bogen<br />
gefordert und immerhin 4 bekommen. 92 Berühmt für seine außergewöhnlich hohen<br />
Honorare war Cotta, der 3 Frd'or (=15 Taler) bezahlte, was aber wohl eine Ausnahme<br />
darstellte, wie Tiecks Bewunderung beweist. 93 Überdurchschnittlich gut verdiente auch<br />
Bauernfeld an seinen Übersetzungen, besonders der von Dickens, wenngleich er mit den<br />
Honoraren auch seine Mitarbeiter abfinden mußte. Für die Shakespeare-Übersetzung<br />
erhielt er 100 Gulden Vorschuß, ehe er noch "um fünf Groschen übersetzt" hatte. 94 Vom<br />
finanziellen Gesichtspunkt beklagt er das Ende der Shakespeare-Übersetzung: "Von<br />
Trentsenski bekomm' ich diese Woche das letzte Shakespeare=Geld. - Was nun? Unde<br />
vivam?" 95 Besonders zufrieden zeigt er sich dann mit dem "glänzenden" Honorar für die<br />
Dickens-Übersetzung; 96 bis Mitte Mai 1845 erhielt er für die vier übersetzten Romane<br />
(Pickwick Papers, Oliver Twist, Nicholas Nickleby und Barnaby Rudge) 3000 Gulden. 97<br />
Diese vier Romane umfaßten im Druck ca. 300 Bogen, was ein Bogenhonorar von 10<br />
Gulden (=6 2/3 Taler) bedeutet - ein deutlich höheres Honorar als das in den <strong>deutsche</strong>n<br />
Übersetzungsfabriken übliche.<br />
<strong>Das</strong> durchschnittliche Übersetzerhonorar lag etwa einen Taler unter dem gewöhnlichen<br />
Autorenhonorar von 4 Talern pro Bogen. 98 Renommierte oder gerade besonders beliebte<br />
Autoren konnten freilich auch viel höhere Honorare erzielen. Wilhelm Hauff, der in<br />
seinem Briefwechsel steten Geldbedarf erkennen läßt und mit seinem Verleger Franckh<br />
deshalb in beinahe ständigem Streit lag, war 1826 über das bisherige Bogenhonorar von 2<br />
Louis d'or (=10 Taler) erbost und beschloß, von nun an 25 Taler zu verlangen. 99 Im<br />
selben Jahr schlug er Cotta das gleiche Honorar für Willibald Alexis, Döring und Kruse,<br />
die Mitarbeiter an seinem Almanach, vor. Kurz vor seinem Tod, Ende 1827, war Hauffs<br />
Kurs noch etwas gestiegen; er hatte jetzt Angebote für 30 Taler pro Bogen, also für das<br />
Zehnfache des durchschnittlichen Übersetzerhonorars. 100 Freilich gab es auch