Gegen Alle - Zahnärztekammer Niedersachsen
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Dr. Julius<br />
Beischer,<br />
FVDZ-<br />
Vorsitzender<br />
und Chefredakteur<br />
der<br />
ZKN Mitteilungen<br />
Fünf Jahre Osten<br />
Vor wenigen Tagen sprach ich mit dem<br />
Sohn eines befreundeten Ehepaares,<br />
welcher jetzt sein Medizinstudium abgeschlossen<br />
hat. Für ihn steht fest, in<br />
Deutschland wird er nicht bleiben. Ich<br />
fragte nach seinen Kommilitonen – die meisten<br />
wollen weg!<br />
Woher er wissen wolle, dass es anderswo besser<br />
sei. Da berichtete er mir voller Enthusiasmus,<br />
dass er seine Praktika nach dem ersten Staatsexamen<br />
vorwiegend im Ausland absolviert habe.<br />
Das Reisegeld hatte er sich zusammengejobbt, die<br />
Verbindungen hatte er selbst geknüpft.<br />
In Zürich, Rom, Alexandria und Sydney war er<br />
überall mit großer Freundlichkeit aufgenommen<br />
worden. Man brachte dem jungen (unerfahrenen)<br />
Mediziner kollegialen Respekt entgegen und<br />
bemühte sich, ihm in der vorhandenen Zeit möglichst<br />
viel beizubringen und an den eigenen Erfahrungen<br />
teilhaben zu lassen.<br />
»Die Deutschen meinen, sie wären die einzigen,<br />
die hart arbeiten können«, meinte er, »aber<br />
ein junger Arzt an einer deutschen Klinik vergisst<br />
zu leben. Das ist der Unterschied«. Er berichtete<br />
vom gemeinsamen Capuccino des Chirurgen-<br />
Teams vor Beginn der Schicht in Rom, von Ausflügen<br />
samt Familien in Zürich, von Grill-Parties in<br />
Sydney – alles locker und unverkrampft.<br />
Er wird auch nicht mehr vergessen, wie die<br />
Grundversorgung in Ägypten aussah und worüber<br />
sich hiesige Patienten aufregen und beklagen.<br />
Er meinte ganz trocken, dass er sich in Deutschland<br />
noch nie wie ein Gott in Weiß gefühlt hätte,<br />
aber wie ein nützlicher Idiot wolle er sich auch<br />
nicht mehr behandeln lassen.<br />
Nebenbei sei ihm auch der administrative Irrsinn<br />
deutlich geworden, der in Deutschland betrieben<br />
würde. Von außen betrachtet wirke das<br />
Ganze nur noch lächerlich.<br />
Editorial<br />
Auf mein Argument, Frau Schmidt hätte doch<br />
gefordert, es müsse Schluss sein mit der Ideologie<br />
der Freiberuflichkeit und er könne doch in ein<br />
MVZ a`la Ambulatorium gehen und dort eine Nische<br />
suchen, da sah er mich plötzlich ziemlich<br />
ernst an und bemerkte: »Weißt Du was ich glaube?<br />
Wenn die Politiker so weitermachen wie bisher,<br />
dann vergattern sie jeden jungen Arzt erst<br />
einmal zu mindestens fünf Jahren Pflichtarbeit<br />
im Osten. Wer das nicht will, muss dem deutschen<br />
Steuerzahler das Geld zurückzahlen, das<br />
für seine Ausbildung aufgewendet wurde.«<br />
Ich war erst einmal sprachlos. Aber dann wurde<br />
mir klar: Er hat Recht. Das kommt so sicher wie<br />
das Amen in der Kirche.<br />
»Und siehst Du«, sagte er dann grinsend, »weil<br />
ich das unseren Politikern real zutraue, werde ich<br />
rechtzeitig mein Glück woanders versuchen.«<br />
Spontan erwiderte ich ihm – auch grinsend,<br />
aber nachdenklich – »Es drängen sich ja verblüffende<br />
Parallelen auf. Das staatliche Gesundheitssystem<br />
in der ehemaligen DDR führte seinerzeit<br />
auch zu einem Massen-Exodus des ärztlichen Personals.<br />
Erst die innerdeutsche Grenze stoppte diese<br />
Abstimmung mit den Füßen gewaltsam. Sieh<br />
zu, dass Du abhaust, bevor die neuen Sozialisten<br />
– die roten und die schwarzlackierten – versuchen,<br />
Dir diese Möglichkeit zu verbauen.«<br />
3 | 2007 · ZKN MIT TEILUNGEN · 129