Grundlagentexte aus der Aufbauphase 2008/2009
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NETZWERKEN<br />
68<br />
4.4. NETZWERKE(N):<br />
NETZWERKE. CHANCEN, RISIKEN,<br />
ANFORDERUNGEN.<br />
Dr. Ralf Vandamme<br />
Städtetag Baden-Württemberg<br />
Generiert <strong>aus</strong> einer Folienpräsentation<br />
Zunächst <strong>der</strong> Versuch einer Definition: Was bedeutet<br />
<strong>der</strong> Begriff „Netzwerk“ und was haben wir<br />
damit zu tun? Weswegen sind Netzwerke für uns<br />
wichtig und nützlich?<br />
Allgemein gesagt ist ein Netzwerk eine Struktur,<br />
die verschiedene individuelle Personen, Gruppen<br />
und Organisationen miteinan<strong>der</strong> verbindet, zwischen<br />
ihnen Kanäle <strong>der</strong> Kommunikation und Information<br />
aufbaut. Jede Instanz, jede Person o<strong>der</strong><br />
Gruppe bzw. Organisation bildet somit einen Knoten<br />
innerhalb des jeweiligen Netzwerkes. Netzwerke<br />
können hierbei ganz verschiedene Größen<br />
und Ausprägungen haben, eher informell und versteckt<br />
sein, inhärent o<strong>der</strong> geplant, engmaschig<br />
o<strong>der</strong> lose.<br />
Ohne dass man sich dessen unbedingt bewusst<br />
ist, sind die meisten Menschen Angehörige verschiedenster<br />
Netzwerke und damit auch Netzwerkmanagerinnen<br />
und -manager. Das bedeutet<br />
auch, dass jede/r nicht nur Teil eines Netzwerkes<br />
ist, son<strong>der</strong>n auch mehr o<strong>der</strong> weniger aktiv darin<br />
eingebunden – ein Knoten für weitere Personen<br />
und Gruppen. Beispielsweise ist eigentlich jede<br />
Person Teil eines familialen Netzwerkes und/ o<strong>der</strong><br />
eines sozialen Netzwerkes <strong>aus</strong> Freunden und Bekannten.<br />
Nachbarschaft und Vereine bilden ebenso<br />
„private" Netzwerke. Daneben gibt es die professionellen<br />
Netzwerke, die sich über eine Berufsgruppe<br />
bzw. Beschäftigung mit einem Thema<br />
definieren, und <strong>der</strong>en Angehörige sich auch darüber<br />
vernetzen. Nicht nur innerhalb einer Profes-<br />
sion gibt es diese Netzwerke, son<strong>der</strong>n auch interdisziplinär<br />
bzw. professionsübergreifend, man<br />
denke bspw. an professionelle Interessengruppen.<br />
Ebenfalls übergreifend in diesem Sinne, ohne dabei<br />
einen Fokus auf Professionen zu legen, sind<br />
Netzwerke <strong>aus</strong> Engagierten und Hauptamtlichen<br />
zu einem Thema wie bspw. caritative Netzwerke,<br />
in denen Menschen <strong>aus</strong> unterschiedlichstem<br />
Hintergrund mit dem gleichen Ziel bzw. Interesse<br />
zusammen kommen und sich bündeln.<br />
Generell können Netzwerke mit Hilfe von zwei<br />
Kriterien unterschieden werden, nämlich Kriterien<br />
die beschreiben, wie Netzwerke gesteuert und geformt<br />
werden: Mitgliedschaft und Steuerung.<br />
In familialen und professionellen Netzwerken etwa<br />
unterscheidet sich dies fundamental. So ist die<br />
Mitgliedschaft in familialen Netzwerken tendenziell<br />
unkündbar, in professionellen hingegen freiwillig.<br />
Und während in familialen Netzwerken die<br />
Steuerung auf emotionalen Ausgleich bedacht ist,<br />
steht in professionellen Netzwerken die Rentabilität<br />
und <strong>der</strong> Interessen<strong>aus</strong>gleich im Vor<strong>der</strong>grund.<br />
Für unsere Arbeit relevant sind hier v.a. die professionellen<br />
Netzwerke.<br />
Das wichtigste Medium aller Netzwerke ist die<br />
Kommunikation, und so sollte in einem professionellen<br />
Netzwerk auch die Kommunikation professionell<br />
organisiert sein.<br />
Dies betrifft zum einen die Kommunikationsqualität.<br />
Hierbei sollt darauf Wert gelegt werden, dass<br />
die Kommunikation inhaltlich-fachlich fundiert sowie<br />
zielgerichtet ist.<br />
Zum an<strong>der</strong>en betrifft dies die notwendig gleichmäßige<br />
Intensität <strong>der</strong> Kommunikation, was bedeutet,<br />
dass ein Netzwerk keine sogenannten<br />
stummen Knoten, etwa allzu passive Mitglie<strong>der</strong>,<br />
haben kann. Zudem dürfen keine allzu langen Ruhep<strong>aus</strong>en<br />
in <strong>der</strong> Netzwerkaktivität entstehen. Regelmäßige<br />
Treffen innerhalb eines Netzwerkes<br />
können sehr sinnvoll sein, um diesen beiden Punkten<br />
zu genügen.<br />
