Anhörung im Hessischen Landtag vom 11. Mai 2000 - Deutscher ...
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Hessischer <strong>Landtag</strong> – 7 – Flughafenanhörung – <strong>11.</strong>05.<strong>2000</strong><br />
einem solchen Mechanismus, den wir selbst verstärkendes<br />
Wachstum nennen, profitieren. Denn<br />
dieses quadratische Wachstum muss ja irgendwoher<br />
kommen. Wenn der Markt konstant ist und der<br />
Markt für alle gleich konstant wächst, dann wachsen<br />
die Großen automatisch, selbst verstärkend,<br />
schneller als die Kleinen, aber eben auf Kosten der<br />
Kleinen. Das heißt, die Kleinen laufen <strong>im</strong>mer Gefahr,<br />
marginalisiert und <strong>im</strong>mer mehr auf die Rolle<br />
von Regionalflughäfen zurückgedrängt zu werden.<br />
Sehen wir uns jetzt einige Veränderungen an, die in<br />
der Wolke hier unten stattgefunden haben. Da ist<br />
z. B. der Flughafen München, der von 1996 bis<br />
1998 stark gewachsen ist. Wenn man sich die Flugbewegungen<br />
ansieht, die München über die Jahre<br />
bekommen hat, dann erkennt man das als Overflow<br />
aus Frankfurt. Das heißt, der Verkehr fängt an, aus<br />
Frankfurt herauszuquillen und z. B. nach München<br />
zu fließen.<br />
Eine andere ganz auffällige Bewegung gibt es in<br />
Wien: Wien hat sich massiv entwickelt, und zwar<br />
dadurch, dass der Flughafen vergleichsweise reiche<br />
Kapazitäten hat und solche Spitzen verkraften kann,<br />
die Herr Dr. Rausch vorhin beschrieben hat, und<br />
dadurch sehr schnelle Verbindungen anbieten kann<br />
und einen Wettbewerbsvorteil erzielt.<br />
Eine andere wichtige Veränderung sehen wir bei<br />
Malpensa in <strong>Mai</strong>land. Da möchte ich auch kurz auf<br />
meinen Vorredner eingehen. Sie sehen hier Malpensa<br />
1998 ganz am Ende der Liga. Inzwischen ist<br />
Malpensa innerhalb eines Jahres, 1999, sehr weit<br />
nach oben geschnellt. Da hat es zwei Veränderungen<br />
gegeben: Die Alitalia hat tatsächlich ihren Hub<br />
von Fiumicino, also Rom, nach Malpensa verlegt.<br />
Wenn es strategisch geboten ist, findet es also tatsächlich<br />
statt, dass eine Airline ihren kompletten<br />
Hub verlegt. Das Zweite: Sie kennen auch die Diskussion<br />
um Linate, den anderen Flughafen in <strong>Mai</strong>land,<br />
der faktisch geschlossen wird – bis auf einen<br />
Shuttle nach Rom – und nach Malpensa geschoben<br />
wird. Diese Bewegungen finden also tatsächlich<br />
statt.<br />
Nun ist dieses System, weil es quadratisch ist und<br />
weil es die Selbstverstärkung kennt, dynamisch. Es<br />
ist nicht möglich, eine Position, die Flughäfen einmal<br />
erreicht haben, schlichtweg zu halten. Sondern<br />
sie müssen entweder auf dieser Kurve weiter wachsen<br />
oder sie fallen zurück. Jede Asymmetrie in<br />
diesem System, jede Selbstverstärkung geschieht<br />
grundsätzlich <strong>im</strong>mer zulasten eines anderen.<br />
Weiter sehen wir über den Lauf der Jahre, dass<br />
diese Kurve anfängt, sich nach rechts zu verschieben.<br />
Das heißt, das Wachstum findet nicht <strong>im</strong>mer<br />
