20.07.2013 Aufrufe

Grundlagentexte aus der Aufbauphase 2008/2009

Grundlagentexte aus der Aufbauphase 2008/2009

Grundlagentexte aus der Aufbauphase 2008/2009

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

übergreifen<strong>der</strong> Abstimmungsprozesse und die<br />

Unterstützung inhaltlich <strong>aus</strong>gerichteter Kooperationsbeziehungen<br />

bei <strong>der</strong> Öffnung <strong>der</strong> Heime<br />

o<strong>der</strong> die Bereitschaft zur Initiierung, Begleitung,<br />

Unterstützung von Prozessen, z.B. durch Auftaktveranstaltungen,<br />

Dokumentationen, Einbindung<br />

von fachlicher Unterstützung, Gewinnung von<br />

qualifizierten Mo<strong>der</strong>atoren sowie die Bereitschaft,<br />

die Ergebnisse von bürgerschaftlichem Engagement<br />

in politische Entscheidungen mit einzubinden<br />

und Weiterentwicklungen zu för<strong>der</strong>n.<br />

Auf <strong>der</strong> Ebene des Managements ist die Bereitschaft,<br />

die Kooperationsformen bei <strong>der</strong> Vielfalt<br />

<strong>der</strong> Beschäftigten und <strong>der</strong> bürgerschaftlich Engagierten<br />

fair und auf gleicher Augenhöhe zu gestalten,<br />

eine wichtige Vor<strong>aus</strong>setzung. Dabei müssen<br />

die Grenzen <strong>der</strong> Instrumentalisierung von bürgerschaftlich<br />

Engagierten akzeptiert werden und die<br />

Einrichtungen dürfen bürgerschaftlich Engagierte<br />

nicht allein im Sinne einer professionellen „Anerkennungskultur“<br />

<strong>der</strong> eigenen Logik unterwerfen.<br />

Dies bedeutet auch, dass kompetente Vertretungen<br />

<strong>der</strong> verschiedenen Berufsgruppen mit einem<br />

qualifizierten Mandat für ihre Aushandlungsprozesse<br />

<strong>aus</strong>zustatten sind.<br />

Auf <strong>der</strong> dritten Ebene, jener <strong>der</strong> Beschäftigten und<br />

Engagierten, ist ein wechselseitiges Interesse und<br />

Respekt vor den Erfahrungen und Kompetenzen<br />

<strong>der</strong> jeweils an<strong>der</strong>en zu entwickeln und die Neugier<br />

darauf nicht aufzugeben. Zugleich muss eine Motivation,<br />

Lernbereitschaft und Ambiguitätstoleranz<br />

im Umgang mit dem jeweils an<strong>der</strong>en als Vor<strong>aus</strong>setzung<br />

gelten, ebenso wie die Bereitschaft zu<br />

Kompromissen.<br />

Zum Abschluss soll hier <strong>der</strong> Psychiater Hans Förstl<br />

zitiert werden, <strong>der</strong> als einer <strong>der</strong> wichtigsten Demenzforscher<br />

in unserer Gesellschaft gilt. Er<br />

spricht die Perspektive <strong>der</strong> gesellschaftlichen Verantwortung<br />

