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Das Volk: eine furchtbare Abstraktion (pdf) - Neoprene

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Ordnungsmacht mit neuen Pflichten und Opfern bedacht zu werden: haust es sich in s<strong>eine</strong>r<br />

Abhängigkeit von den Entscheidungen der Staatsgewalt ein. Völker gehen davon aus, dass<br />

<strong>eine</strong> übergeordnete Instanz ,Ordnung schafft’; nicht nur, weil sie es gar nicht anders kennen −<br />

angesichts der Schwierigkeiten, die ihnen im Rahmen der jeweiligen Ordnung erwachsen,<br />

lernen sie ihre Herren durchaus schätzen. Wo das (Über-)Leben zum Kampf gerät, weil es<br />

dauernd mit den Interessen anderer Angehöriger des Gemeinwesens kollidiert, halten<br />

Untertanen jeglicher Art <strong>eine</strong> überlegene Aufsichtsmacht für nützlich. Die ,Sicherheit’, die da<br />

angestrebt wird − dass das eigene Interesse den Rang <strong>eine</strong>s hoheitlich geschützten Rechts genießt<br />

−, bildet sich glatt zum gemeinsamen Bedürfnis aus, das die unterschiedlichsten sozialen<br />

Charaktere zum <strong>Volk</strong> eint. Im passiven wie aktiven Bezug auf ,ihre’ Herrschaft abstrahieren<br />

gebeutelte Untertanen wie mündige Bürger von den gegensätzlichen Interessen und Mitteln, mit<br />

denen <strong>eine</strong> staatliche Regie sie ausstattet, und setzen auf die Segnungen <strong>eine</strong>r machtvollen Regie.<br />

Damit ist ein jedes <strong>Volk</strong> auch bestens gerüstet für die Erfüllung der Spezialaufgabe, die kein<br />

durch Herrschaft gestiftetes Gemeinwesen s<strong>eine</strong>n Leuten erspart. Der Bedarf an Reichtum und<br />

Macht beschränkt sich − das ist geschichtlich verbürgt − nicht auf die Benützung des einmal in<br />

Besitz genommenen Territoriums und der Leistungen s<strong>eine</strong>r Bewohner. Die seit<br />

Menschengedenken in Richtung ,Globalisierung’ zielenden Ansprüche von Staaten bringen<br />

diese in Konflikte, in denen manchmal gleich, immer aber letztlich die Gewalt entscheidet.<br />

Dafür und ebenso für alle unterhalb des Krieges anstehenden Auseinandersetzungen pflegen<br />

die Staatenlenker ihre Völker heranzuziehen − wen denn auch sonst. Und wo die<br />

Staatsangehörigen die Garantie <strong>eine</strong>r inneren Geschäftsordnung quasi als ein Lebensmittel<br />

akzeptieren, für dessen Bereitstellung <strong>eine</strong> hoheitliche Gewalt zuständig ist, bleiben die fälligen<br />

Dienste nicht aus. Ein intaktes Willensverhältnis zwischen Herrschaft und <strong>Volk</strong> wird nicht dadurch<br />

erschüttert, dass für die Vorbereitung und Durchführung von Waffengängen pure Opfer −<br />

ohne den geringsten Schein <strong>eine</strong>s Lohnes − anstehen. Im Gegenteil: Der Zusammenschluss von<br />

Führung und Geführten zum nationalen „Wir“ ist nötig, weil es um die Alternative ,Bestand<br />

oder Untergang des Gemeinwesens’ geht. Ein <strong>Volk</strong> kämpft um sein Überleben, wenn die<br />

Herrschaft ,vitale Interessen’ bedroht sieht.<br />

Die Identität, die sich im Umgang mit fremden Staaten und Völkern bewährt, ist ersichtlich<br />

dieselbe <strong>Abstraktion</strong>, die sich ein <strong>Volk</strong> im zivilen heimatlichen Betrieb genehmigt. Die kl<strong>eine</strong><br />

Steigerung, die im Kriegsfall zu verzeichnen ist, besteht darin, dass dann das Engagement der<br />

Bürgerschaft pur dem Erfolg der Herrschaft im Kräftemessen mit ihren Feinden gilt, während<br />

sonst, im zivilen Leben, die Befürwortung der staatlichen Gewalt und das Eintreten für sie stets<br />

unter Berufung auf das besondere Interesse stattfinden, das <strong>eine</strong>m die politische<br />

Geschäftsführung selbst zugestanden hat - als Bauer, Arbeiter etc. klagt man Leistungen der<br />

Herrschaft ein. <strong>Das</strong> gilt auch für deren Händel mit dem Ausland, die in friedlicher Konkurrenz<br />

abgewickelt werden: Wenn Handelskonflikte auf der Tagesordnung stehen, dann weiß ein<br />

aufgewecktes <strong>Volk</strong> − an diesbezüglicher Aufklärung hat es auch früher nie gefehlt − sich von<br />

den Machenschaften des Auslands durchaus in s<strong>eine</strong>n Eigenschaften als Lohnempfänger,<br />

Landwirt oder Handwerker betroffen; freilich mit dem landsmannschaftlichen Adjektiv<br />

vorneweg. Damit diese <strong>Abstraktion</strong>, durch die sich Untertanen mit den auswärtigen Interessen<br />

ihrer Herrschaft gemein machen, deutlich wird und zugleich als ureigenstes Bedürfnis der<br />

‚Basis’ daherkommt, kursieren in allen Ländern Lob und Preis der eigenen Identität, die vom<br />

Ausland und den Ausländern bedroht ist. Was es da so zu bewahren und bis in die Tage der<br />

,Globalisierung’ zu verteidigen gilt, reicht von der Lebensart und dem traditionellen Brauchtum

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