28.07.2013 Aufrufe

Anhörung im Hessischen Landtag vom 11. Mai 2000 - Deutscher ...

Anhörung im Hessischen Landtag vom 11. Mai 2000 - Deutscher ...

Anhörung im Hessischen Landtag vom 11. Mai 2000 - Deutscher ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Hessischer <strong>Landtag</strong> – 11 – Flughafenanhörung – <strong>11.</strong>05.<strong>2000</strong><br />

des Standortes bedingt Kapazität und Quantität des<br />

Standortes.<br />

Ich möchte auf die Thesen <strong>im</strong> Einzelnen eingehen.<br />

– Wir können nicht wegdiskutieren, dass die Luftfahrtindustrie<br />

ein wesentlicher weltweiter Industriefaktor<br />

ist. Wir reden weltweit über 1.500 Milliarden<br />

Euro Wertschöpfung; das entspricht 20 bis 25 %<br />

des europäischen BIP. Ein Drittel dieser Wertschöpfung<br />

wird in Europa geschaffen, und wir<br />

reden in Europa über etwa 7 Millionen Arbeitsplätze<br />

<strong>im</strong> direkten und indirekten Bereich. Ich lasse den<br />

induzierten Bereich bewusst außen vor, eben aufgrund<br />

der Schwierigkeit der Abschätzung.<br />

Zur These Nr. 2. Wir haben die zunehmende Konzentration.<br />

Herr Dr. Goedeking und Herr Rausch<br />

haben es festgestellt. Man mag sich trefflich darüber<br />

streiten – Herr Kothe hat es gesagt –, ob diese<br />

Konzentration sinnhaft und notwendig ist. Ich<br />

möchte später auch noch einmal darauf eingehen.<br />

Die 20 größten Flughäfen heute jedenfalls bewältigen<br />

etwa 53 % des Weltverkehrs von ca. 1.600<br />

Millionen Passagieren, und Frankfurt gehört zu<br />

diesen 20 größten Flughäfen.<br />

Die Konzentration n<strong>im</strong>mt zu. Herr Dr. Rausch hat<br />

heute Morgen erklärt, warum aus Sicht einer Airline<br />

diese Konzentration zunehmen muss: insbesondere,<br />

weil die Bedeutung der Connecting Hubs<br />

für den wirtschaftlich effizienten Betrieb eines<br />

Flughafens und einer Airline wichtig ist.<br />

Gleichzeitig sehen Sie, wenn Sie sich die 20 größten<br />

Flughäfen angucken, dass diese 20 größten<br />

Flughäfen <strong>im</strong>mer an sehr großen Wirtschaftsstandorten<br />

sind. Es gibt hier eine Wechselwirkung. Ich<br />

möchte nicht die Geschichte heranziehen; aber<br />

schon <strong>im</strong>mer gab es da, wo Handelsstraßen, Klöster<br />

oder Marktplätze waren, auch das größte Ve rkehrsaufkommen<br />

und das größte Wirtschaftsaufkommen.<br />

Wir haben es hier ähnlich.<br />

Zweitens. Überall dort, wo Sie die größten 20 Flughäfen<br />

haben – oder zumindest bei vielen –, sehen<br />

Sie auch die größten Finanzstandorte. Ich nenne nur<br />

Tokio, Amsterdam, London, Paris – und eben<br />

Frankfurt.<br />

Zur These Nr. 3. Durch einen Ausbau entstehen aus<br />

Sicht des Wirtschaftsstandortes positive Auswirkungen<br />

durch messbare direkte, indirekte und abschätzbare<br />

induzierte Nachfrageeffekte, aber bei<br />

abnehmendem Grenznutzen.<br />

Direkte und indirekte Arbeitsplätze, die geschaffen<br />

werden, sind auch unstrittig. Hier trifft aber der<br />

abnehmende Grenznutzen zu; denn in dem Maße, in<br />

dem Sie das Wachstum in Frankfurt an einem Flughafen<br />