Wozu aber sind professionelle Netzwerke überhaupt<br />
wichtig? Was sind sie in <strong>der</strong> Lage zu leisten?<br />
Vier Punkte sind hierbei zu nennen:<br />
Netzwerke bilden einen Ressourcenpool<br />
für Wissen, Kreativität, Erfahrung<br />
und Infrastruktur<br />
Netzwerke stellen Zugang her, bündeln<br />
Informationen und Kontakte<br />
Netzwerke entwickeln fachliche Qualität<br />
mithilfe und durch den Erfahrungs<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch,<br />
sowie <strong>der</strong> Formulierung von Bedarfen<br />
Netzwerke bilden Meinung,<br />
insbeson<strong>der</strong>e, wenn sie kampagnenfähig sind<br />
Das Funktionieren von professionellen Netzwerken<br />
basiert auf dem so genannten Ringt<strong>aus</strong>ch, ein<br />
Prinzip des verteilten bzw. zyklischen Gebens. Als<br />
Teil des Netzwerkes gibt man etwas hinein (Wissen,<br />
Information, etc.), ohne dass <strong>der</strong> Adressat, also<br />
eine bestimmte Person/ Organisation, direkt etwas<br />
als Gegenleistung zurück gibt. Die Gegenleistung<br />
erfolgt sowohl zeitversetzt, als auch meist<br />
von einer an<strong>der</strong>en Person/ Organisation, mithin eines<br />
an<strong>der</strong>en Knotens des Netzwerkes, o<strong>der</strong> aber<br />
auch <strong>der</strong> Zentrale, sollte diese existieren. Bei <strong>der</strong><br />
Netzwerksteuerung, die bspw. durch diese Zentrale<br />
erfolgen kann o<strong>der</strong> aber durch alle Netzwerkangehörige<br />
gleichermaßen, muss demnach auf eine<br />
Balance und ein Ausgleich geachtet werden: keine<br />
Instanz, kein Knoten, keine Person o<strong>der</strong> Organisation<br />
sollte langfristig gesehen nur „draufzahlen",<br />
nur geben, da sonst eine festgefahrene Hierarchie<br />
<strong>der</strong> (reichen) Gebenden und (armen)<br />
Nehmenden entstünde, die es zu vermeiden gilt.<br />
Jedes professionelle Netzwerk ist mit verschiedenen<br />
Schwierigkeiten konfrontiert, die es anzugehen<br />
und zu lösen gilt – oftmals ebenfalls ein zyklischer<br />
Prozess. Zum einen stehen verschiedene Einrichtungen<br />
in Konkurrenz zueinan<strong>der</strong>, was zu<br />
Spannungen führen kann. Zum an<strong>der</strong>en ist die<br />
Motivation <strong>der</strong> einzelnen Mitglie<strong>der</strong>/ Angehörigen<br />
nicht notwendigerweise dieselbe, grob gesagt<br />
gibt es meist einen Unterschied im Engagement<br />
und <strong>der</strong> Motivation zwischen hauptamtlichen und<br />
ehrenamtlichen Netzwerkangehörigen. Entgegen<br />
bzw. unabhängig vom Anteil des „Gebens", <strong>der</strong><br />
Leistung und <strong>der</strong> Intensität <strong>der</strong> Mitarbeit fokussiert<br />
die gesellschaftliche Anerkennung oftmals<br />
auf das ehrenamtliche Engagement. Dies muss<br />
berücksichtigt und aufgefangen werden.<br />
Mit diesem Wissen im Hintergrund gilt es nun die<br />
Chancen durch BELA III aufzuzeigen: durch die alle<br />
Einrichtungen verbindenden, gemeinsamen Ziele<br />
kann sowohl das Ansehen aller Einrichtungen<br />
und ihrer Mitarbeiterschaft verbessert werden, als<br />
auch insgesamt durch das bürgerschaftliche Engagement<br />
an Qualität hinzugewonnen werden.<br />
Ebenso wird durch die gemeinsamen Interessen<br />
von Hauptamt und Engagement die Lebensqualität<br />
<strong>der</strong> Klienten gesteigert. Des weiteren kann<br />
durch die erhöhte Anerkennung <strong>der</strong> Hauptamtlichen<br />
auch <strong>der</strong> Aust<strong>aus</strong>ch mit <strong>der</strong> Gesellschaft erhöht<br />
werden.<br />
Für all diese Punkte ist ein Netzwerk sowie die<br />
Netzwerkarbeit wichtig und notwendig. Insbeson<strong>der</strong>e<br />
zwei Punkte sind her<strong>aus</strong>zustellen, warum<br />
Netzwerkarbeit so wichtig ist und warum gemeinsames<br />
Arbeiten für die gleichen Ziele sinnvoller ist<br />
als getrenntes:<br />
1. Engagementför<strong>der</strong>ung ist Image-Arbeit.<br />
Das öffentliche Bewusstsein än<strong>der</strong>t niemand im<br />
Alleingang.<br />
2. BELA III würde viele Mitstreiterinnen<br />
und Mitstreiter gewinnen, wenn es ein selbstverständlicher<br />
und von <strong>der</strong> Fachöffentlichkeit<br />
gepriesener „Trend“ wäre. Einen Trend schafft<br />
niemand im Alleingang.<br />
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