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PDF-Datei des Aufsatzes - Bibliothek für Bildungsgeschichtliche ...

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184 Dietmar Haubfl eisch / Christian Ritzi<br />

sungsvorschläge diskutiert wurden, fand eine einschneidende Zäsur in der<br />

Geschichte der Schriftengattung nahezu unvermerkt statt.<br />

Die in der Anfangsphase als Einladungsschrift dienenden Schulprogramme<br />

hatten zunächst nur eine untergeordnete Funktion gegenüber der im Zentrum<br />

stehenden Festveranstaltung. Dieses Verhältnis wandelte sich im 19. Jahrhundert<br />

dahingehend, dass Schulprogramme einen immer selbständigeren Charakter<br />

einnahmen, während die öffentlichen Examina in den Hintergrund traten<br />

und schließlich ganz abgeschafft wurden. In Preußen stellte das Kultusministerium<br />

mit Erlass vom 07.10.1893 fest, „daß die Einrichtung der öffentlichen<br />

Prüfungen an höheren Schulen zum Schlusse <strong>des</strong> Schuljahres in den Augen <strong>des</strong><br />

Publikums fast überall dasjenige Interesse verloren hat, welches ihr in früheren<br />

Zeiten entgegengebracht wurde. Da somit der Hauptzweck der Einrichtung,<br />

die Vermittlung <strong>des</strong> Zusammenhangs zwischen Schule und Familie, nicht mehr<br />

erreicht wird und die Prüfung vielfach zu einer leeren Schaustellung zu werden<br />

droht“, 60 wurden die öffentlichen Prüfungen als Pfl ichtveranstaltung <strong>für</strong> höhere<br />

Schulen abgeschafft.<br />

Diese Zäsur hängt maßgeblich mit der Veränderung der schulischen Leistungskontrolle<br />

zusammen. Bereits 1788 wurde in Preußen das erste Abiturreglement<br />

erlassen, das erstmals den Zugang zu den Universitäten mit den<br />

Schulleistungen der Schüler verband. Es dauerte allerdings noch Jahrzehnte,<br />

bis sich die mit Noten zertifi zierte Überprüfung der Gymnasiasten als verbindliche<br />

Voraussetzung <strong>für</strong> ein Universitätsstudium endgültig durchsetzen<br />

konnte. 61 Damit wurden die öffentlichen Examina obsolet, die bis dahin zwar<br />

weniger eine Leistungskontrolle darstellten, aber immerhin die Funktion einer<br />

Leistungsschau der Schüler erfüllten. 62 Wie der Erlass von 1893 suggeriert, verkamen<br />

die öffentlichen Prüfungen mehr und mehr zu sinnentleerten Ritualen.<br />

Damit verloren die Schulprogramme ihre ursprüngliche Funktion als Medium<br />

zur Ankündigung von und Einladung zu öffentlichen Prüfungen.<br />

60 Erlass vom 07.10.1893, veröffentlicht in: Zentralblatt, Jg. 35 (1893), S. 779 f.<br />

61 Erst das preußische Prüfungsreglement von 1834 beseitigte bis dahin noch bestehende ständische<br />

Privilegien und wies dem „Gymnasium ein <strong>für</strong> alle verbindliches Berechtigungsmonopol“<br />

(Herrlitz: Bildung (wie Anm. 19), S. 97) zu.<br />

62 Während der öffentlichen Examina mussten Schüler beispielsweise Vorträge halten, disputieren,<br />

Schauspiele aufführen usw., d. h. die Defi nition <strong>des</strong>sen, was einen guten Schüler bestimmt,<br />

unterschied sich gravierend von jener, die im späten 18. Jahrhundert ihren Ausgang nahm.

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