PDF-Datei des Aufsatzes - Bibliothek für Bildungsgeschichtliche ...
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Schulprogramme – Geschichte und Bedeutung 171<br />
sophie, Philologie, Geschichte – und wurden <strong>des</strong>halb weit über den Kreis der<br />
Schulmänner rezipiert, aber es fi nden sich auch zahlreiche dezidiert pädagogische<br />
Abhandlungen darunter. Eine der ersten im engeren Sinne pädagogischen<br />
Fachzeitschriften, die ab 1741 erscheinenden Acta Scholastica, beruht überwiegend<br />
auf der Rezension und auszugsweisen Wiedergabe von Abhandlungen<br />
aus Schulprogrammen. Im Untertitel der Zeitschrift heißt es: „Worinnen nebst<br />
einem gründlichen Auszuge derer auserlesensten Programmatum der gegenwärtige<br />
Zustand derer berühmtesten Schulen und der dahin gehörigen Gelehrsamkeit<br />
entdecket wird“. 18 Schulprogramme bilden <strong>des</strong>halb eine frühe Vorstufe<br />
der Mitte <strong>des</strong> 18. Jahrhunderts einsetzenden pädagogischen Fachpresse, die mit<br />
den Acta Scholastica einen ersten Ort der Fachkommunikation erhielt. Damit<br />
wurde auch eine Vereinheitlichung der strukturellen Gliederung von Schulprogrammen<br />
erreicht, denn es entstanden bestimmte inhaltliche Erwartungen an<br />
die Schriftengattung, die dann 1824 in das preußische Circular-Rescript einfl<br />
ossen.<br />
Mit der Ausbildung <strong>des</strong> absolutistischen Wohlfahrts- und Verwaltungsstaates<br />
verringerte sich die Distanz zwischen Staat und Unterrichtswesen zunehmend,<br />
denn durch die staatlich geleitete Reform <strong>des</strong> Erziehungswesens wurden<br />
sowohl politische Loyalität als auch wirtschaftliches Wachstum erwartet. Das<br />
Studium an Universitäten wurde ausschließlich als Vorbereitung auf staatliche<br />
oder kirchliche Ämter verstanden und damit wurde von den Gelehrtenschulen<br />
die da<strong>für</strong> angemessene Vorbereitung erwartet. 19 In Preußen wurde im Zuge<br />
dieser Entwicklung eine Unterrichtsverwaltung geschaffen, die 1817 zur Einrichtung<br />
eines selbständigen Kultusministeriums führte. Im Gegensatz zu vielen<br />
weitergehenden Konzeptionen beschränkte sich die Fachaufsicht allerdings<br />
auf das höhere Schulwesen, während das niedere weiterhin in lokaler Zuständigkeit<br />
verblieb.<br />
Die Aufgabe der staatlichen Fachaufsicht erforderte eindeutige, vergleichbare<br />
und belastbare Informationen zum lan<strong>des</strong>eigenen höheren Schulwesen. Statt<br />
ein neues, da<strong>für</strong> geeignetes Informationsmedium einzuführen, wurde auf die<br />
Tradition der Schulprogramme zurückgegriffen.<br />
Da es <strong>für</strong> diese keine verbindliche Regelung zur Strukturierung gab, wiesen<br />
die Schulprogramme eine große Variationsbreite auf. Immerhin zwei Merkmale<br />
wurden Anfang <strong>des</strong> 19. Jahrhunderts erwartet: „Sie enthalten außer den<br />
18 Acta Scholastica, worinnen nebst einem gründlichen Auszuge derer auserlesensten Programmatum<br />
der gegenwärtige Zustand derer berühmtesten Schulen und der dahin gehörigen Gelehrsamkeit<br />
entdecket wird. Nürnberg [u. a.]: Jg. 1 (1741) bis 8 (1748).<br />
19 Vgl. Herrlitz, Hans-Georg: Bildung und Berechtigung. Zur Sozialgeschichte <strong>des</strong> Gymnasiums<br />
(1997). In: Ders.: Auf dem Weg zur Historischen Bildungsforschung. Weinheim: 2001,<br />
S. 93–105, hier S. 96.