steigern werden, werden Sie <strong>im</strong> direkten und<br />

indirekten Bereich – auch aufgrund des Kostendrucks<br />

– <strong>im</strong>mer weniger Arbeitsplätze schaffen,<br />

unmittelbar am Flughafen, aber auch <strong>im</strong> indirekten<br />

Bereich.<br />

Gleichermaßen – Herr Dr. Rausch hat es ausgeführt<br />

– wird der Umsteigeanteil zunehmen, weil irgendwo<br />

natürlich das Quellaufkommen einer Region<br />

erschöpft ist, was die Flugpassagiere betrifft. Auch<br />

an diesem Umsteigeanteil wird eine Region nur<br />

indirekt partizipieren – also auch hier abnehmender<br />

Grenznutzen.<br />

Allerdings – Sie erfahren es, wenn Sie unsere<br />

Klienten fragen – gibt es drei wesentliche Faktoren<br />

für die Standortentscheidungen: zum einen die<br />

Frage der Standortkosten, zum Zweiten die Personalqualifizierung<br />

und Personalverfügbarkeit, und<br />

das dritte zentrale Kriterium ist die Infrastruktur.<br />

Die Infrastruktur muss gegeben sein.<br />

Diese Investitionen – und in Bezug auf die Direktinvestitionen<br />

n<strong>im</strong>mt Hessen einen sehr vorteilhaften<br />

Stellenwert in der Bundesrepublik ein – führen<br />

insbesondere zu einer Aufwertung des Wirtschaftsstandortes,<br />

was Attraktivität, Ausbildung der Menschen,<br />

Reinvestitionen, auch Lebensstandard betrifft.<br />

Ich habe gesagt: Grenznutzen n<strong>im</strong>mt ab, Beschäftigungseffekte<br />

nehmen nur noch relativ zu. Kostendruck<br />

wird Airlines und Airports zu weiteren Produktivitätssteigerungen<br />

zwingen. Und ich sagte<br />

bereits, von der steigenden Zahl der Umsteiger<br />

profitiert der Wirtschaftsstandort <strong>im</strong>mer weniger.<br />

Es ist kein Zweifel: Die Belastung n<strong>im</strong>mt zu. Ich<br />

denke, gerade hier muss ein kritischer Dialog geführt<br />

werden, der vielleicht in dem einen oder anderen<br />

Punkt auch noch zu wenig kontrovers ist.<br />

An diesem Punkt eine Randbemerkung zur Privatisierung<br />

des Flughafens. Ich halte sie in diesem<br />

Zusammenhang für sehr wichtig, weil dadurch auch<br />

die Hoffnung besteht, Ressourcen effizienter zu<br />

allozieren und damit in Zukunft das besser einzusetzen.<br />

Vierte These. Der Finanzplatz Frankfurt verliert<br />

ohne einen funktionierenden Flughafen einen wesentlichen<br />

Standortvorteil. – Meine Damen und<br />

Herren, die meisten von Ihnen und auch ich bin<br />

etwas überrascht gewesen, als ich mir diese Zahl<br />

zum ersten Mal so richtig vor Augen geführt habe.<br />

Der Anteil des Bruttoinlandsproduktes in Hessen,<br />

der durch den Finanzsektor geschöpft wird, liegt in<br />

etwa bei 10,5 %. Das entspricht demselben Anteil<br />

des genannten Finanzstandortes der Schweiz bei<br />

annähernd gleichem Bruttoinlandsprodukt. Das<br />

heißt, der Finanzstandort Hessen ist, gemessen an<br />

dem Bruttoinlandsprodukt, genauso groß wie der<br />

Finanzstandort Schweiz.<br />

Sie haben in den letzten Wochen gesehen, dass sich<br />

dieser Finanzstandort in einem dramatischen Umbruch<br />

befindet. Nicht zuletzt das Volksstück um die

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!