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Grundlagentexte aus der Aufbauphase 2008/2009

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2. THEMENHORIZONTE:<br />

WORAN BELA III ARBEITET<br />

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2. THEMENHORIZONTE:<br />

WORAN BELA III ARBEITET<br />

2.1. FÜR EINE KULTUR<br />

DER KOPRODUKTION IN DER<br />

PFLEGE – KREATIV, INNOVATIV,<br />

PARTNERSCHAFTLICH<br />

Prof. Dr. Reimer Gronemeyer u.a.<br />

Justus-Liebig-Universität, Giessen<br />

Auszug <strong>aus</strong> dem von mehreren Autorinnen und<br />

Autoren gemeinsam verfassten Band „Gemeinsam<br />

Betreuen“ <strong>der</strong> Bosch-Stiftung Stuttgart.<br />

Einen ähnlich lautenden Vortrag mit dem Titel<br />

„BELA III – eine Idee verbindet. Gut leben im hohen<br />

Alter als Aufgabe <strong>der</strong> Bürgergesellschaft“ hatte<br />

Reimer Gronemeyer auf <strong>der</strong> BELA-Verbundkonferenz<br />

am 10. Juli <strong>2008</strong> in Stuttgart gehalten. Im<br />

folgenden Text werden diese Ideen nun <strong>aus</strong>formuliert.<br />

In seinem Artikel umreißt Reimer Gronemeyer das<br />

Konzept <strong>der</strong> Koproduktion. Darunter versteht er<br />

neue Formen <strong>der</strong> Zusammenarbeit mit verschiedenen<br />

Akteuren in <strong>der</strong> Betreuung Pflegebedürftiger<br />

und insbeson<strong>der</strong>e Demenzkranker. Koproduktion<br />

ist dabei nicht einfach nur Kooperation, son<strong>der</strong>n<br />

auch ein schöpferisch-kreativer Prozess, in dem<br />

von den Betroffenen, den Angehörigen, den Fachkräften,<br />

den Freiwilligen und den Technikern gemeinsam<br />

Betreuung gestaltet und organisiert<br />

wird. Dass ein solches Umdenken auch Schwierigkeiten<br />

und Her<strong>aus</strong>for<strong>der</strong>ungen mit sich bringt, ist<br />

unumgänglich, aber notwendig.<br />

KOPRODUKTION –<br />

DAS KONZEPT FÜR EINE<br />

SCHÖPFERISCHE ANTWORT?<br />

Die wachsende Zahl von Menschen mit Demenzerkrankungen<br />

stellt die deutsche Gesellschaft vor<br />

neue Her<strong>aus</strong>for<strong>der</strong>ungen – und dies in einer Zeit,<br />

in <strong>der</strong> im Gesundheitsbereich immer weniger finanzielle<br />

Ressourcen zur Verfügung stehen. Bisher<br />

ist die Betreuung dieser Menschen vor allem an<br />

zwei Orten zentriert gewesen: in <strong>der</strong> Familie einerseits,<br />

in pflegenden Institutionen an<strong>der</strong>erseits.<br />

Weil diese Betreuung nicht zufriedenstellend, zu<br />

kostspielig o<strong>der</strong> für die Beteiligten zu belastend<br />

ist, hat die Suche nach neuen Wegen <strong>der</strong> Betreuung<br />

begonnen. Wir schlagen vor, dass künftig<br />

neue Formen <strong>der</strong> Zusammenarbeit gestärkt werden,<br />

in denen verschiedene Akteure mit dem Ziel<br />

<strong>der</strong> Verbesserung <strong>der</strong> Betreuung zusammenwirken<br />

und bezeichnen dieses neue Sozialmodell – im<br />

Anschluss an Debatten in an<strong>der</strong>en Arbeitsfel<strong>der</strong>n<br />

– als Koproduktion. Es ist daran zu erinnern, dass<br />

die Betreuung von Kin<strong>der</strong>n heute schon oft einen<br />

solchen koproduktiven Charakter trägt, wenn<br />

man bedenkt, wie viele Akteure – von <strong>der</strong> Musiklehrerin<br />

über die Eltern bis zur Kin<strong>der</strong>gärtnerin -<br />

an diesem Prozess beteiligt sind.<br />

Koproduktion ist mehr als das Nebeneinan<strong>der</strong> verschiedener<br />

Akteure. Der Vorschlag wird sich <strong>aus</strong>einan<strong>der</strong>setzen<br />

müssen mit den Einwänden „es<br />

geht nicht“ (weil wir ein versäultes Leistungsprinzip<br />

haben, das dafür keine Spielräume lässt) bzw.<br />

„das machen wir schon“ (weil die Zusammenarbeit<br />

verschiedener Kooperateure selbstverständlich<br />

ist). „Koproduktion“ muss deshalb deutlich<br />

machen, dass sie mehr ist als „Kooperation“.<br />

Der Begriff „Koproduktion“ könnte den Eindruck<br />

erwecken, die Betreuung von an Demenz Erkrankten<br />

solle in ein betriebswirtschaftliches Kalkül<br />

überführt werden o<strong>der</strong> es gehe dabei um Organi-<br />

sationsformen, die sich an industrielle Vollzüge<br />

anlehnen. Wir verorten den Begriff aber in zwei<br />

gänzlich an<strong>der</strong>en Kontexten:<br />

Wir verweisen auf die künstlerisch-ästhetische<br />

Ebene und betonen so das innovativ-gestaltende<br />

Element, nicht das ökonomische.<br />

Wir verweisen auf den Ursprung des Begriffs<br />

„Produktion“, in dem das „Schöpferische“ im<br />

Vor<strong>der</strong>grund steht und so die gemeinsame Erfindung,<br />

För<strong>der</strong>ung und Überbietung akzentuiert.<br />

In diesem Sinne ist Koproduktion mehr als Kooperation<br />

und sie setzt fällige Vernetzungen und Integration<br />

vor<strong>aus</strong>.<br />

WER SIND DIE AKTEURE IN DER<br />

KOPRODUKTION?<br />

Wer sind die an diesem Prozess Beteiligten, in dem<br />

neue Formen <strong>der</strong> Betreuung entstehen sollen?<br />

Die Betroffenen, Menschen mit Demenz, sind<br />

zwar Adressaten <strong>der</strong> Betreuung, aber sie sind - soweit<br />

und solange das möglich ist - selbstredend<br />

die wichtigsten Akteure, da ihr Wohlergehen und<br />

ihre Beteiligung im Zentrum stehen.<br />

Die Angehörigen, die heute den bedeutendsten<br />

Pflegeanteil übernehmen, sind eine wichtige<br />

Quelle <strong>der</strong> Betreuung, die aber <strong>der</strong> Entlastung bedarf<br />

– weil die Familie bröckelt, weil die Pflegenden<br />

immer älter werden, weil die Zahl <strong>der</strong> Menschen<br />

mit Demenz zunimmt und weil die räumlichen<br />

Vor<strong>aus</strong>setzungen für häusliche Pflege<br />

häufig fehlen.<br />

Die Professionellen, Mediziner, Pflegepersonal,<br />

Psychologen etc., die im Umgang mit ökonomischen<br />

Zwängen und wachsendem Zeitdruck sich<br />

immer häufiger in <strong>der</strong> Situation sehen, das Gute<br />

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