PErsPEktiVEn - SRH Zentralklinikum Suhl
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<strong>PErsPEktiVEn</strong> 3/2010 | MEnschEn<br />
die schwestern achten darauf, dass es ihren kleinen Patienten an nichts<br />
mangelt – von der passenden kleidung bis hin zur umfassenden Pflege.<br />
ihnen und dem Kind.“ So früh wie möglich integriert sie<br />
Mütter und Väter daher in die Pflege der Kinder, begleitet die<br />
ersten sanften Berührungen, das erste Wechseln der Windeln,<br />
das erste Kuscheln und überlässt ihnen nach und nach immer<br />
mehr Aufgaben. „Schließlich liegt es in meiner Verantwortung,<br />
die Weichen für eine positive Bindung zwischen Eltern<br />
und Kind zu stellen. Und es ist toll zu sehen, wie glücklich<br />
und entspannt sie sind, wenn sie zum ersten Mal miteinander<br />
kuscheln“, sagt sie.<br />
Damit sich Mütter und Väter nie alleingelassen fühlen, können<br />
sie sich auch nach der Entlassung ihres Kindes jederzeit<br />
an das Stationsteam wenden. Die intensive Auseinandersetzung<br />
mit dem Gefühlsleben der Eltern kommt an: Viele<br />
Familien schicken dem Team regelmäßig Fotos oder Karten<br />
und sagen auf diese Weise noch nach Jahren immer wieder<br />
„Danke“.<br />
Licht und schatten<br />
Ulrike Gutberlet kennt jedoch auch die Schattenseiten ihrer<br />
Arbeit: Der Zustand eines Kindes kann sich plötzlich verschlechtern,<br />
etwa wenn Komplikationen eintreten. Je kleiner<br />
ein Frühgeborenes bei seiner Geburt ist, desto höher ist das<br />
Risiko für Infektionen, Atempausen oder Hirnblutungen. „In<br />
12 srh Magazin<br />
zu früh gEborEn<br />
Von jährlich rund 800.000 neugeborenen in Deutschland<br />
kommen 50.000 als Frühchen zur Welt, also vor<br />
Vollendung der 37. schwangerschaftswoche (ssW); rund<br />
8.000 vor der 30. ssW, etwa 1.000 sogar schon in der<br />
24. und 25. ssW.<br />
Durch die Fortschritte bei schwangerenbetreuung, Ge-<br />
burtshilfe und neugeborenenintensivpflege haben sich<br />
die überlebenschancen selbst kleiner Frühchen ab der<br />
24. ssW enorm verbessert, auch wenn ihre Lunge zu die-<br />
sem zeitpunkt noch nicht ausgereift ist. intensität und<br />
Ausmaß der medizinischen Maßnahmen hängen von<br />
reifegrad und zustand des jeweiligen Frühgeborenen ab.<br />
eine Prognose, wie sich ein Frühchen entwickelt, ist fast<br />
unmöglich: bei extrem kleinen kann der Verlauf völlig<br />
normal sein, während andere später behindert sind. Früh-<br />
geborene sollten daher entwicklungsneurologisch und<br />
-psychologisch nachuntersucht werden, damit bei bedarf<br />
frühzeitig Krankengymnastik, ergotherapie oder Frühför-<br />
derung starten können.<br />
solchen Momenten fühle ich mich innerlich zerrissen: Ziel ist<br />
es, das Kind bestmöglich zu versorgen. Genaue Beobachtung,<br />
schnelles Reaktionsvermögen und ruhiges Handeln sind<br />
oberstes Gebot. Gleichzeitig möchte ich aber auch den Eltern<br />
eine Stütze sein“, beschreibt sie.<br />
Manchmal genügen jedoch kleine Gesten, um Müttern<br />
und Vätern Halt zu geben. „Jedes Kind hat seinen eigenen<br />
Weg. Statistisch gesehen entwickelt sich nur jedes dritte Frühgeborene<br />
normal. Doch was heißt schon normal?“, betont sie.<br />
„Die meisten Eltern schätzen es, dass wir nicht einfach sagen:<br />
Alles wird gut.“ Denn ein Viertel der extrem unreifen Kinder<br />
überlebt nicht – eine Tatsache, die auch für das ganze Team<br />
schwer zu verarbeiten und anzunehmen sei.<br />
Dennoch: Für Ulrike Gutberlet überwiegen die positiven<br />
Aspekte ihrer Arbeit. „Die meisten Frühgeborenen haben<br />
heute eine reelle Überlebenschance, und sie heranreifen zu<br />
sehen ist ein riesiges Geschenk“, sagt sie. „Und wenn am Ende<br />
der Schicht meine Schützlinge ganz entspannt sind, weiß<br />
ich: Es war ein toller Tag, ich habe ihnen gut getan.“ Daraus<br />
schöpft sie ihre Kraft – für sich selbst, für ihre kleinen Patienten<br />
und für deren Eltern.<br />
GAbrieLe jörG