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I<br />
> Schwerpunkt<br />
Philipp Rösler:<br />
elde 5|2011<br />
Für ein starkes Europa<br />
mit solider Währung und<br />
wirtschaftlicher Vernunft<br />
Der Deutsche Bundestag hat am 29. September mit der Zustimmung<br />
zum erweiterten EFSF-Rettungsfonds ein wichtiges Signal<br />
gesendet: Wir stehen als Regierungskoalition klar zur Europäischen<br />
Union und zur Zukunft des Euroraums. Dafür gab es eine<br />
breite eigene Mehrheit. Wir Liberale haben dazu als entscheidender<br />
Stabilitätsanker ganz erheblich beigetragen. Wir haben<br />
zugleich das Königsrecht des Parlaments durchgesetzt: Auch<br />
beim EFSF behält der Haushaltsgesetzgeber das letzte Wort. Auf<br />
die FDP ist Verlass: Wir halten auch in stürmischen Zeiten entschlossen<br />
und standfest Kurs, wenn es um mehr Wettbewerbsfähigkeit<br />
in Europa und um die Stabilität unserer Währung geht.<br />
Uns leitet dabei eine langfristige europäische Vision. Kurzfris -<br />
tige Maßnahmen wie die Stärkung der EFSF sind wichtig, aber<br />
sie dürfen nicht den Blick auf das darüber hinaus Notwendige<br />
verstellen. Die FDP bleibt dabei die treibende Kraft. Denn wir<br />
haben ein klares Ziel vor Augen: eine Europäische Stabilitätsunion,<br />
getragen von pro-europäischem Geist und gegründet auf<br />
wirtschaftlicher Vernunft. Wir wollen keine europäische Zentralregierung,<br />
von der niemand weiß, welche Richtung sie einschlägt<br />
und wie sie sich demokratisch legitimiert. Zentralistische<br />
Europapolitik bringt Europa nicht weiter, auch weil Integration<br />
am Ende nur durch einen geordneten Wettbewerb um die bes -<br />
ten Lösungen gelingt. Werden die Anreize eines geordneten<br />
Wettbewerbs ausgeschaltet, gerät die Wettbewerbsfähigkeit<br />
Europas und die Akzeptanz der europäischen Idee in Gefahr.<br />
Zur Ordnung des Wettbewerbs brauchen wir ein klares Werteund<br />
Regelsystem in Europa, das am Ziel der Stabilität ausgerichtet<br />
ist und die dafür notwendigen Maßnahmen und Mechanismen<br />
festschreibt. Wenn die Hauptursache der aktuellen Krise<br />
die Verschuldung ist, dann gehört zu diesem Wertegerüst auf<br />
jeden Fall eine Schuldenbremse mit Verfassungsrang. Sie muss<br />
für alle europäischen Staaten, mindestens in der Eurozone, verpflichtend<br />
werden. Wir brauchen zudem einen Wettbewerbsfä-<br />
higkeitstest, der sich an den Grundprinzipien der Sozialen<br />
Marktwirtschaft orientiert. Da geht es um Fragen wie: Wie flexibel<br />
ist der Arbeitsmarkt, wie innovationsfreudig ist die Wirtschaft,<br />
wie gut ist die Infrastruktur? Hier muss jedes Land seine<br />
Hausaufgaben machen. Denn mehr Wettbewerbsfähigkeit ist<br />
der entscheidende Schlüssel auf dem weiteren Weg.<br />
Wir wollen die Eurozone als Ganzes erhalten. Aber gerade um<br />
diese Einheit zu bewahren und zu verteidigen, darf man keine<br />
Option zur Erreichung einer Schuldentragfähigkeit ausschließen.<br />
Alle notwendigen Instrumente müssen für den Notfall griffbereit<br />
sein. Nur so können wir dann auch jederzeit das Richtige tun<br />
und die Voraussetzungen dafür schaffen, dass ein Land in finanziellen<br />
Schwierigkeiten schnell und nachhaltig wieder auf die<br />
Beine kommt. Nur so schaffen wir neues Vertrauen bei den Bürgern,<br />
den Unternehmen und den Investoren. Die Beteiligung privater<br />
Gläubiger im Vertragsentwurf für den künftigen Europäischen<br />
Stabilitätsmechanismus ESM ist ein erster Schritt in diese<br />
Richtung. Damit stärken wir die Gläubigerhaftung und stärken<br />
die ordnungspolitisch zentrale Haftung der Investoren. Unser<br />
Ziel muss es bleiben, dieses Haftungsprinzip durch ein umfassendes<br />
Resolvenzverfahren weiter zu stärken. Wir brauchen ein<br />
geordnetes Verfahren zur Wiederherstellung der wirtschaftlichen<br />
Wettbewerbsfähigkeit eines Landes. Es geht darum, das<br />
betroffene Land innerhalb der Eurozone wieder wettbewerbsfähig<br />
zu machen. Mit einem solchen Verfahren setzt man ein<br />
Stoppschild auf dem unter Rot-Grün eingeschlagenen Weg in<br />
eine Transferunion. Wichtige Elemente eines solchen Verfahrens<br />
sind objektive Regeln für die Feststellung der Schuldentragfähigkeit,<br />
ein unabhängiges, mit der Durchführung des Verfahrens<br />
beauftragtes Gremium und eine klare Gesundungsperspektive<br />
für die betroffene Volkswirtschaft durch das Sanierungsprogramm.<br />
Ein klares Wertegerüst, Schuldenbremsen mit Verfassungsrang,<br />
einen regelmäßigen Test der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit,<br />
automatische Sanktionen und Mechanismen zur Haftungsdurchsetzung<br />
sowie ein glaubhaftes Resolvenzverfahren: Das ist das<br />
Fundament für ein Europa der Stabilität und des Wachstums.<br />
Auf diesem Fundament können die Menschen ihre individuellen<br />
Stärken entfalten und einbringen. So kommen wir raus aus<br />
einem Schuldeneuropa, hin zu einer Stabilitätsunion. Für uns Liberale<br />
liegt darin die Zukunft Europas.