Grundlagentexte aus der Aufbauphase 2008/2009
Grundlagentexte aus der Aufbauphase 2008/2009
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übergreifen<strong>der</strong> Abstimmungsprozesse und die<br />
Unterstützung inhaltlich <strong>aus</strong>gerichteter Kooperationsbeziehungen<br />
bei <strong>der</strong> Öffnung <strong>der</strong> Heime<br />
o<strong>der</strong> die Bereitschaft zur Initiierung, Begleitung,<br />
Unterstützung von Prozessen, z.B. durch Auftaktveranstaltungen,<br />
Dokumentationen, Einbindung<br />
von fachlicher Unterstützung, Gewinnung von<br />
qualifizierten Mo<strong>der</strong>atoren sowie die Bereitschaft,<br />
die Ergebnisse von bürgerschaftlichem Engagement<br />
in politische Entscheidungen mit einzubinden<br />
und Weiterentwicklungen zu för<strong>der</strong>n.<br />
Auf <strong>der</strong> Ebene des Managements ist die Bereitschaft,<br />
die Kooperationsformen bei <strong>der</strong> Vielfalt<br />
<strong>der</strong> Beschäftigten und <strong>der</strong> bürgerschaftlich Engagierten<br />
fair und auf gleicher Augenhöhe zu gestalten,<br />
eine wichtige Vor<strong>aus</strong>setzung. Dabei müssen<br />
die Grenzen <strong>der</strong> Instrumentalisierung von bürgerschaftlich<br />
Engagierten akzeptiert werden und die<br />
Einrichtungen dürfen bürgerschaftlich Engagierte<br />
nicht allein im Sinne einer professionellen „Anerkennungskultur“<br />
<strong>der</strong> eigenen Logik unterwerfen.<br />
Dies bedeutet auch, dass kompetente Vertretungen<br />
<strong>der</strong> verschiedenen Berufsgruppen mit einem<br />
qualifizierten Mandat für ihre Aushandlungsprozesse<br />
<strong>aus</strong>zustatten sind.<br />
Auf <strong>der</strong> dritten Ebene, jener <strong>der</strong> Beschäftigten und<br />
Engagierten, ist ein wechselseitiges Interesse und<br />
Respekt vor den Erfahrungen und Kompetenzen<br />
<strong>der</strong> jeweils an<strong>der</strong>en zu entwickeln und die Neugier<br />
darauf nicht aufzugeben. Zugleich muss eine Motivation,<br />
Lernbereitschaft und Ambiguitätstoleranz<br />
im Umgang mit dem jeweils an<strong>der</strong>en als Vor<strong>aus</strong>setzung<br />
gelten, ebenso wie die Bereitschaft zu<br />
Kompromissen.<br />
Zum Abschluss soll hier <strong>der</strong> Psychiater Hans Förstl<br />
zitiert werden, <strong>der</strong> als einer <strong>der</strong> wichtigsten Demenzforscher<br />
in unserer Gesellschaft gilt. Er<br />
spricht die Perspektive <strong>der</strong> gesellschaftlichen Verantwortung<br />
für das Thema <strong>der</strong> Demenz an:<br />
„Der soziale Aust<strong>aus</strong>ch und die Gruppenkohärenz<br />
wurde bei unseren Vorfahren, ehe eine wohlklin-<br />
gende, festgesetzte Sprache zur Verfügung stand,<br />
durch gegenseitige Fellpflege vorgenommen („social<br />
grooming“). Die Kultur einer Gesellschaft<br />
zeigt sich daran, wie wohl sie dem Grundbedürfnis<br />
nach Nähe <strong>der</strong> Artgenossen dann noch entsprechen<br />
kann, wenn das Fell dünner wird.“ 10<br />
LITERATUR<br />
Bettmer, Franz: „Faire Kooperation“<br />
als Grundlage bürgerschaftlichen Engagements.<br />
Baltmannsweiler <strong>2008</strong><br />
Förstl, Hans: „Demenzen in Theorie und Praxis.<br />
Von <strong>der</strong> Anthropologie zur Therapie“ In: Wetzstein,<br />
Verena (Hg.): Ertrunken im Meer des<br />
Vergessens? Alzheimer-Demenz im Spiegel von<br />
Ethik, Medizin und Pflege. Freiburg 2005.<br />
S. 31 – 40<br />
Höhmann, Ulrike: „Vor<strong>aus</strong>setzungen und Möglichkeiten<br />
berufs- und einrichtungsübergreifen<strong>der</strong><br />
Kooperation zur Verbesserung <strong>der</strong> Versorgungsqualität<br />
pflegebedürftiger Menschen“<br />
In: Stemmer, Renate (Hg.): Qualität in <strong>der</strong> Pflege<br />
– trotz knapper Ressourcen. Hannover <strong>2009</strong>.<br />
S. 11 – 28<br />
Höhmann, Ulrike/ Müller-Mundt, Gabriele/<br />
Schulz, Brigitte: Qualität durch Kooperation.<br />
Frankfurt 1998<br />
Huber, Josef: Die verlorene Unschuld <strong>der</strong> Ökologie.<br />
