Abb. 6: Auszug aus dem Kapitel „Mitteilungen an die Eltern“ <strong>des</strong> Jahresberichts <strong>des</strong> Staatlichen Hohenzollerngymnasiums mit Realgymnasium zu Düsseldorf <strong>für</strong> das Schuljahr 1929/30, S. 21.
Schulprogramme – Geschichte und Bedeutung 199 Während der berichtende Teil der Schulprogramme vor allem <strong>für</strong> die Bildungsgeschichte einen herausragenden Fundus darstellt, sind die Abhandlungen von transdisziplinärem Interesse, weil sie eine wichtige Quelle <strong>für</strong> die Entwicklung aller Disziplinen bilden. Problematisch ist allerdings die Frage nach ihrer Qualität. Für Koppitz ist der Wert der Abhandlungen unbestreitbar. Er begründet dieses Urteil damit, dass viele berühmte oder zumin<strong>des</strong>t in der Wissenschaft bekannte Gelehrte als aktuelle oder ehemalige Gymnasiallehrer Programmabhandlungen geschrieben hätten. 103 Als Beleg da<strong>für</strong> nennt er u. a. Hegel und Görres, die um viele weitere prominente Namen ergänzt werden können. Tatsächlich fanden viele Abhandlungen insbesondere jener Lehrer, die an den bedeutendsten Schulen unterrichteten, in der Gelehrtenwelt Anerkennung. Die bereits oben dargestellte Kontroverse verdeutlicht jedoch, dass die Qualität der Arbeiten höchst unterschiedlich bewertet wurde. So heißt es im Vorbericht <strong>des</strong> ersten Heftes <strong>des</strong> Magazins <strong>für</strong> Schulen und die Erziehung überhaupt: „Es ist bekannt, daß diese Art von Schriften, welche meistens geschrieben werden, weil man schreiben muß, selten der Ehre einer genauern Kritik gewürdigt werden, weil sie nur gar zu oft unter der Kritik sind.“ 104 Während der Quellenwert <strong>für</strong> die allgemeine Wissenschaftsgeschichte bei den Abhandlungen der späten Erscheinungsjahre insgesamt und bei der davorliegenden Phase partiell fragwürdig ist, bleibt er <strong>für</strong> die Historische Bildungsforschung unbestreitbar. Allein die zahlreichen Schulgeschichten bilden unverändert eine wichtige Quelle, zumal die damaligen Historiographen vielfach über heute nicht mehr vorhandene Unterlagen verfügen konnten. Ein anderer, bislang wenig beachteter Forschungsaspekt sind Wandlungen in den Fachdidaktiken, soweit sie sich aus Schulprogramm-Abhandlungen erschließen lassen. Zwar fand der Diskurs pädagogischer Fragen im Zuge der Professionalisierung <strong>des</strong> Berufsstan<strong>des</strong> der Lehrer höherer Schulen zunehmend in Fachzeitschriften statt, aber der Aspekt, das schulische Umfeld, vor allem die Eltern, <strong>für</strong> fachdidaktische Veränderungen zu sensibilisieren und zu gewinnen, lässt sich kaum besser beobachten als in Schulprogramm-Abhandlungen. Wie weit gefächert die Bandbreite und die Bedeutung wissenschaftlicher Abhandlungen sind, zeigt sehr anschaulich der Gießener <strong>Bibliothek</strong>ar Lothar Kalok, der auf Arbeiten zur lokalen Flora und Fauna hinweist: 1993 (Sozialhistorische Untersuchungen zur Reformpädagogik und Erwachsenenbildung, 15), S. 9–31. 103 Koppitz: Bedeutung (wie Anm. 99), hier S. 341. 104 Vorbericht. In: Magazin <strong>für</strong> Schulen und die Erziehung überhaupt. Nördlingen. Jg. 1. 1766 (1766/67), H. 1, S. 1–11. – Digitalisat: http://www.bbf.dipf.de/cgi-shl/digibert.pl?id=BBF0542410; hier S. 4.