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Das Volk: eine furchtbare Abstraktion (pdf) - Neoprene

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<strong>Das</strong> große Angebot der Demokratie an ein freies <strong>Volk</strong> besteht in den Alternativen, an denen<br />

es s<strong>eine</strong> Wahlfreiheit austobt − also in dem Machtkampf der Parteien und Figuren, die sich<br />

berufen fühlen, dem <strong>Volk</strong> die Fortentwicklung s<strong>eine</strong>r Lebensverhältnisse und Bedürfnisse,<br />

Interessen und Verpflichtungen zu diktieren. Machtkämpfe dieses Inhalts sind k<strong>eine</strong> Erfindung<br />

der Demokratie; sie gehören zur politischen Herrschaft allemal dazu. Die Demokratie jedoch<br />

macht daraus <strong>eine</strong> durchorganisierte Dauerveranstaltung: <strong>eine</strong>n zivilen Konkurrenzkampf −<br />

versuchten und bisweilen vollendeten wechselseitigen Rufmord eingeschlossen − mit äußerst<br />

konstruktivem, staatsdienlichem Inhalt. Die politischen Gegner tun nämlich alles, um einander in<br />

glaubwürdig demonstrierter Führungsstärke zu überbieten − praktizieren also vollständige<br />

Einigkeit in dem Hauptpunkt, dass es in der Regierung um nichts anderes als darum geht, den<br />

Dienst des <strong>Volk</strong>es an der ,nationalen Sache’ mit aller verfügbaren Gewalt effektiv und<br />

erfolgreich zu organisieren: Sie kämpfen darum, dem <strong>Volk</strong> nach diesem Kriterium mehr als<br />

alle andern zu imponieren.<br />

(b)<br />

Die ,gemeinsame Sache’, der materielle Inhalt der Herrschaft, um die demokratisch<br />

konkurrierende Politiker sich vor und bei ihrem <strong>Volk</strong> bewerben, hat im Zuge dieses<br />

zivilisatorischen Fortschritts gleichfalls <strong>eine</strong> moderne Fassung erfahren: Zur ,westlichen’<br />

Demokratie gehört als politökonomischer Zwilling die Marktwirtschaft. Wo das <strong>Volk</strong> mit<br />

s<strong>eine</strong>n hoheitlich zurechtgerückten und beschränkten Bedürfnissen, s<strong>eine</strong>m Geldbedarf,<br />

s<strong>eine</strong>n gesetzlich geforderten Dienstleistungen und s<strong>eine</strong>r Unzufriedenheit offizielle<br />

Anerkennung genießt − im Hinblick nämlich auf den daraus folgenden resp. zu folgernden<br />

Willen, so gut wie möglich und möglichst immer besser regiert zu werden −, da schließt auch<br />

die nationale ,Sache’, auf die es verpflichtet wird, die förmliche Anerkennung s<strong>eine</strong>r Interessen<br />

ein − unter dem <strong>eine</strong>n generellen, abstrakt allgemein geltenden Vorbehalt des staatlich<br />

herbeigeführten Gemeinwohls. Da dürfen und sollen die Bürger im Bemühen um ihren<br />

Lebensunterhalt grundsätzlich frei und wie möglich und möglichst immer besser regiert zu<br />

werden −, da schließt auch die nationale ,Sache’, auf die es verpflichtet wird, die förmliche<br />

Anerkennung s<strong>eine</strong>r Interessen ein − unter dem <strong>eine</strong>n generellen, abstrakt allgemein geltenden<br />

Vorbehalt des staatlich herbeigeführten Gemeinwohls. Da dürfen und sollen die Bürger im<br />

Bemühen um ihren Lebensunterhalt grundsätzlich frei und gleich zu Werk gehen, ganz auf sich<br />

und die Mittel gestellt, die das unpersönliche Regelwerk der Gesetze ihnen als ihr Eigentum<br />

garantiert. Sie dürfen nicht nur, sondern sollen für sich und die Ihren sorgen, so gut sie es eben<br />

vermögen, und sich durch k<strong>eine</strong> praktischen Hindernisse und Niederlagen davon abbringen<br />

lassen. „Bereichert euch!“ lautet die erste ökonomische Devise des demokratischen Staates.<br />

<strong>Das</strong> lässt ein <strong>Volk</strong> sich nicht zweimal sagen. Nach den Regeln der Marktwirtschaft, die sein<br />

Gesetzgeber ihm als sein Betätigungsfeld vor- und freigibt, stürzt es sich in den Beruf des<br />

Gelderwerbs − und macht da die Erfahrung, dass die gleiche rechtliche Anerkennung, die alle<br />

regelkonformen ökonomischen Interessen genießen, etwas ganz anderes ist als die Gleichheit<br />

der ökonomischen Interessen selber und dass die Freiheit <strong>eine</strong>s jeden, im Bemühen um<br />

Eigentum nur auf sich zu schauen, ihre kaum auszuhaltenden Härten hat. Quasi automatisch<br />

nämlich verteilt sich das aus politökonomischer Knechtschaft befreite <strong>Volk</strong> in höchst<br />

unterschiedlicher Proportion grundsätzlich auf die zwei komplementär zusammengehörigen<br />

gegensätzlichen Weisen, durch Arbeit Eigentum zu schaffen und Geld zu verdienen. Eine sehr

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