Sozialkunde und Wirtschaftslehre in Lernbausteinen

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Lernbaustein 1 Parteien, Bürgerinitiativen, Verbände und Gewerkschaften Parteien: Zentrale Stellung bei der politischen Willensbildung 58 Je mehr Stimmen sie bei Wahlen auf den unterschiedlichsten Ebenen (siehe das folgende Kapitel) gewinnen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie ihre Ideen und Vorschläge auch politisch umsetzen können. Aber nicht jede Gruppe von Leuten mit gleichen politischen Ansichten ist automatisch eine Partei. Damit eine politische Gruppierung als Partei anerkannt wird, muss sie vielmehr bestimmte, im Parteiengesetz festgelegte Voraussetzungen erfüllen: ➤ Sie muss über einen längeren Zeitraum Einfluss auf die politische Willensbildung nehmen und sich regelmäßig an Wahlen beteiligen. ➤ Wichtig ist eine eigenständige Organisation, sowohl dem Umfang als auch der Dauerhaftigkeit nach. Eine Organisation, die sich nur anlässlich einer Wahl bildet, ist keine Partei. ➤ Eine Partei muss eine Mindestzahl an Mitgliedern haben, damit die Ernsthaftigkeit ihrer Ziele gewährleistet bleibt. ➤ Sie muss öffentlich tätig sein. Doch warum muss es Parteien überhaupt geben? Schließlich genießen sie in der Bevölkerung oftmals keinen besonders guten Ruf, wie regelmäßige Meinungsumfragen belegen. Um diese Frage zu beantworten, stelle man sich nur einmal kurz eine moderne Massendemokratie ganz ohne Parteien vor. Wie soll das funktionieren? Wer soll stattdessen dafür zuständig sein, die unterschiedlichen politischen Interessen zu vertreten, zum Ausdruck zu bringen und letztlich in eine politische Entscheidung zu überführen? Wie will man ohne Parteien die Kandidatenauswahl bei Wahlen überhaupt organisieren? Ohne Parteien gäbe es in einer modernen Massengesellschaft mit Millionen von Staatsbürgern keine politische Willensbildung des Volkes, zumindest keine, die zu politischen Entscheidungen führen würde. In einem komplexen politischen System ist es für die Bürger nicht möglich, »mal eben« auf einem Marktplatz zusammenzukommen, um zu diskutieren und durch Zuruf direkt zu entscheiden. Wenn die Staatsgewalt vom Volke ausgehen soll, lässt sich dies praktisch nur mit Hilfe von Parteien organisieren. Sie stehen zwischen dem Volk – von dem die Staatsgewalt in einer Demokratie ausgeht – und dem Staat bzw. der Regierungsmacht, welche die Staatsgewalt auf Zeit ausübt. Somit nehmen Parteien eine entscheidende Vermittlerrolle ein. Ihre Zielsetzungen und politischen Programme sind dabei unterschiedlich wie die politischen Interessen und Wertvorstellungen der Bürger (Pluralismus). Arbeiter, Bauern, Angestellte, Selbstständige, Beamte, Männer und Frauen – sie alle haben unterschiedliche Interessen und Einstellungen zu bestimmten politischen Problemen, z.B. der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Im Idealfall betätigen sich Parteien als Sprachrohre dieser unterschiedlichen Bürgerinteressen.
Parteien, Bürgerinitiativen, Verbände und Gewerkschaften in Tsd. 950 900 850 800 750 700 650 600 550 500 450 400 350 300 250 200 150 100 50 0 Mitgliederentwicklung der Parteien Mitgliedszahlen der Bundestagsparteien, in Tausend gerundet, 1946 bis 2008 701 847 360 69 85 650 586 64 Das Grundgesetz bezeichnet in Artikel 21 die Mitwirkung bei der politischen Willensbildung als übergeordnete Hauptaufgabe. Das Parteiengesetz versteht darunter im Einzelnen die: ● Auswahl, Bündelung und Weitergabe der unterschiedlichen politischen Ideen und Interessen in der Gesellschaft; ● Erstellung von Programmen und Entwicklung von unterschiedlichen Lösungsvorschlägen für politische Probleme, z.B. die Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit; ● Werbung für die eigenen politischen Ideen in der Öffentlichkeit und damit Einflussnahme auf die Bildung der öffentlichen Meinung, z.B. durch Reden von Abgeordneten einer Partei im Deutschen Bundestag oder die Teilnahme von Politikern an Talkshows; ● Förderung und Ausbildung von Bürgern, die politische Verantwortung übernehmen, z.B. als Ortsvorsitzender einer Partei, Bürgermeister oder Abgeordneter; ● Aufstellung von Bewerbern (Kandidaten) zu Wahlen in Bund, Ländern und Gemeinden; ● Politische Bildung; 626 650 648 254 249 52 59 728 SPD 779 281 304 84 ● Umsetzung der parteipolitischen Ziele in Parlamenten und Regierungen. 70 59 954 423 998 997 590 CDU 675 1976=1.022 Lernbaustein 1 46 48 51 54 57 60 63 66 69 72 75 78 81 84 87 90 93 96 99 02 05 08 Jahr 705 956 916 910 1983=735 943 861 730 706 658 685 281 793 755 694 646 638 594 590 * 2007 schlossen sich Linkspartei.PDS und WASG zur Partei Die Linke. zusammen. 107 133 166 175 74 58 81 87 21 184 184 186 179 71 65 177 180 182 94 64 75 178 170 67 65 31 Grüne FDP 42 41 LINKE * 131 105 89 40 48 50 CSU 71 44 61 45 163 76 66 45 572 529 521 Aufgaben der Parteien: Interessenbündelung Programmfunktion Meinungsbildung Personalrekrutierung Umsetzung politischer Ziele 59
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