weiter nach oben statt, sondern die Kurve verschiebt<br />
sich weiter nach rechts. Das Gleiche sehen<br />
wir in den USA: Die großen Hubs gehen <strong>im</strong> Vergleich<br />
sehr viel weiter nach rechts. Das heißt: Sie<br />
brauchen wesentlich mehr Flugbewegungen für<br />
dieselbe Anzahl Passagiere. Das ist ökologisch<br />
unsinnig.<br />
Wir müssen deshalb ein System für Frankfurt<br />
schaffen, das es Frankfurt gestattet, <strong>im</strong> Wettbewerb<br />
der vier großen Hubs weiter zu wachsen und weiterhin<br />
seine Hub-Funktion wahrnehmen zu können,<br />
damit eben nicht die Zahl der Flugbewegungen in<br />
der Fläche und insgesamt so massiv zun<strong>im</strong>mt, wie<br />
das in den USA zu beobachten ist. Die Hub-<br />
Funktion ist einer der wirksamsten Mechanismen<br />
dafür, die Anzahl der Flugbewegungen zu begrenzen,<br />
während gleichzeitig das Passagierangebot<br />
trotzdem weiterentwickelt wird.<br />
Eine letzte Anmerkung. Amsterdam hat enorme<br />
Kapazitätserweiterungsmöglichkeiten, genauso wie<br />
Charles de Gaulle. Demgegenüber ist Heathrow<br />
ziemlich am Ende der Kapazität. Wenn das richtig<br />
ist, wird sich Charles de Gaulle weiterentwickeln,<br />
und dann wird sich auch Amsterdam weiterentwickeln.<br />
Wir rechnen sicher damit, dass sich vor allem<br />
auch Malpensa weiterentwickeln wird. Wenn<br />
dies so ist und Frankfurt in der Kapazität nicht<br />
weiterentwickelt wird, wird Frankfurt <strong>im</strong> Vergleich<br />
herunterrutschen. – Danke schön.<br />
(Beifall bei der CDU und der F.D.P.)<br />
Präsident Klaus Peter Möller: Vielen Dank, Herr<br />
Dr. Goedeking. Mit Ihrem Referat verlassen wir<br />
zunächst einmal den Teilkomplex „Begründung für<br />
die Kapazitätszahl 120“.<br />
Ich leite über zu dem Teilkomplex „Aspekte der<br />
Wettbewerbsfähigkeit“. Dazu spricht Herr Dr.<br />
Wendelin Gretz von der HLT Gesellschaft für Forschung,<br />
Planung und Entwicklung mbH. Dazu<br />
gleich noch ein Hinweis: Herr Dr. Gretz spricht<br />
außerdem zu dem Komplex: Arbeitsplätze,<br />
Wachstum durch Flughafenausbau. Das gibt ihm<br />
das Recht, die doppelte Redezeit in Anspruch zu<br />
nehmen und so zu verteilen, wie er es für richtig<br />
hält. Herr Dr. Gretz, in diesem Sinne Glück auf.<br />
Herr Dr. Wendelin Gretz: Herr Präsident, Herr<br />
Ministerpräsident, meine Damen und Herren! Ein<br />
Satz zu meiner Funktion: Wir haben als HLT-<br />
Gesellschaft für Forschung, Planung und Entwic klung<br />
<strong>im</strong> Rahmen des Mediationsverfahrens die<br />
Wirtschaftsgutachten inhaltlich begleitet und koordiniert.<br />
Ich werde die Frage der Wettbewerbsfähigkeit<br />
etwas anders interpretieren, als es <strong>im</strong> Fragenkatalog<br />
vorgegeben ist. Zu den Fragen nach der steuerlichen<br />
Behandlung von Flugbenzin kann ich Ihnen<br />
keine kompetente Auskunft geben. Auch zur Wettbewerbsposition<br />
der FAG werde ich Ihnen nichts<br />
sagen; aber ich möchte etwas zur Frage der Wettbewerbsfähigkeit<br />
der Region in Abhängigkeit von<br />
der Funktion des Flughafens berichten.