für das Thema <strong>der</strong> Demenz an:<br />

„Der soziale Aust<strong>aus</strong>ch und die Gruppenkohärenz<br />

wurde bei unseren Vorfahren, ehe eine wohlklin-<br />

gende, festgesetzte Sprache zur Verfügung stand,<br />

durch gegenseitige Fellpflege vorgenommen („social<br />

grooming“). Die Kultur einer Gesellschaft<br />

zeigt sich daran, wie wohl sie dem Grundbedürfnis<br />

nach Nähe <strong>der</strong> Artgenossen dann noch entsprechen<br />

kann, wenn das Fell dünner wird.“ 10<br />

LITERATUR<br />

Bettmer, Franz: „Faire Kooperation“<br />

als Grundlage bürgerschaftlichen Engagements.<br />

Baltmannsweiler <strong>2008</strong><br />

Förstl, Hans: „Demenzen in Theorie und Praxis.<br />

Von <strong>der</strong> Anthropologie zur Therapie“ In: Wetzstein,<br />

Verena (Hg.): Ertrunken im Meer des<br />

Vergessens? Alzheimer-Demenz im Spiegel von<br />

Ethik, Medizin und Pflege. Freiburg 2005.<br />

S. 31 – 40<br />

Höhmann, Ulrike: „Vor<strong>aus</strong>setzungen und Möglichkeiten<br />

berufs- und einrichtungsübergreifen<strong>der</strong><br />

Kooperation zur Verbesserung <strong>der</strong> Versorgungsqualität<br />

pflegebedürftiger Menschen“<br />

In: Stemmer, Renate (Hg.): Qualität in <strong>der</strong> Pflege<br />

– trotz knapper Ressourcen. Hannover <strong>2009</strong>.<br />

S. 11 – 28<br />

Höhmann, Ulrike/ Müller-Mundt, Gabriele/<br />

Schulz, Brigitte: Qualität durch Kooperation.<br />

Frankfurt 1998<br />

Huber, Josef: Die verlorene Unschuld <strong>der</strong> Ökologie.<br />

Frankfurt am Main 1982<br />

Rawls, John: Politischer Liberalismus. Frankfurt<br />

am Main 2003<br />

Rawls, John: Eine Theorie <strong>der</strong> Gerechtigkeit.<br />

Frankfurt am Main 1979<br />

Wissmann, Peter/ Gronemeyer, Reimer:<br />

Demenz und Zivilgesellschaft – eine Streitschrift.<br />

Frankfurt <strong>2008</strong><br />

2.5. ÜBER DIE RICHTIGE<br />

FRAGE, DIE ÖFFNUNG DER HEIME<br />

UND DIE GEGENÖFFENTLICHKEIT.<br />

FÜNF ASPEKTE ZUM ERFOLG-<br />

REICHEN AUFBAU DES BELA III-<br />

NETZWERKS<br />

Prof. Dr. Hermann Brandenburg<br />

Philosophisch-Theologische Hochschule Vallendar,<br />

Katholische Fachhochschule Freiburg<br />

Gekürztes Manuskript eines Kommentars zur<br />

Auftaktveranstaltung<br />

„Der Lebensqualität verpflichtet“ des BELA III-<br />

Netzwerks, Fellbach, 15.06.<strong>2009</strong><br />

In kurzen und prägnanten Betrachtungen geht<br />

<strong>der</strong> folgende Artikel auf fünf verschiedene Aspekte<br />

<strong>der</strong> Arbeit von BELA III ein und untersucht diese<br />

auf ihren Nutzen hinsichtlich einer nachhaltigen<br />

und erfolgreichen Arbeit des Netzwerkes.<br />

Sinn und Zweck von BELA III ist <strong>der</strong> Aufbau eines<br />

Netzwerks stationärer Einrichtungen mit dem Ziel<br />

Lebensqualität im Alter zu för<strong>der</strong>n. Folgende fünf<br />

Aspekte sind meines Erachtens für den nachhaltigen<br />

Erfolg wichtig:<br />

BELA III rückt die richtige Frage ins Zentrum<br />

BELA III ist ein Modell gegen die „Industriali-<br />

sierung des Sozialen“<br />

BELA III stellt eine Gegenöffentlichkeit dar<br />

BELA III ist ein Beitrag zur<br />

„Öffnung <strong>der</strong> Heime“<br />

BELA III bietet die Chance für eine<br />

„faire Kooperation“ von Profis<br />

und bürgerschaftlich Engagierten<br />

1. BELA III RÜCKT DIE RICHTIGE<br />

FRAGE INS ZENTRUM<br />

In <strong>der</strong> stationären Altenhilfe gab es in den letzten<br />

Jahren einen Wandel <strong>der</strong> Leitbil<strong>der</strong> und Paradigmen.<br />

Noch weit bis in die 80er und 90er Jahre des<br />

letzten Jahrhun<strong>der</strong>ts ging es primär um Sicherheit<br />

und Gesundheit <strong>der</strong> Heimbewohner. Nun stehen<br />

Fragen <strong>der</strong> Lebensqualität im Zentrum, es geht um<br />

objektive und subjektive Merkmale. Im Kern geht<br />

es um ein Spektrum – vom körperlichen Wohlbefinden<br />

über Würde und Privatheit bis hin zu<br />

Wohnkomfort und Servicequalität. Diese Verän<strong>der</strong>ung<br />

von <strong>der</strong> Funktionalität hin zur Lebensqualität<br />

ist wichtig, sie rückt die Lebensqualität <strong>der</strong> Bewohnerinnen<br />

und Bewohner in den Mittelpunkt.<br />

Es geht nicht mehr allein um die Verbesserung <strong>der</strong><br />

medizinischen, pflegerischen o<strong>der</strong> sozialarbeiterischen<br />

Versorgung und Betreuung – berücksichtigt<br />

werden sollen die tatsächlichen Interessen <strong>der</strong> alten<br />

Menschen, ihre Ziele, ihre Wünsche, ihre Erwartungen.<br />

2. BELA III IST EIN MODELL<br />

GEGEN DIE „INDUSTRIALISIE-<br />

RUNG DES SOZIALEN“<br />

Informelle Formen <strong>der</strong> Betreuung, Zuwendung<br />

und Pflege sind sukzessive und immer mehr durch<br />

formelle Systeme und Professionen ersetzt worden.<br />

Entstanden sind Fürsorgeorganisationen,<br />

Pflegedienste, psychosoziale Angebote, kurz: <strong>der</strong><br />

Sozialstaat und seine Angebote. So wichtig und<br />

notwendig diese Dienste auch sind, ihre Grenzen<br />

sind bereits vor Jahren betont worden. Der Medizinkritiker<br />

Huber sprach von einer<br />

„Sozialindustrie, die für alle da ist - und die auch<br />

vor keinem Halt macht … Wir erleben ein schubartiges<br />

Wachstum <strong>der</strong> sozialen Berufe. Es deutet<br />

darauf hin, dass wir in eine Phase eintreten, die eine<br />

Industrialisierung des Gemeinschaftslebens bedeutet.“<br />

11<br />

DER AUFBAU DES<br />

BELA III-NETZWERKS<br />

36 37

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!