Frankfurt am Main 1982<br />
Rawls, John: Politischer Liberalismus. Frankfurt<br />
am Main 2003<br />
Rawls, John: Eine Theorie <strong>der</strong> Gerechtigkeit.<br />
Frankfurt am Main 1979<br />
Wissmann, Peter/ Gronemeyer, Reimer:<br />
Demenz und Zivilgesellschaft – eine Streitschrift.<br />
Frankfurt <strong>2008</strong><br />
2.5. ÜBER DIE RICHTIGE<br />
FRAGE, DIE ÖFFNUNG DER HEIME<br />
UND DIE GEGENÖFFENTLICHKEIT.<br />
FÜNF ASPEKTE ZUM ERFOLG-<br />
REICHEN AUFBAU DES BELA III-<br />
NETZWERKS<br />
Prof. Dr. Hermann Brandenburg<br />
Philosophisch-Theologische Hochschule Vallendar,<br />
Katholische Fachhochschule Freiburg<br />
Gekürztes Manuskript eines Kommentars zur<br />
Auftaktveranstaltung<br />
„Der Lebensqualität verpflichtet“ des BELA III-<br />
Netzwerks, Fellbach, 15.06.<strong>2009</strong><br />
In kurzen und prägnanten Betrachtungen geht<br />
<strong>der</strong> folgende Artikel auf fünf verschiedene Aspekte<br />
<strong>der</strong> Arbeit von BELA III ein und untersucht diese<br />
auf ihren Nutzen hinsichtlich einer nachhaltigen<br />
und erfolgreichen Arbeit des Netzwerkes.<br />
Sinn und Zweck von BELA III ist <strong>der</strong> Aufbau eines<br />
Netzwerks stationärer Einrichtungen mit dem Ziel<br />
Lebensqualität im Alter zu för<strong>der</strong>n. Folgende fünf<br />
Aspekte sind meines Erachtens für den nachhaltigen<br />
Erfolg wichtig:<br />
BELA III rückt die richtige Frage ins Zentrum<br />
BELA III ist ein Modell gegen die „Industriali-<br />
sierung des Sozialen“<br />
BELA III stellt eine Gegenöffentlichkeit dar<br />
BELA III ist ein Beitrag zur<br />
„Öffnung <strong>der</strong> Heime“<br />
BELA III bietet die Chance für eine<br />
„faire Kooperation“ von Profis<br />
und bürgerschaftlich Engagierten<br />
1. BELA III RÜCKT DIE RICHTIGE<br />
FRAGE INS ZENTRUM<br />
In <strong>der</strong> stationären Altenhilfe gab es in den letzten<br />
Jahren einen Wandel <strong>der</strong> Leitbil<strong>der</strong> und Paradigmen.<br />
Noch weit bis in die 80er und 90er Jahre des<br />
letzten Jahrhun<strong>der</strong>ts ging es primär um Sicherheit<br />
und Gesundheit <strong>der</strong> Heimbewohner. Nun stehen<br />
Fragen <strong>der</strong> Lebensqualität im Zentrum, es geht um<br />
objektive und subjektive Merkmale. Im Kern geht<br />
es um ein Spektrum – vom körperlichen Wohlbefinden<br />
über Würde und Privatheit bis hin zu<br />
Wohnkomfort und Servicequalität. Diese Verän<strong>der</strong>ung<br />
von <strong>der</strong> Funktionalität hin zur Lebensqualität<br />
ist wichtig, sie rückt die Lebensqualität <strong>der</strong> Bewohnerinnen<br />
und Bewohner in den Mittelpunkt.<br />
Es geht nicht mehr allein um die Verbesserung <strong>der</strong><br />
medizinischen, pflegerischen o<strong>der</strong> sozialarbeiterischen<br />
Versorgung und Betreuung – berücksichtigt<br />
werden sollen die tatsächlichen Interessen <strong>der</strong> alten<br />
Menschen, ihre Ziele, ihre Wünsche, ihre Erwartungen.<br />
2. BELA III IST EIN MODELL<br />
GEGEN DIE „INDUSTRIALISIE-<br />
RUNG DES SOZIALEN“<br />
Informelle Formen <strong>der</strong> Betreuung, Zuwendung<br />
und Pflege sind sukzessive und immer mehr durch<br />
formelle Systeme und Professionen ersetzt worden.<br />
Entstanden sind Fürsorgeorganisationen,<br />
Pflegedienste, psychosoziale Angebote, kurz: <strong>der</strong><br />
Sozialstaat und seine Angebote. So wichtig und<br />
notwendig diese Dienste auch sind, ihre Grenzen<br />
sind bereits vor Jahren betont worden. Der Medizinkritiker<br />
Huber sprach von einer<br />
„Sozialindustrie, die für alle da ist - und die auch<br />
vor keinem Halt macht … Wir erleben ein schubartiges<br />
Wachstum <strong>der</strong> sozialen Berufe. Es deutet<br />
darauf hin, dass wir in eine Phase eintreten, die eine<br />
Industrialisierung des Gemeinschaftslebens bedeutet.“<br />
11<br />
DER AUFBAU DES<br />
BELA III-NETZWERKS<br />
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